Die meisten flämischen Zeitungen widmen derweil ihre Kommentare den neuen Vorgaben für den Sprachenunterricht in flämischen Schulen. Weitere Themen sind neue Vorschläge von FDF-Chef Olivier Maingain in Bezug auf Brüssel und die Lage am Horn von Afrika.
"Anders Behring Breivik mordete unter Einfluss von Musik und Drogen", titelt heute Het Nieuwsblad. Immer mehr krude Einzelheiten über den Doppelanschlag in Norwegen werden bekannt. Der 32-Jährige hatte demnach etwa vor seinen Taten Drogen eingenommen, die ihn angeblich "stark, effizient und wachsam" machten. Augenzeugen des Massakers auf der Insel Utoya beschreiben ihn als eiskalt und emotionslos. Fast alle Zeitungen beleuchten die erste Stellungnahme des Anwalts von Anders Behring Breivik, der offen am Geisteszustand seines Mandanten zweifelt.
Erschütterungen weltweit nach Doppelanschlag
In der Zwischenzeit wird überall in der Welt nach möglichen Verbindungen zu dem norwegischen Massenmörder gefahndet.
Wie Gazet van Antwerpen auf seiner Titelseite berichtet, ist in Belgien eine Internetseite ins Fadenkreuz geraten, genauer gesagt die Website "The Brussels Journal". Offenbar hat Anders Behring Breivik häufiger in seinem angeblichen Manifest aus besagter Webseite zitiert.
Und auch darüber hinaus bleiben die Taten von Anders Behring Breivik nicht ohne Folgen: "Rechtspopulisten in der Defensive", titelt etwa De Standaard. Demnach sind nach dem Massaker in Norwegen Parteien wie die niederländische PVV von Geert Wilders oder der französische FN unter Druck geraten. Besagte Parteien verbitten es sich aber, mit der Gräueltat in Verbindung gebracht zu werden. Seine Partei sei doch nicht verantwortlich für die Taten eines armen Irren, wird Geert Wilders zitiert.
"Das ist zu einfach", meint De Standaard in seinem Kommentar. Indem man Anders Behring Breivik für verrückt erklärt, erspart man sich jegliche Form von Selbstkritik. Klar ist jeder in erster Linie für seine Taten selbstverantwortlich. Man kann aber nicht leugnen, dass politisch motivierte Verbrechen beeinflusst werden durch öffentliche Diskussion und die Art und Weise, inwieweit gewisse Ideen als akzeptabel dargestellt werden. Vorläufig sieht es aber so aus, dass Wilders, Dewinter und Co. offentlich nicht imstande sind, zuzugeben, dass sie Leuten wie Breivik letztlich einen mentalen Unterbau liefern. Das ist kein Plädoyer für Selbstzensur, sondern für eine wirklich offene demokratische Debatte über das Zusammenleben in unserer Gesellschaft.
Viel Lob für flämische Pläne zum Sprachenunterricht
Viele flämische Zeitungen beschäftigten sich heute mit dem jüngsten Vorstoß des flämischen Unterrichtsministers Pascal Smet. Der hat neue Vorgaben für den Sprachenunterricht in flämischen Schulen beschlossen. Demnach soll natürlich Niederländisch als erste Sprache gefördert werden. Zugleich soll es den Schulen aber ermöglicht werden, mit dem Fremdsprachenunterricht früher als bisher zu beginnen. Dabei sollen Französisch und Englisch auf gleichem Fuß stehen.
Het Belang van Limburg ist voll des Lobes. Französisch ist nach wie vor unsere zweite Landessprache, Englisch ist die Weltsprache par excellence. Sollte der ehrgeizige Plan von Pascal Smet gelingen, dann bleibt den Flamen ihr traditionell wichtigster Trumpf erhalten: ihre Mehrsprachigkeit.
Besagte Mehrsprachigkeit war nämlich in letzter Zeit mehr und mehr zum bloßen Mythos verkommen, konstatiert Het Laatste Nieuws. Der gemeine Flame sprach mehr schlecht als recht Französisch, ein paar Brocken Englisch und ein Deutsch à la Jean-Marie Pfaff. In einer Welt, in der bis dato jeder nur seine Muttersprache beherrschte, konnte der Flame damit punkten. In der heutigen Zeit reicht das aber nicht mehr. Nach dem Vorschlag von Minister Smet soll jeder 18-Jährige künftig dreisprachig sein. Wenn das gelingt, dann macht man aus den jungen Menschen Weltbürger.
Gazet van Antwerpen ist im Wesentlichen damit einverstanden, stellt sich aber zumindest zwei Fragen: Gibt es eigentlich genügend Lehrer, die über die nötigen Fähigkeiten verfügen, um diese Pläne in die Praxis umzusetzen? Und zweitens: Sollte man nicht neben Französisch und Englisch auch noch die deutsche Sprache fördern?
Auch Het Nieuwsblad ist nicht zu 100 Prozent zufrieden: Künftig soll es ja in Flandern auch möglich sein, wissenschaftliche Fächer in einer Fremdsprache zu unterrichten. Ist das wirklich nötig?, fragt sich das Blatt. Es gibt bestimmt genug andere Prioritäten, die wichtiger wären, als die Lehrsätze des Pythagoras in der Sprache von Shakespeare zu unterrichten.
Ein Vorbild für die Französische Gemeinschaft?
Auch auf der anderen Seite der Sprachgrenze stoßen die Pläne des flämischen Unterrichtsministers weitgehend auf Wohlwollen.
Die Brüsseler Zeitung Le Soir widmet dem Thema ihre Titelseite und ihren Kommentar. Der Plan des flämischen Unterrichtsministers hat fast schon Vorbildcharakter, meint das Blatt. Englisch wird aufgewertet, was in der heutigen Zeit vollkommen richtig ist, zugleich wird aber an der Stellung der französischen Sprache nicht gerüttelt. Flandern legt jetzt einen ehrgeizigen Aktionsplan vor, das wäre auch in der Französischen Gemeinschaft längst überfällig. Viel zu viele Frankophone sind nach wie vor notorisch einsprachig. In dem Moment darf man aber auch nicht das möglicherweise drohende Ende Belgiens beweinen.
Belgo-belgische und afrikanische Sorgen
Apropos Innenpolitik: La Libre Belgique führt heute ein ausgiebiges Gespräch mit dem FDF-Chef Olivier Maingain. Der zeigt sich offen für eine ehrgeizige Staatsreform. Der Preis wäre seiner Ansicht nach aber eine direkte territoriale Verbindung zwischen Brüssel und der Wallonie.
Einige Zeitungen blicken betroffen auf das Horn von Afrika, wo nach UN-Angaben die schlimmste Hungersnot seit mindestens 20 Jahren herrscht. L'Avenir und La Libre Belgique sind sich einig: Es fehlt an politischem Willen, um den Hunger definitiv von diesem Erdball zu verbannen. Zwar sind die lokalen politischen Verhältnisse nicht ganz unschuldig an der dramatischen Lage in den jeweiligen Ländern, nichtdestotrotz kann die Welt es im 21. Jahrhundert nicht mehr zulassen, dass eine Milliarde Menschen nicht genug zu essen haben.
Bild: Roald Berit (epa)