La Libre Belgique schreibt dazu in ihrem Leitartikel: Was Europa heute braucht, ist eine Zukunftsvision, eine echte Führungskraft und Solidarität.
Merkel und Sarkozy haben vor allen Dingen fromme Wünsche geäußert, doch Europa braucht starke Gesten in Richtung einer größeren Integration.
Solange dies nicht geschieht, werden die Finanzmärkte nicht aufhören, die am höchsten verschuldeten Euroländer anzugreifen und damit die Einheitswährung selbst in Gefahr zu bringen.
Fromme Wünsche am Rande des Abgrunds
Dies ist auch die Meinung von Het Nieuwsblad, das zum gleichen Thema schreibt, das deutsch-französische Duo will zurzeit von gemeinsamen europäischen Staatsanleihen nichts wissen. Zugleich plädieren sie zwar für Schuldenbremsen in den einzelnen EU- Mitgliedstaaten, doch über etwaige Strafen für jene Länder, die sich nicht daran halten, schweigen sie sich aus. Kurzum, das Prädikat ihres Treffens ist und bleibt "ungenügend".
Wesentlich dramatischer skizziert der ehemalige Präsident der EU-Kommission, Jacques Delors, die Lage in einem Interview der Brüsseler Tageszeitung Le Soir. Seinen Worten zufolge befinden sich der Euro und Europa am Rande des Abgrunds. Wollen sie nicht hineinfallen, haben sie nur zwei Möglichkeiten: Entweder, die EU-Länder verstärken erheblich ihre wirtschaftliche Zusammenarbeit, oder sie übertragen der Europäischen Union eine Reihe zusätzlicher Befugnisse. Da letzteres von den meisten Mitgliedsstaaten abgelehnt wird, bleibt nur die verstärkte Wirtschaftskooperation.
Laut Vorschlag von Merkel und Sarkozy soll sich EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy darum kümmern. Dazu schreibt Gazet van Antwerpen: In den Kulissen werden ihm wenig Chancen eingeräumt, ein echter "Mister Euro" zu werden. Man sollte Van Rompuy jedoch nicht unterschätzen. Sein größter Trumpf ist seine Geduld. Er kann warten, und wenn der nächste Sturm auf den Finanzmärkten losbricht, schlägt vielleicht seine Stunde.
Regierungsbildner Di Rupo forciert das Tempo
Die Stunde von Elio Di Rupo als Regierungsbildner hat bereits geschlagen. 430 Tage nach den Wahlen, so stellt De Morgen fest, beschleunigt er das Tempo. So wurde die erste Vollversammlung der acht über die Regierungsbildung verhandelnden Parteien auf morgen vorverlegt und die Fortsetzung des Treffens bereits für Samstag anberaumt.
Nächste Woche wollen die Unterhändler der acht Parteien sogar täglich zusammentreffen, mit BHV, dem neuen Finanzierungsgesetz und der Übertragung zusätzlicher Kompetenzen an die Teilstaaten auf der Agenda. Einer der wichtigsten Knackpunkte bleibt allerdings die Spaltung des Wahlbezirks Brüssel-Halle-Vilvoorde, die für die Flamen absolut unerlässlich ist, und zwar ohne nennenswerte Gegenleistung an die französischsprachige Gegenseite.
Maingain bleibt hart
Le Soir lässt diesbezüglich den FDF-Präsidenten Olivier Maingain zu Wort kommen, dessen Partei bekanntlich mit der liberalen MR verbunden ist, und für den eine Spaltung von BHV ohne flämische Konzession nicht in Frage kommt. Vor allen Dingen verlangt er eine Gebietsausdehnung der Region Brüssel auf gewisse flämische Randgemeinden der Hauptstadt, wovon die flämischen Parteien bekanntlich nichts wissen wollen.
Gegenüber La Libre Belgique erklärt Maingain, die Frankophonen, die heute nicht den Mut haben, nein zu sagen zu einer Spaltung von BHV ohne flämische Gegenleistung, die werden morgen auch nicht den Mut haben, sich einer Spaltung der sozialen Sicherheit oder gar des Landes in den Weg zu stellen.
De Standaard weist darauf hin, dass Regierungsbildner Di Rupo neben den gemeinschaftspolitischen Themen auch den Staatshaushalt im Auge behalten muss. Dabei kommt erschwerend hinzu, dass das Wachstum in den kommenden Monaten wohl zurückgehen wird, was nach Ansicht der Zeitung bedeutet, dass bereits im Haushalt des kommenden Jahres mindestens 7,5 Milliarden Euro eingespart werden müssen, um eine Entgleisung der Staatsfinanzen zu vermeiden. Will man das erreichen, sind dringend Reformen notwendig, die die kommende Regierung durchführen muss.
Hunger in Afrika - Appell an flämische Hilfsbereitschaft
Zum Schluss noch ein Blick auf den Leitartikel in Het Belang van Limburg, der die Nothilfe für die Hungersnot am Horn von Afrika als keineswegs sinnlos bezeichnet. Die Spendenfreudigkeit in Flandern ist relativ spät in Gang gekommen, weil man dort mit so genannten Luxusproblemen wie Regierungskrise oder dem ins Wasser gefallenen Sommer beschäftigt war. Am kommenden Samstag werden die Freiwilligen der Spendenaktion 12.12 an zahlreiche flämische Haustüren klopfen, und man kann nur hoffen, dass dann nicht nur geöffnet, sondern auch gespendet wird.
Bild: Horacio Villabos (epa)