"Schwarzer Donnerstag an den Börsen" schreibt Le Soir heute auf seiner Titelseite. Die Brüsseler Tageszeitung beschäftigt sich eingehend mit der Schuldenkrise und den weltweiten Folgen.
"Wann hört der Absturz der Börsen auf?" - fragt sich L'Avenir auf Seite 1. Tag für Tag verbuchen die Börsen weltweit Verluste. Und das Schlimme ist: Jeden Tag werden die Verluste größer. Die fehlende klare Haltung der Politiker in Europa heize den Abwärtstrend nur weiter an. Die Lage für unser Land verschlechtert sich dadurch weiter.
Schuldenkrise bedroht auch Belgien
"Es ist eine Minute vor Zwölf für Belgien" titelt De Morgen in diesem Zusammenhang mit fetten Buchstaben auf seiner Titelseite. Allein an der Brüsseler Börse haben sich am Donnerstag 6,7 Milliarden Euro in Luft aufgelöst. Der belgische Leitindex Bel-20 verliert knapp drei Prozent und erreicht den niedrigsten Stand seit dem Sommer 2009. Alle Alarmzeichen stehen auf rot, meint De Morgen und blickt unter anderem auf den historischen Verlust der Dexia-Bank. Die hatte am Donnerstag wegen der Griechenland-Rettung einen Verlust von über vier Milliarden Euro verkünden müssen. Auch der belgische Spread mit Deutschland ist kräftig gestiegen. Er beträgt jetzt 2,2 Prozent, so viel wie noch nie zuvor. Damit wird es für Belgien immer teurer, Geld aufzunehmen.
Börsen auf Talfahrt
Das Wirtschaftsblatt L'Echo schreibt dazu: Der belgische Schuldenberg verunsichert auch Großbritannien. Die britische Finanzbehörde warnt ihre Banken jedenfalls vor dem Handel mit belgischen Wertpapieren. Die Europäische Zentralbank habe gestern erneut ihr Arsenal mit zahlreichen Antikrisenmaßnahmen geöffnet, die Märkte habe das aber nicht beruhigt, konstatiert das Finanzblatt L'Echo.
"Nichts geht mehr an den Börsen", meint La Libre Belgique auf Seite 1. Die europäische Schuldenkrise und die Angst vor einem Wirtschaftsrückgang in den USA haben die Finanzmärkte weltweit auf Talfahrt geschickt. Und: Zeichen für eine schnelle Besserung sind nicht in Sicht.
Het Laatste Nieuws stellt sich die Frage: Was sollen wir jetzt bloß machen mit unserem Geld? Sparen oder anlegen: in welcher Form, und vor allem: wo? Selbst die Banken hätten zurzeit keine Antwort auf diese Fragen, schreibt Belgiens größte Tageszeitung.
Trend zu weniger Frühverrentungen
De Standaard macht heute mit einer guten Nachricht auf: "Endlich weniger Frühpensionierungen". Zum ersten Mal seit sechs Jahren ist die Zahl der Frührentner in Belgien zurückgegangen. Zwar ist die Bewegung mit 0,5 Prozent nur ganz leicht, der Abwärtstrend jedoch sei da. Früher sei der vorzeitige Ruhestand in Belgien etwas ganz normales gewesen. Jetzt begreife man, dass wir länger arbeiten müssen, um das System aufrechtzuerhalten. Obwohl dunkle Wolken am Finanzhimmel hängen, und die Aktienmärkte zu manisch-depressiven Patienten verkommen, kann man in Belgien positive Signale erkennen, meint De Standaard in seinem Leitartikel. Die Anzahl freier Stellen auf dem Arbeitsmarkt ist so hoch wie selten zuvor. Die Arbeitslosenrate geht in fast allen Bereichen zurück.
Das ist eine gute Neuigkeit, meint auch L'Echo in seinem Kommentar. Außer für die Über-50-Jährigen. In dieser Bevölkerungssparte nimmt die Arbeitslosigkeit weiter zu. Die Zeitung ruft Sozialpartner und die neue Regierung, auf die wir im Übrigen alle mit Spannung warten, dazu auf, sich um das Problem zu kümmern. Im Grunde geht es darum, die Arbeit für angehende Senioren attraktiver zu gestalten und sie damit vom kostspieligen vorzeitigen Ruhestand abzubringen.
Teure Stromrechnungen in Flandern
Mehrere flämische Zeitungen gehen auf die gestiegenen Strompreise ein. Het Belang van Limburg schreibt dazu: Stromrechnungen in Flandern um 25 Prozent gestiegen. Schuld sind nach Angaben der Zeitung die vielen Photovoltaikanlagen, Wegen der Fördergelder und Grünstromzertifikate haben die Netzbetreiber ihre Tarife drastisch erhöht.
In ihrem Kommentar meint Gazet van Antwerpen: Rechnungen für Strom und Gas werden unbezahlbar. Im Schnitt zahlt eine Familie bis zu 200 Euro im Monat für ihren Energiebedarf. Es bringe aber nichts, jetzt seinen Nachbarn mit einer Photovoltaikanlage auf dem Dach schief anzusehen: Man könne lediglich bedauern, dass man nicht selbst so schnell reagiert habe wie der schlaue Nachbar.
Wenig belgische Spenden für die Hungernden in Afrika
Die meisten Zeitungen blicken heute auch auf die Hungersnot am Horn von Afrika. In Somalia, Äthiopien und Kenia spitzt sich die Lage weiter zu. Die Vereinten Nationen sprechen jetzt sogar von der größten Hungersnot weltweit seit 20 Jahren. Allein in Somalia seien in den letzten drei Monaten fast 30.000 Kinder an Hunger gestorben. Die Regierungen vor Ort würden die Tragweite der Probleme aber weiterhin nicht erkennen.
Die Spendenbereitschaft der Belgier ist trotz der erschreckenden Bilder zurzeit eher verhalten: Bislang sind auf dem Konto des Konsortiums 1212 nur 1,5 Millionen Euro eingegangen. Die Niederländer hingegen haben pro Kopf schon zehnmal mehr gespendet. Nach Angaben von La Libre Belgique halten sich die Belgier aus zwei Gründen zurück: Die politische Lage im Osten Afrikas macht ihnen Angst, und sie befürchten, dass das Geld nicht bei den Notleidenden ankommt.
Alain Kniebs
Bild: Tracey Nearmy (epa)