La Libre Belgique titelt auf Seite 1: "Nach einem Jahr Krise wollen die Belgier nicht an die Wahlurnen zurückkehren". Dies ist das Ergebnis einer Meinungsumfrage, aus der die Zeitung auch noch weitere Erkenntnisse herausfilterte. So findet zum Beispiel einer von zwei Belgiern, dass es viel leichter wäre, eine neue Regierung ohne die N-VA zu bilden. Jedenfalls sind die meisten der Ansicht, dass die flämischen Nationalisten in erster Linie für die Dauer der Krise verantwortlich sind. Und schließlich sieht eine deutliche Mehrheit der Belgier lieber Di Rupo im Amt des künftigen Premierministers als N-VA-Chef Bart De Wever.
Schmerzhafte EU-Empfehlungen für Belgien
Vor dem Hintergrund der Verhandlungen über eine neue Regierung kommen verschiedene Zeitungen zurück auf die jüngste Empfehlung der Europäischen Kommission an die Adresse Belgiens, die Lohn-Index-Bindung zu überdenken und das Pensionsalter zu erhöhen. Während die Konservativen in Belgien dem zujubeln, haben sich die linksorientierten Parteien deutlich davon distanziert. Dazu meint Het Belang van Limburg: Für Regierungsbildner Di Rupo verspricht dies neue Schwierigkeiten, sollten beide Seiten auf ihren Standpunkten beharren.
Het Laatste Nieuws schreibt im gleichen Zusammenhang, in Flandern werde der Eindruck erweckt, dass die frankophonen Sozialisten mit ihrem Nein zu den europäischen Reformideen für Belgien alleine dastehen. Das stimmt jedoch nicht, denn auch die drei Gewerkschaften sind mit diesem Konzept, das die Arbeitnehmer zusätzlich zur Kasse bittet, keineswegs einverstanden. Natürlich ist die PS eine Mitte-Links-Partei, die sich schwer tut, von gewissen sozialen Errungenschaften Abstand zu nehmen. Allerdings hat sie in der Vergangenheit in den Regierungen Dehaene und Verhofstadt bewiesen, dass sie in wirtschaftlich-sozialer Hinsicht durchaus zu pragmatischen Lösungen bereit ist.
In diesem Kontext lässt L'Avenir MR-Präsident Charles Michel zu Wort kommen, für den ausschließlich liberale Lösungsvorschläge das Land stabilisieren können. Und das bedeutet in erster Linie: keine neuen Steuern. Seines Erachtens beinhalten die sozialistischen Vorschläge eine weitere steuerliche Belastung von rund zehn Milliarden Euro, die sowohl für die Arbeitnehmer als auch für die kleinen Unternehmen nur schwer zu verkraften wäre.
Belgien Streik-Europameister
Rund 1000 Beschäftigte der Gepäckabfertigungsfirma Aviapartner haben gestern am Brüsseler Flughafen Zaventem gestreikt. De Morgen titelt auf Seite 1 mit dem Chaos, das dadurch im Flugverkehr verursacht wurde, nachdem etwa 10.000 Reisende in der Ankunftshalle des Flughafens gestrandet waren.
Vor diesem Hintergrund bringt Gazet van Antwerpen die Schlagzeile "Die Belgier sind Streik-Europameister". Auf 1000 Arbeitstage gehen hierzulande 79 durch Arbeitsniederlegungen verloren. Im Vergleich dazu sind es deren in Deutschland nur sechs und in den Niederlanden gerade mal fünf. Zusammen mit Dänemark und Frankreich gehört Belgien zum Spitzentrio der streikfreudigsten Länder in Europa. Allerdings dauern die Streiks bei uns in der Regel nicht so lang wie in den meisten anderen Ländern, weil die Gewerkschaften meistens schnell zu einer Einigung mit der Arbeitgeberseite gelangen.
Buchpublikation: Nähe der N-VA zum Rechtsradikalismus
La Dernière Heure befasst sich mit einem neuen Buch, welches die N-VA und ihren Parteichef Bart De Wever in die Nähe der Rechtsradikalen rückt. Kommentierend heißt es dazu: Die N-VA ist zwar keine erklärte rassistische Partei, wohl aber weist sie deutliche Tendenzen in diese Richtung auf. Übrigens ist nicht zu leugnen, dass Nationalismus und Rassismus einige gemeinsame Gene haben. Beunruhigend ist vor allen Dingen, dass inzwischen gewisse N-VA-Politiker nicht mehr davor zurückschrecken, dem Vlaams Belang nachzueifern.
Kindesmissbrauch: Verbrechen an den Schwächsten
Zum Schluss noch ein Blick auf Het Nieuwsblad, das sich mit dem Thema Pädophilie auseinandersetzt. Dazu heißt es unter anderem: In den letzten Monaten war in der öffentlichen Auseinandersetzung immer wieder die Rede davon. Diese Aufmerksamkeit ist gerechtfertigt, denn wer sich an Kindern vergreift, der vergreift sich an den Schwächsten unserer Gesellschaft und droht damit ein Leben zu zerstören, noch bevor es richtig begonnen hat. Kindesmissbrauch kommt übrigens nicht allein in der Kirche vor. Dies beweisen zwei Prozesse, bei denen die Täter diese Woche mit viel zu leichten Strafen davon kamen. Dabei sollte eines auch für die zuständigen Richter als Leitfaden dienen: Für Kindesmissbrauch gibt es weder mildernde Umstände noch gleich welche Entschuldigung.
Bild: Julien Warnand (belga)