Michelle Martin wird aus Haft entlassen
"Michelle Martin zehn Jahre in ein Kloster" mit dieser Balkenüberschrift macht La Libre Belgique heute auf und schreibt, dass die Generalstaatsanwaltschaft in Mons die Entscheidung zur vorzeitigen Haftentlassung Michelle Martins auf Bewährung nicht anfechten werde. Die Überführung von Michelle Martin nach Frankreich, wo sie die nächsten zehn Jahre wegen der Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung in einer Ordensgemeinschaft leben wird, dürfte einige Zeit in Anspruch nehmen.
La Libre Belgique zitiert hierzu den scheidenden Justizminister und meint, dass entsprechende Kontakte mit den französischen Behörden hergestellt werden müssten, um sicher zu stellen, dass die Auflagen, die mit der vorzeitigen Haftentlassung verbunden sind, auch eingehalten werden.
Für L'Avenir handelt es sich bei der Freiheit, die Michelle Martin in Kürze wieder gewinnt, um eine Freiheit an der sich die Geister scheiden. Einige Parteien, so schreibt L'Avenir, würden deshalb die Gesetzgebung, die das Aussetzen von Strafresten zur Bewährung regelt gerne einer Novellierung unterziehen, um vorzeitige Haftentlassungen, wie die von Michelle Martin in Zukunft unmöglich zu machen.
Le Soir macht mit dem gleichen Thema auf und meint, dass die Freilassung der Ex-Frau von Marc Dutroux für viele Belgier einem Skandal gleich kommt. Dennoch, so heißt es im Leitartikel der Brüsseler Tageszeitung, müsse man vor Augen haben, dass das Gesetz Prinzipien diene, die gleiches Recht für alle garantieren. Dies finde auch bei der Dutroux-Bande Anwendung, die viele für immer hinter Gittern glaubten. Im Fall von Michelle Martin habe die Generalstaatsanwaltschaft in Mons deutlich gemacht, dass deren Freilassung auf Bewährung völlig legal und nicht anfechtbar ist. Das Gesetz sei nicht da, um erhitzte Gemüter zu beruhigen sondern um einer tiefgehenden Entwicklung der Gesellschaft zu dienen.
La Dernière Heure hat Michelle Martin ebenfalls auf Seite 1 und informiert über die letzten Tage der 51-Jährigen während ihrer Haft im Frauengefängnis von Berkendael bei Brüssel.
Lejeune-Gesetz ändern?
Auch der Leitartikler von Het Belang von Limburg geht auf die Freilassung von Michelle Martin ein und meint, dass sich eine politische Mehrheit für die Novellierung jenes Gesetzes abzeichnet, dass Entlassungen nach Verbüßen eines Drittels von Haftstrafen möglich macht. Da Michelle Martins Freilassung für viele unverständlich ist, seien unsere Politiker geneigt, der öffentlichen Meinung recht zu geben, und das sogenannte Lejeune-Gesetz zu ändern. Das aber sei keine gute Idee. Die Perspektive eines Häftlings, seine Gefängnisstrafe nicht vollständig absitzen zu müssen, könne nämlich auch zur Einkehr, Besinnung und dem Entschluss sich zu bessern, führen. Die Ausführung des Lejeune-Gesetzes werde überdies streng kontrolliert, um zu vermeiden, dass Täter wieder straffällig werden.
Gehaltsbonus
De Morgen hat heute ein ganz anderes Thema auf Seite 1. Die flämische Tageszeitung macht mit den hohen Sonderzahlungen, die der Bank-Versicherer Dexia seiner Führungsriege ausschüttet, auf. Ein festes Gehalt von einer Million Euro, ein Bonus von 600.000 Euro sowie weitere Vergütungen hätten Dexia-Chef Pierre Mariani letztes Jahr einen Verdienst von gut 1,95 Millionen Euro beschert.
Da Dexia noch immer mit staatlicher Hilfe die Folgen der Finanzkrise kuriere ist dies, so schreibt De Morgen, in den Augen vieler Städte und Gemeinden, die über eine Holding Anteilseigner bei Dexia sind, unangepasst. Die Kommunen, so schreibt das Blatt, forderten den Dexia-Chef deshalb jetzt auf, einen Teil seiner Sondervergütungen wieder abzugeben.
Selbstmorde im ländlichen Raum
De Standaard titelt heute zum Suizid und meint, dass Selbstmorde in Flandern nicht in städtischen Ballungszentren, sondern im ländlichen Raum am häufigsten auftreten. Man stelle fest, so schreibt der Leitartikler, dass die Suizidgefahr dort am höchsten sei, wo viele ältere Menschen leben, ohne ihre Einsamkeit mit anderen zu teilen.
Trauer um Wouter Weylandt
Het Laatste Nieuws hat heute erneut die Trauer um den bei der Italien-Radrundfahrt tödlich verunglückten Wouter Weylandt auf der Titelseite. "Familie nimmt Abschied", so der Titel. Die Angehörigen des aus Gent stammenden Radprofis, der beim Giro d'Italia stürzte, seien untröstlich.
Dies veranlasst Het Nieuwsblad zum Aufmacher-Titel "Herzzerreißende Trauer". Gestern, so schreibt diese Zeitung, habe die Lebensgefährtin zusammen mit der Familie des verunglückten Radprofis den Unfallort in Italien besucht.
Gazet van Antwerpen hat die Trauer um Wouter Weylandt ebenfalls auf Seite 1., berichtet auf der Titelseite aber auch über einen Zwischenfall am Brussels Airport in Zaventem, wo wütende Taxifahrer nach einem Zwischenfall mit der Polizei die Zufahrtswege stundenlang blockierten.
Höhere Finanztransfers
Das Wirtschaftsblatt L'Echo macht mit guten Nachrichten für die Gemeinschaften und Regionen des Landes auf. Die Teilstaaten könnten, so schreibt L'Echo, mit höheren Finanztranferts vom Föderalstaat rechnen, da die ihnen zustehenden Finanzmittel auf der Basis eines zwei-Prozent-Wirtschaftswachstums berechnet werden, nachdem bislang nur ein Anwachsen des BIP um 1,7 Prozent zugrunde gelegt worden war.
Archivbild: François Lenoir (belga)