Alle flämischen Zeitungen berichten heute über eine gewaltsame Auseinandersetzung in Antwerpen. Einwohner und Geschäftsleute eines Viertels im Norden der Stadt hatten am Mittwochabend Drogendealer aus ihren Straßen vertrieben.
Dazu titelt De Morgen auf Seite 1: "Problemviertel nimmt sein Schicksal selbst in die Hand". Bei De Standaard heißt es: "Nichts scheint das Drogenproblem zu stoppen". Trotz des massiven Einsatzes der Polizei ist der Drogenhandel in Antwerpen nicht kleinzukriegen. Durch den Zustrom von illegalen Einwanderern kommen auch immer wieder neue Drogendealer hinzu.
In dem Viertel im Norden Antwerpens wird seit Jahren auf offener Straße mit Rauschmitteln gehandelt. Zum Leidwesen der Anwohner und Geschäftsleute, die sich bei Einbruch der Dunkelheit nicht mehr auf die Straße trauen. In dem Problemviertel haben die Drogendealer das Sagen. Und die Polizei bekommt trotz Nulltoleranz die Lage nicht in den Griff.
Bürgerwehren - nicht die Lösung für Problemviertel
Allzu verständlich, meint Gazet van Antwerpen, dass die Bürger jetzt selbst Hand angelegt und die Rauschgifthändler gewaltsam vertrieben haben.
De Morgen meint: In Antwerpen ist es wie überall: Wer festgenommen wird, ist kurze Zeit später wieder frei. Weil sich die Klageschriften bei den Gerichten stapeln, droht den Kriminellen erst mal keine Haftstrafe, stattdessen müssen sie oftmals nur kommunale Bußgelder zahlen. Für Drogendealer ein Klacks.
Innenministerin Annemie Turtelboom hat sich vehement gegen so genannte Bürgerwehren ausgesprochen. Dabei schließen sich Anwohner zusammen und übernehmen die Arbeit der Polizei.
Auch Het Nieuwsblad ist gegen Bürgerwehren. Wer jeden Tag von Drogendealern belästigt wird, bei dem können schon mal die Sicherungen durchbrennen, meint der Leitartikler. Aber ähnlich wie in London muss der Einsatz von Gewalt gegen Kriminelle der Polizei vorbehalten bleiben. Allerdings, meint das Blatt, kann die Politik eine Lehre aus den gewaltsamen Tumulten in Antwerpen ziehen: Die Bürger dulden keine "No-Go-Zonen", also Orte, wo man sich nicht mehr hin traut. Auch darum muss die Polizei sich kümmern.
Virtuelle Verluste - reale Gefahren
Das Wirtschaftsblatt L'Echo kommt noch einmal auf die Achterbahnfahrten der Aktienkurse an den Börsen zurück und schreibt auf der Titelseite: "Talfahrt macht erst mal Pause". Trotz der leichten Gewinne bei Börsenschluss bleibt die Lage an den internationalen Märkten extrem unstabil.
Der Gewinn von Donnerstag kann die hohen Verluste der letzten Tage nicht wettmachen. Der kleine Anstieg ist noch lange keine gute Neuigkeit, sagen Experten, denn die Sorgen um die Bonität großer europäischer Banken bleiben.
La Libre Belgique meint dazu: Auch wenn die meisten Verluste zurzeit nur virtuell sind, besteht für den belgischen Staat ein echtes Risiko, unter anderem wegen seiner Beteiligung an zahlreichen Großbanken. Bei der strauchelnden Dexia-Bank beispielsweise könnte Belgien viel Geld verlieren.
L'Avenir kommt in diesem Zusammenhang auf die so genannten virtuellen Verluste zurück. Trotz drastischer Kursverluste verliert ein Anleger nämlich nur dann sein Geld, wenn er seine Anteile tatsächlich verkauft. Das ist der Kern der weltweiten Krise, meint die Zeitung. Die Weltwirtschaft ist nur noch virtuell. An den Börsen wird gezockt, wie in einem Computerspiel. Man kauft, verkauft, - und ist weit weg von der Realität. Was zählt, ist nicht mehr die tatsächliche Produktion, sondern nur noch die Spekulation.
Boom der Überwachungskameras
Le Soir berichtet heute auf Seite 1 über den Boom bei Überwachungskameras in Belgien. Schätzungsweise 200.000 Stück davon gibt es im Land. Offiziell registriert sind aber nur knapp 20.000. Seit 2007 regelt ein Gesetz die Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen. Theoretisch muss ein Schild auf jede Überwachungskamera hinweisen - das ist aber nicht immer der Fall. In der Lütticher Innenstadt hat die Zeitung über 160 Überwachungskameras gezählt. Die meisten werden von der Polizei betrieben. Die Beamten können sich dadurch ein besseres Bild der Sicherheitslage verschaffen. Zahlreiche Straftaten wurden bereits mit Hilfe der Videobilder aufgeklärt. Trotzdem gibt es rund um das Thema noch viele offene Fragen.
Makabres Jubiläum - Festnahme Dutroux
La Dernière Heure veröffentlicht auf seiner Titelseite ein großes Foto von Marc Dutroux. Am Montag wird es genau 15 Jahre her sein, dass Belgien das Gesicht des Kinderschänders zum ersten Mal zu sehen bekam. Ein ganzes Land stürzte damals ins Grauen und entdeckte die Ausmaße des wohl makabersten und spektakulärsten Falles in der belgischen Justizgeschichte. Viel hat sich seitdem geändert, meint das Blatt und nennt unter anderem die Polizeireform, den besseren Opferschutz und die Gründung von Child Focus, der Stiftung für den Kinderschutz. Das Alles sei zwar noch nicht perfekt, meint der Leitartikler, aber vielleicht war der grauenhafte Tod von An, Eefje, Julie und Melissa damit nicht ganz umsonst.
Alain Kniebs
Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)