"Großbritannien im Ausnahmezustand" titelt das Grenz-Echo. Straßenschlachten, Plünderungen und bis gestern Abend vier Tote - die Gewalt in Großbritannien ruft Regierung und Polizei auf den Plan.
Le Soir geht auf insgesamt sechs Seiten auf die Hintergründe der Ereignisse in England ein. Nach Ansicht der Zeitung gibt es mehrere Gründe für die schweren Auseinandersetzungen: Die Ausweglosigkeit der Bevölkerung, die harten Sparmaßnahmen der Regierung und die multikulturelle Gesellschaft, die immer mehr in Frage gestellt wird.
Het Belang van Limburg geht auf das härtere Vorgehen der Polizei gegen die Randalierer ein. Seit Beginn der Proteste wurden landesweit rund tausend Krawallmacher festgenommen.
Revolution - oder Randale?
Het Laatste Nieuws zeigt auf seiner Titelseite ein großes Foto von jungen Plünderern. Sie sind gerade einmal zehn Jahre alt und laufen mit Wein- und Wodkaflaschen aus einem Geschäft. Die Schlagzeile dazu: "Blutjung und schon verloren".
Die Reporter von Het Nieuwsblad haben sich mit den Machern der Unruhen unterhalten. Unter der Schlagzeile "Es ist Zeit für eine Revolution" veröffentlicht das Blatt mehrere dieser Gespräche. Darin berichtet ein Unruhestifter: "Wir sprechen nicht das Englisch der Queen und bekommen deswegen keine Chance in diesem Land". Andere wiederum geben offen zu: "Wir wollten nur kostenlos an Alkohol kommen und haben deswegen mitgeplündert."
Im Kommentar meint die Zeitung: England ist schon lange keine Vorbild mehr für andere Länder. Unter der Labour-Regierung von Tony Blair sind die Unterschiede zwischen Arm und Reich noch größer geworden. Eine gute Schulbildung kostet in Großbritannien ein Vermögen. Wer krank ist und Geld hat, geht in ein Privatkrankenhaus, denn niemand dort hat noch Vertrauen in das öffentliche Gesundheitswesen. England hat systematisch bei seinen Sozialsystemen gespart, meint Het Nieuwsblad.
Ein "Unvereinigtes Königreich" - auch bei uns?
Das Grenz-Echo zieht einen Schluss nach den Unruhen in England: Es muss keinen Auslöser geben, um der Wut der Menschen freien Lauf zu lassen. Anders als vor einigen Wochen in Athen haben es die britischen Randalierer nicht auf Banken abgesehen, auch Filialen von Konzernriesen wie McDonalds sind nicht ihre Zielscheibe. Stattdessen werden wahllos Geschäfte attackiert, geplündert und in Brand gesetzt. Es geht nicht um Kapitalismuskritik oder anderweitig ideologisch motiviert Akte, sondern ausschließlich um Krawall.
Anders sieht es hingegen Le Soir und spricht vom "Unvereinigten Königreich". England sei zu einer blinden Gesellschaft mutiert, mit sozialen Ungerechtigkeiten und einer schlechten Integrationspolitik für Einwanderer. Das alles mache Großbritannien zu einem explosiven Gemisch. Und Le Soir warnt: Solche Auseinandersetzungen könnte es auch bei uns geben. Erst letzte Woche hätten Jugendliche im Brüsseler Stadtteil Molenbeek Feuerwehrleute bei ihren Löscharbeiten behindert. Le Soir meint: Es reicht ein Funke, und schon könnte die Gewalt auf Brüssel, Lüttich, Charleroi oder Antwerpen übergreifen.
Wirtschaftskrise: Belgien braucht eine stabile Regierung
Das Wirtschaftsblatt L'Echo blickt auf seiner Titelseite auf die Turbulenzen an den Börsen. Nach Spanien und Italien befindet sich jetzt Frankreich im Visier der Spekulanten. Gestern machten Gerüchte die Runde, wonach die Kreditwürdigkeit des Landes herabgestuft werden könnte. Die Aktienmärkte hat das wieder kräftig durcheinandergebracht. "Die Eurozone bebt" titelt De Morgen in diesem Zusammenhang.
De Standaard geht auf den Verlust des belgischen Staates nach dem Abrutschen der Aktienkurse von BNP Paribas ein. Nach dem Verkauf von Fortis ist Belgien einer der Hauptaktionäre der französischen Großbank. Wegen der Gerüchte war der Aktienkurs von BNP gestern um fast zehn Prozent gefallen. Seit dem Beginn der Krise hat unser Land somit durch seine Beteiligung an der französischen Bank schon vier Milliarden Euro verloren.
Im Kommentar meint De Standaard: Was Belgien jetzt dringend braucht, ist eine handlungsfähige Regierung. Denn das kleine Land wird von Spekulanten bedroht. Deswegen würden französischsprachige Politiker immer mehr auf eine rasche Einigung drängen. Auch einige flämische Politiker würden der Logik jetzt folgen. Doch der Leitartikler sieht das anders: Was Belgien jetzt braucht, ist eine stabile Regierung, und dafür müssen die zwischengemeinschaftlichen Probleme wie BHV aus dem Weg geräumt werden - auch wenn das die Rating-Agenturen kaum interessieren dürfte.
L'Avenir macht mit der Schlagzeile auf: Zwei von drei neuen Jobs in Belgien sind nur durch staatliche Fördergelder möglich. In den vergangenen sechs Jahren sind insgesamt 270.000 neue Arbeitsplätze entstanden, meist möglich gemacht durch staatliche Subventionen. In der Zeitung fragt sich ein Wirtschaftswissenschaftler, was aus den Jobs wird, wenn es dafür weniger oder gar keine Fördergelder mehr gibt.
Torlose Teufel
Zum Schluss berichten die Zeitungen noch über das Unentschieden der belgischen Fußballnationalmannschaft. Im Freundschaftsspiel gegen Slowenien waren die Roten Teufel gestern Abend nicht über ein 0:0 hinausgekommen, was La Dernière Heure zu ihrer Balkenüberschrift auf Seite 1 bewegt: "Die Roten Teufel haben vergessen, Tore zu schießen!" Im Kommentar meint die Zeitung aber: Nur das Endergebnis war Null, die Leistung auf dem Spielfeld war in Ordnung. Das muss den Spielern von Georges Leekens Hoffnung geben. Die Qualifikation zur Fußball-EM 2012 bleibt möglich, die zur WM 2014 in Brasilien übrigens auch.
Bild: Marius Becker (epa)