"Gilbert siegt bei Tourstart" titelt heute das Grenz-Echo. "Gilbert gehört jetzt zum Kreise der Großen", meinen Gazet van Antwerpen und Het Belang van Limburg auf Seite 1. "Gilbert peilt schon weitere Etappensiege an", weiß L'Avenir. Und Het Laatste Nieuws zitiert Gilbert in Blockbuchstaben mit den Worten: "Ich habe das Gelbe Trikot noch nicht aufgegeben".
Radprofi Gilbert "von Gelb nach Grün"
Das Foto des Radprofis aus Remouchamps ist heute nahezu allgegenwärtig. Philippe Gilbert erlebte einen Tourauftakt nach Maß. Am Samstag gewann er die erste Etappe der Grande Boucle und übernahm bei der Gelegenheit das Gelbe Trikot des Gesamtspitzenreiters.
Das musste er allerdings gestern nach dem Mannschaftszeitfahren schon wieder abgeben. "Von Gelb nach Grün" titelt denn auch Het Nieuwsblad: das Grüne Trikot des Punktbesten konnte Gilbert bis auf weiteres behalten. Alle Zeitungen sind voll des Lobes für den belgischen Radprofi. Es ist übrigens 33 Jahre her, dass ein Wallone in Gelb fuhr, weiß L'Avenir zu berichten.
Überschattet wurde der Erfolg von Philippe Gilbert von Dopinggerüchten, nachdem ein Mitarbeiter seines Teams bei der illegalen Einfuhr eines Dopingmittels erwischt worden war. Dass in einem solchen Fall gleich Spekulationen ins Kraut schießen, darüber darf sich Gilbert nicht wundern, meint La Libre Belgique in ihrem Kommentar.
Natürlich gilt die Unschuldsvermutung. Doch wenn ein Mitarbeiter eines Radsportteams erwiesenermaßen ein Dopingmittel bestellt hat, dann ist es legitim, sich Fragen zu stellen. Wenn das auch für die Betroffenen gegebenenfalls verletzend sein kann, Fakt ist, dass sich der Radsport längst selbst diskreditiert hat.
D-Day für Di Rupo
Viele Zeitungen warten heute mit Spannung auf die Synthesenote von Regierungsbildner Elio Di Rupo. Die soll sowohl die institutionellen als auch die sozial-wirtschaftlichen Eckpunkte einer möglichen künftigen Koalition umfassen. Auf der Grundlage des Di Rupo-Papiers müssen die anderen Parteien entscheiden, ob sie sich an den Verhandlungstisch setzen - oder eben nicht.
"D-Day für Di Rupo", meinen denn auch fast gleichlautend Le Soir und La Libre Belgique. Einige Teilaspekte des Inhalts sind in den vergangenen Tagen schon durchgesickert. Demnach schlägt Di Rupo eine neue Berechnungsgrundlage für Beamtenpensionen vor. Auch sollen Arbeitslose strenger angepackt und die Wachstumsnorm für das Budget der Gesundheitsversicherung in Frage gestellt werden.
Damit rüttelt Di Rupo an sozialistischen Tabus, bemerkt De Morgen. Ein sozialistischer Gewerkschafter wird denn auch in Het Laatste Nieuws mit den Worten zitiert: "Bleibt es dabei, dann werden wir Belgien für geraume Zeit lahmlegen".
Man hatte schon befürchtet, Di Rupo werde wie ein Angsthase daherkommen. Die ersten durchgesickerten Teilaspekte seiner Note scheinen aber auf das Gegenteil hinzudeuten, meint De Standaard in seinem Leitartikel. Di Rupo entpuppt sich als schlauer Fuchs: Er lässt gezielt Informationen über seine Note durchsickern, beeinflusst damit die Grundstimmung.
In diesem Zusammenhang kann das Blatt die flämischen Politiker nur warnen: Die PS beherrscht wie keine andere Partei das subtile Spiel politischer Strategien. Die Flamen sollten - ungeachtet vielleicht bemerkenswerter Zugeständnisse in Teilaspekten - nie das große Ganze aus den Augen verlieren.
Gesucht: belgischer Kompromiss
Die Di Rupo-Note wird in jedem Fall ein Ereignis, notiert Het Nieuwsblad. Es ist das erste Mal nach mehr als einem Jahr, dass ein Frankophoner einen globalen Kompromissvorschlag zu Papier bringt. Unabhängig vom Inhalt der Note müssen zwei Kriterien erfüllt sein: Zunächst einmal muss Di Rupo seine Deckung aufgeben und Risikobereitschaft an den Tag legen. Und zweitens muss sein Vorschlag eine langfristige Vision enthalten, dem Land eine Perspektive geben. Sind beide Kriterien erfüllt, dann gibt es doch noch Hoffnung, dass wir dieses Elend hinter uns lassen können.
Le Soir sieht das ähnlich. Entweder Di Rupo legt einen Text vor, der offensichtlich zu frankophon oder zu sozialistisch geprägt ist. Dann ist klar, dass er nicht das Zeug zum Premier hat. Oder Di Rupo präsentiert einen gemeinschaftspolitischen Pakt, in dem jeder sich wiederfinden kann, und wo auch jeder Tabus aufgeben muss. Mit anderen Worten: einen typisch belgischen Kompromiss. Heute Abend wissen wir mehr. Und in den nächsten Tagen wird sich auch zeigen, ob den anderen Parteien wirklich an einer Einigung gelegen ist.
"Gebt Di Rupo eine Chance", appelliert denn auch der Leitartikler von Het Laatste Nieuws. Dieses Land braucht unbedingt eine neue Regierung. Und nicht vergessen: Eine Föderalregierung ist unser aller Regierung, von Flamen, Wallonen und Brüsselern.
Schwarz-Weiß
De Morgen widmet seinen Kommentar der neuerlichen Wendung im Fall Dominique Strauss-Kahn. Die Vergangenheit und der Lebenswandel der Frau, die ihn der Vergewaltigung bezichtigte, lassen sie wie eine potentielle Lügnerin aussehen. Das Ganze trägt die Züge einer Drama-Demokratie, meint das Blatt. Erst war die Frau das perfekte Opfer, und dann, urplötzlich, entpuppt sie sich scheinbar als maliziöse Manipulatorin. Das ist reine Schwarz-Weiß-Malerei, aber das Leben besteht nun mal aus Grauzonen.
New Deal für Griechenland
Viele Zeitungen beschäftigen sich auch heute mit der Lage in Griechenland. Die EU-Finanzminister haben am Samstag zusätzliche zwölf Milliarden Euro an Notkrediten für Athen losgeeist. Der Preis dafür ist hoch, meint Het Belang van Limburg in seinem Kommentar. Die Einsparungen und der Ausverkauf des griechischen Tafelsilbers könnten die Therapie schlimmer machen als es die Krankheit wäre.
Europa braucht einen New Deal, nach dem Vorbild der Roosevelt-Politik in den USA der dreißiger Jahre. Damals setzte man auf öffentliche Investitionen, um einen Ausweg aus der Großen Depression zu finden. Europa braucht auch Investitionen, um die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts stemmen zu können. Und nur ein New Deal kann dies ermöglichen.
Bild: Ian Langsdon (epa)