"Spanien bebt", titelt heute Gazet van Antwerpen "Tödliches Erdbeben trifft Spanien", steht in Blockbuchstaben auf Seite 1 von Het Nieuwsblad und Het Laatste Nieuws übertitelt ein Foto aus dem Erdbebengebiet mit einer vorläufigen Opferbilanz: "Mindestens zehn Tote in Südostspanien".
Viele Zeitungen berichten schon über das Erdbeben vom gestrigen Abend in Spanien. Mit einer Stärke von 5,3 war es das schlimmste Beben in Spanien seit 55 Jahren, wie unter anderem das Grenz-Echo hervorhebt.
Frankreich sagt "Non" zu Martin
Das große Thema in den Kommentaren ist derweil heute die Saga um Michelle Martin, die Ex-Frau von Marc Dutroux. "Frankreich sagt nein", meint heute La Libre Belgique auf ihrer Titelseite. Frankreich hat ja gestern offiziell einer Unterbringung von Martin in einem Kloster in Frankreich eine Absage erteilt. Zwar gibt es eine internationale Konvention, die die Unterzeichnerstaaten dazu anhält, sich gegenseitig bei der sozialen Wiedereingliederung von freigelassenen Häftlingen zu helfen. Frankreich hat aber die Möglichkeit, das abzulehnen, bemerkt unter anderem La Dernière Heure.
Für Befremden sorgt in Belgien der Umstand, dass der französische Justizminister Michel Mercier eine Aufnahme von Michelle Martin abgelehnt hat, noch bevor eine entsprechende offizielle Anfrage in Paris eingegangen war. Het Laatste Nieuws glaubt, eine Erklärung für die prompte Reaktion zu kennen: Offenbar hat Paul Marchal, der Vater der von Dutroux ermordeten An, in Frankreich einen wahren Kommunikationsfeldzug geführt und in zahlreichen TV- und Radio-Interviews die Franzosen bekniet, Michelle Martin nicht die Möglichkeit zu geben, sich in ein französisches Kloster zurückzuziehen. Das ist nämlich Grundvoraussetzung für ihre Freilassung: Zerschlägt sich die "Klosteroption", dann muss sie einen neuen Antrag auf vorzeitige Haftentlassung stellen.
Ein schlechter Film
Het Nieuwsblad übt in dieser Angelegenheit Kritik an Frankreich. Natürlich ist kein Land gerne bereit, einen Menschen wir Michelle Martin aufzunehmen. Doch gibt es nun mal internationale Konventionen. Und die kann man nicht aus einem Bauchgefühl heraus vom Tisch fegen. Das französische "Non" ist nicht nur voreilig, sondern auch Ausdruck von Arroganz. Hinzu kommt: Durch das jetzt schon europäische Theater bekommt Martin nur noch mehr Aufmerksamkeit. Und die verdient sie nicht.
Das ist nur eine neue, schlechte Episode in einem noch schlechteren Film, meint auch L'Avenir. Dabei muss man sich keine Illusionen machen: Das Ende ist bekannt. Ohne Zweifel wird die meistgehasste Frau Belgiens letztlich freigelassen und sich frei bewegen können. Ob nun in Belgien oder in Frankreich.
Die belgische Justiz hat sich wieder einmal mächtig blamiert, kritisiert auch Le Soir. Die Akte Dutroux scheint verhext zu sein. Allerdings ist unverständlich, dass man ausgerechnet in diesem Dossier nicht alle Eventualitäten vorher abgewägt, sich nicht abgesichert hat. Warum hat man nicht im Vorfeld der Entscheidung diskret in Frankreich nachgefragt, ob die Umsetzung der Auflagen der vorzeitigen Haftentlassung überhaupt möglich ist. Die Justiz hat eine Chance verpasst, unter Beweis zu stellen, dass sie das Dutroux-Trauma verarbeitet hat. Stattdessen gibt sie sich jetzt gleich auf internationaler Ebene der Lächerlichkeit preis.
Der französische Justizminister Michel Mercier hat der belgischen Justiz eine Lektion erteilt, meint indes Het Laatste Nieuws, eine Lektion in Mitgefühl. Er bringt das zum Ausdruck, was viele Belgier denken. Vielleicht hat das zuständige Gericht aus rein juristischen Gesichtspunkten korrekt gehandelt. Doch sind 15 Jahre Haft für Michelle Martin definitiv zu wenig, um es der Gesellschaft zu ermöglichen, derlei Verbrechen zu verarbeiten.
In diesem Zusammenhang lässt die Schlagzeile von Le Soir aufhorchen. Demnach kann Marc Dutroux selbst auch schon in zwei Jahren einen Antrag auf vorzeitige Haftentlassung stellen. Allerdings gibt es da eine entscheidende Einschränkung: Das Urteil hält ausdrücklich fest, dass das Schicksal von Dutroux nach dem Ende seiner Haftstrafe noch einmal für zehn Jahre in die Hände der Regierung gelegt wird, was faktisch einer Sicherungsverwahrung gleichkommt.
Dauerzwist mit düsteren Vorzeichen
Fast alle Zeitungen beschäftigen sich heute einmal mehr mit der innenpolitischen Krise. "Dauerstreit ohne Ende" titelt in diesem Zusammenhang La Libre Belgique. Eigentlich soll ja Vermittler Wouter Beke in Kürze seinen Abschlussbericht vorlegen, allerdings sind sich PS und N-VA nicht mal ansatzweise darüber einig, wie es jetzt weitergehen soll.
In diesem Zusammenhang richtet das Börsenblatt L'Echo eine eindeutige Warnung an die politische Klasse. Nach einer Studie von IBM hat das Land schon jetzt für Investoren an Attraktivität verloren. Deshalb sollte man nicht die Warnung der Ratingagentur Standard & Poors in den Wind schlagen. Die hat ja angekündigt, die Kreditwürdigkeit des Landes herabzustufen, falls Belgien nicht bald einen Ausweg aus der Krise findet. Und ein niedrigeres Rating wäre eine Katastrophe, warnt L'Echo.
"Wo ein Wille, da ein Weg"
Die gestrigen so genannten Generalstände für die Verkehrssicherheit nehmen viele Zeitungen zum Anlass, um sich dem Thema noch einmal ausgiebig zu widmen. Nach Informationen von Het Laatste Nieuws sollen ab 2013 alle Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung auf dem dann elektronischen Führerschein vermerkt sein.
Het Belang van Limburg und De Standaard widmen ihrerseits ihre Leitartikel dem angestrebten Ziel, die Zahl der Verkehrstoten in den nächsten zehn Jahren zu halbieren. Derzeit sterben auf Belgiens Straßen noch immer jährlich 840 Menschen. Um diese Zahl auf 420 zu drücken, bedarf es zweier Dinge: Die zuständigen Stellen müssen wirklich alle Hebel in Bewegung setzen, um dieses Ziel zu erreichen. Und zugleich ist auch jeder Einzelne gefragt: Verantwortungsbewusstsein, so lautet das Zauberwort.0
Archivbild: François Lenoir (belga)