"Vergewaltiger von 17 Frauen entlarvt" titelt heute Het Laatste Nieuws. "Serien-Vergewaltiger nach 8 Jahren identifiziert", schreiben sinngemäß Gazet van Antwerpen und Het Belang van Limburg in Blockbuchstaben auf der Seite 1. "Der Täter war ein unscheinbarer Familienvater", bemerkt Het Nieuwsblad auf seine Titelseite. Es ist heute das große Thema in Flandern und diese Schlagzeilen fassen es treffend zusammen.
Ingenieur mit unheimlichen Doppelleben
Seit 2003 trieb ein Vergewaltiger im Kempenland in der Provinz Antwerpen sein Unwesen. Mindestens 17 Vergewaltigungen konnten dem Täter zugeordnet werden. Lange Zeit tappten die Ermittler im Dunklen. Bis man sich dazu entschloss, 150 Männer, die in etwa dem Täter-Profil entsprachen, zum Speicheltest vorzuladen. Dabei konnte tatsächlich das Gen-Material eines Mannes den an den Tatorten sichergestellten Spuren zugeordnet werden.
In der Zwischenzeit hatte aber der Verdächtigte, ein 41-jähriger Ingenieur aus Mol, seinem Leben ein Ende gesetzt. Die Nachbarn des Mannes reagierten geschockt, wie unter anderem Gazet van Antwerpen hervorhebt. Dass es sich bei dem Familienvater um den seit 8 Jahren gesuchten Serien-Vergewaltiger handelt, hat ihm offensichtlich niemand zugetraut.
"Ohne externen Druck geht es nicht!"
Zweites großes Thema heute in der Tagespresse ist einmal mehr die innenpolitische Krise. De Standaard ist in seinem Leitartikel hin- und hergerissen. Glaubt man verschiedenen Protagonisten, dann ist ein institutionelles Abkommen möglich. Allerdings läuft es immer auf das gleiche hinaus: Jeder muss über seinen Schatten springen. Wenn jetzt PS-Chef Di Rupo als Regierungsbildner als erster den Sprung wagt, dann ist tatsächlich eine Einigung möglich. Allerdings muss man zugeben, dass die Wahrscheinlichkeit nicht besonders groß ist. In diesem Zusammenhang kann man eigentlich nur auf Druck von außen hoffen. Dieses Land hat seit 30 Jahren keine großen Entscheidungen mehr aus eigener Kraft getroffen. Erst wenn etwa die EU oder die internationalen Finanzmärkte Belgien wirklich unter Druck setzen, kann sich etwas bewegen.
Beke zieht Bilanz
Wie an einem Samstag üblich bringen auch heute die großen Zeitungen ausführliche Gespräche mit einigen Spitzenpolitikern. Hervorzuheben sind hier zunächst Interviews des CD&V-Chefs und ehemaligen königlichen Vermittlers Wouter Beke. In fast allen großen Zeitungen zieht Beke eine Bilanz seiner Mission. Und er sei zufrieden, sagt Beke etwa in Gazet van Antwerpen und Het Belang van Limburg. Jetzt liegen alle Bausteine für ein gemeinschaftspolitisches Abkommen auf den Tisch. Aber zugegeben: von einem Erfolg könne man erst dann sprechen, wenn es endlich auch ein solches Abkommen gebe, sagt Beke.
Das Kernproblem ist und bleibt das Geld, sagt Beke in Het Laatste Nieuws. Hinzu kommt das nach wie vor große Misstrauen zwischen PS und N-VA. Jetzt muss jeder, auch seine Partei, die CD&V, mindestens eine heilige Kuh schlachten. Inhaltlich liegen jedenfalls alle Elemente vor. Sie müssen jetzt nur noch zusammengefügt werden.
Die PS fürchtet vor allem eins: Eine Verarmung der Wallonie, sagt Beke in De Standaard. Das trägt fast schon traumatische Züge. Erst wenn sie diese Angst überwunden hat, wird die PS ins kalte Wasser springen.
Wenn Di Rupo scheitert, dann wäre das jedenfalls eine Bankrotterklärung der Politik, erklären die CD&V-Politiker Inge Vervotte und Rik Torfs in einem Gespräch mit Le Soir.
Die SP.A-Vorsitzende Caroline Gennez ruft in einem Gespräch mit Het Nieuwsblad die beiden Hauptprotagonisten Elio Di Rupo und Bart De Wever dazu auf, über ihren Schatten zu springen. Di Rupo muss den Mut haben, in neuen Bahnen zu denken. De Wever darf seinerseits sein Rendezvous mit der Geschichte nicht verpassen: Das Land steht - wenn es denn funktioniert - vor der größten Staatsreform seiner Geschichte.
"Nationalismus löst kein Problem"
Welches Land? fragt sich indes der N-VA-Spitzenpolitiker Siegfried Bracke in Le Soir. Bracke, ehemaliger VRT-Journalist und jetzt rechte Hand von Bart De Wever, ist skeptisch angesichts der Erfolgsaussichten von Elio Di Rupo. Seine Diagnose: Dieses Land existiert nicht mehr.
A propos Nationalismus: die Zeitung La Libre Belgique widmet in den nächsten Tagen eine Artikelserie dem Themenkreis "Nationalismus, Extremismus, Populismus". Den Auftakt bildet heute ein Interview mit Alt-Premier Guy Verhofstadt. Dessen Kernaussage fasst das Blatt auf seine Titelseite zusammen: "Nationalismus löst keine Probleme".
Kommentierend meint La Libre dazu, Nationalismus scheint in ganz Europa den Wind in den Segeln zu haben. Nationalistische, auch fremdenfeindliche Parteien erzielen vielerorts bemerkenswerte Wahlergebnisse. Damit wird immer wieder an die ohnehin brüchigen Fundamente der EU gerüttelt. Einstürzen wird dieses Gebäude wohl nicht, doch sollte man sich darauf nicht blind verlassen. Auch nach einer langen Periode des Friedens sollte man nie vergessen, dass Katastrophen nicht unmöglich sind.
Ganz anderes Thema in De Morgen. Das Blatt macht mit einer beängstigenden Schlagzeile auf. Demnach gab es in Belgien noch nie so viele Fälle von Hautkrebs.
"Zweite Chance für Standard Lüttich"
Einige Blätter schließlich widmen sich dem Sport und insbesondere König Fußball. Allen voran la Dernière Heure und L'Avenir blicken auf das Pokalfinale, das ja heute Abend in Brüssel Standard Lüttich und Westerlo bestreiten. L'Avenir bemerkt: Nach der knapp verpassten Meisterschaft ist es die zweite Chance für Standard Lüttich auf einen Titel. Eine Niederlage wäre also für Lüttich eine herbe Enttäuschung.
Archivbild: Nicolas Maeterlinck (belga)