"Dem König ist am 21. Juli nicht zum Feiern zumute", titelt heute Het Laatste Nieuws. "Was soll der König in seiner Ansprache zum Nationalfeiertag überhaupt sagen?" fragt sich L'Avenir. "Der König wurschtelt noch mit seiner Rede", konstatiert De Morgen auf Seite 1.
"Last-Minute-Ansprache"
Zum zweiten Mal in Folge wird ein Nationalfeiertag im Zeichen der innenpolitischen Krise stehen. Der König weiß immer noch nicht, was er in seiner traditionellen Ansprache zum 21. Juli sagen soll, berichtet Het Laatste Nieuws. Das Staatsoberhaupt hat wohl am Ende keine andere Wahl, als seine Rede buchstäblich in letzter Sekunde aufzuzeichnen. Für den Palast ist das ein Albtraum, konstatiert L'Avenir.
Im Augenblick ist alles möglich: Die Bildung einer Notregierung, Neuwahlen, oder doch noch "ein Wunder", wie De Morgen es nennt. Das Problem: Bis zum Nationalfeiertag dürfte sich da keine Option herauskristallisieren. L'Avenir empfiehlt eine Formel nach dem Motto: "Werte Mitbürger, die Königin und ich wissen auch nicht weiter."
Auch Le Soir will sich bei der Abfassung der Ansprache behilflich zeigen. Das Blatt gibt zehn Ratschläge für die Rede des diesjährigen 21. Juli und lässt dabei unter anderem auch Prominente zu Wort kommen.
Der König ist sichtbar frustriert, kann Het Laatste Nieuws indes nur feststellen. Das Staatsoberhaupt wird sich am Nationalfeiertag nur auf die Pflichtaufgaben beschränken. So will Albert II. offenbar dem Volksfest im Brüsseler Park fernbleiben. Der König will damit anscheinend seinen Unmut angesichts von über 400 Tagen Krise zum Ausdruck bringen.
Ist der König vielleicht in den Streik getreten? - fragt sich Het Laatste Nieuws in seinem Kommentar. In diesem Jahr gab es keinen Neujahrsempfang, es werden auch keine verdienstvollen Mitbürger in den Adelsstand erhoben. Jetzt weigert sich das Staatsoberhaupt auch noch, an den Feierlichkeiten zum Nationalfeiertag teilzunehmen.
Es fehlte noch, dass der König am Ende auch seine Ansprache absagt. Ein möglicher Streik wäre wohl für den König die einzige Möglichkeit, um seinen Unmut zum Ausdruck zu bringen. Doch nicht vergessen: Am Ende bleibt es doch wieder an ihm hängen, das Land in Gang zu halten.
Ein Silberstreifen?
Doch gibt es anscheinend doch noch einen Hoffnungsschimmer: Regierungsbildner Elio Di Rupo signalisiert der CD&V Entgegenkommen, titelt etwa Het Belang van Limburg.
La Libre Belgique und De Standaard ist dieselbe Information zu Ohren gekommen. Demnach hat Elio Di Rupo den flämischen Christdemokraten am Montagabend ein neues Angebot unterbereitet. Demzufolge würde man die neun Gesetzesvorschläge zu BHV, die CD&V-Chef Wouter Beke in seiner Zeit als Vermittler formuliert hatte, als Verhandlungsgrundlage akzeptieren. Dies, um die CD&V an den Verhandlungstisch zu locken.
Fraglich ist in diesem Zusammenhang die Haltung der frankophonen Liberalen MR, wie unter anderem De Morgen hervorhebt. MR-Chef Charles Michel jedenfalls hatte noch am Montag weitere Zugeständnisse in Sachen BHV kategorisch ausgeschlossen.
Het Belang van Limburg ist da optimistischer. Anscheinend stehen die Frankophonen geschlossen hinter dem Di Rupo-Vorstoß, nach dem Motto: In außergewöhnlichen Zeiten bedarf es außergewöhnlicher Lösungen. Eins muss auch klar sein, hält De Standaard fest: Sollte die CD&V tatsächlich am Verhandlungstisch Platz nehmen, dann fangen die schwierigen Gespräche ja eigentlich erst an.
Für Het Belang van Limburg scheint das Ganze jetzt doch noch in die richtige Richtung zu gehen: Die Frankophonen scheinen endlich einzusehen, in welcher Situation sich die CD&V befindet. Mit Dehaene, Leterme und Beke hat die Partei viel in eine Lösung für BHV und Brüssel investiert. Die Frankophonen haben das nicht honoriert und deswegen wurde die CD&V abgestraft. Jetzt ist es Zeit, das wieder gutzumachen.
La Libre Belgique ist ihrerseits überzeugt, dass es ohne fundamentale Umbrüche wohl nicht gehen wird. Um zumindest ein paar Jahre Ruhe zu haben und letztlich auch eine Spaltung des Landes zu verhindern, müssen die Frankophonen wohl oder übel einer radikalen Neuausrichtung des Landes zustimmen. Was nicht heißt, dass dafür am Ende nicht immer noch ein Grundkriterium erfüllt sein muss: Ausgewogenheit.
Pokern um den Euro
Zweites großes Thema in der Tagespresse ist heute die Krise in der Eurozone. "Die Eurozone wankt", titelt heute De Morgen.
"Es bleiben drei Tage, um den Euro zu retten" meint Le Soir auf Seite 1. Am Donnerstag sollen ja die EU-Staats- und Regierungschefs zu einem Krisengipfel zusammenkommen.
Die EU ist nach wie vor in zwei Lager geteilt, die durch zwei Protagonisten personifiziert werden, wie De Standaard notiert. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der Chef der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet streiten weiter über die Beteiligung privater Gläubiger an der Griechenlandrettung. Und dieser Streit zieht die Börsen nach unten. Der Brüsseler Bel-20-Index etwa erreichte am Montag seinen tiefsten Stand seit über einem Jahr, wie unter anderem Het Nieuwsblad hervorhebt.
Europa krankt an Deutschland, meint dazu Le Soir in seinem Kommentar. Der Berliner Schleuderkurs, die zögernde Bundeskanzlerin haben das Problem erst zu dem gemacht, was es ist. Deutschland ist eher Teil des Problems als Teil der Lösung. Und das ist bedauerlich.
Es wird Zeit, dass man mit dem Pokerspielen aufhört und stattdessen staatsmännisches Verhalten an den Tag legt, fordert De Morgen in seinem Leitartikel. Dies, zumal wir dem Abgrund bedrohlich nahe gekommen sind. Jetzt müssen auch Beschlüsse möglich sein, die bis vor kurzem ausgeschlossen schienen.
Archivbild: John Thys (belga)