"Der König lehnt Neuwahlen ab", titeln heute fast gleichlautend De Morgen und Het Laatste Nieuws. Sie berufen sich dabei auf das Buch "König ohne Land", das heute erscheint. Die beiden Autoren, ein Journalist von De Morgen und einer von La Libre Belgique, widmen sich insbesondere der politischen Rolle des Königs. Wichtigstes Zitat aus dem Buch: Er werde niemals Neuwahlen zustimmen. Das soll das Staatsoberhaupt gleich gegenüber mehreren Parteipräsidenten bekräftigt haben.
Verfassungsfeindliche Aussage des Königs?
Kommentierend meint dazu De Morgen: Mit einer solchen Aussage überschreitet der König eigentlich seine verfassungsrechtliche Rolle. Wenn ein Parlament seine Auflösung beschließt, dann wäre die Weigerung des Königs, diesen Beschluss zu respektieren, gleichbedeutend mit einer Staatskrise. Im Augenblick besteht allerdings nicht diese Gefahr. Schließlich gibt es im Parlament bei weitem keine Mehrheit, die sich für Neuwahlen entscheiden würde. Aber Stichwort Neuwahlen, so De Morgen weiter, ist es bemerkenswert, dass der Palast schon sehr früh zu dem Schluss gekommen ist, dass Neuwahlen keine Alternative sind.
Auch La Libre Belgique zitiert aus besagtem Buch der beiden Journalisten. Demnach soll der König vor allem im letzten Jahr einen offenen Groll gegen den jungen Open-VLD-Präsidenten Alexander De Croo gehegt haben. Albert II soll demnach lautstark die Entscheidung der flämischen Liberalen kritisiert haben, der Regierung im April 2010 das Vertrauen zu entziehen. De Croo selbst soll das Staatsoberhaupt dann in die Schranken gewiesen haben: Es sei nicht die Rolle des Königs, vor anderen Parteien die strategische Haltung der Open-VLD zu verurteilen.
Streik im frankophonen Unterrichtswesen
Die frankophonen Zeitungen widmen sich naturgemäß dem heutigen Streik des Lehrpersonals im frankophonen Unterrichtswesen. L'Avenir stellt sich auf seiner Titelseite die Frage, wie groß die Mobilisierung wohl am Ende sein wird. La Libre Belgique hinterfragt ihrerseits die Gründe für das Malaise bei den Lehrern. Denen kann man jedenfalls nicht Streikwütigkeit vorwerfen, meint La Libre in ihrem Kommentar. Schließlich ist es die erste Aktion dieser Art seit 15 Jahren. Und die Lehrer haben wohl auch gute Gründe zu protestieren. Die größte Herausforderung ist es aber, die öffentliche Meinung davon zu überzeugen. Viele Menschen reduzieren nämlich immer noch den Lehrerberuf auf die üblichen Klischees nach dem Motto: drei Monate Urlaub, 20 Stundenwoche. Die Lehrer müssen also der Öffentlichkeit klar machen, dass gute Arbeitsbedingungen für sie im Interesse des Gemeinwohls sind.
Bonus-Kritiker erhielt selbst Bonus-Zahlung
In der flämischen Presse steht derweil heute der SP.A-Politiker Bruno Tuybens buchstäblich am Pranger. Der ehemalige Staatssekretär hatte sich in den letzten Jahren unter anderem als scharfer Kritiker der Bonuskultur hervorgetan. Noch vor einigen Wochen hatte Tuybens es als "Schande" bezeichnet, dass Banker sich Bonuszahlungen zugestehen, während ihre Institute vom Staat Millionen bekommen hätten, wie unter anderem De Morgen erinnert.
Jetzt stellt sich heraus: Tuybens hat selbst vor einigen Jahren als er noch Mitarbeiter der KBC-Bank war, einen Bonus erhalten und zwar in Höhe von stattlichen 250.000 Euro, wie unter anderem Het Belang van Limburg berichtet. Tuybens selbst "sieht das Problem nicht", wie ihn Het Nieuwsblad zitiert. Gazet van Antwerpen geht in ihrem Leitartikel dennoch hart ins Gericht mit dem SP.A-Politiker. Hier wird doch aus dem Wilderer der Forstaufseher. Tuybens hätte besser in den letzten Jahren den Mund gehalten. Wenn in Zukunft noch einmal die Bonuszahlungen der Banken und großen Unternehmen im Blickpunkt stehen, dann sollte sich Tuybens jedenfalls tunlichst zurückhalten.
Atom-Ertrag und kein Ende
Einige Zeitungen berichten auch heute über die Polemik um den sogenannten Atomertrag. Nachdem die Nationalbank den Gewinn der Atombranche berechnet hatte, durfte gestern die Regulierungsbehörde CREG dazu Stellung nehmen. Und, wie De Standaard berichtet: Die CREG hat den Bericht der Nationalbank buchstäblich abgeschossen. Der Bericht sei voller Fehleinschätzungen und falscher Hypothesen. "Schluss jetzt", meint dazu L'Echo in seinem Leitartikel. Der ewige Streit um die Gewinne der Atomwirtschaft muss jetzt endlich aufhören. Es kann doch nicht sein, dass man nach monatelangen Diskussionen immer noch keine verbindlichen Zahlen hat. Die Politik muss nun endlich Verantwortung übernehmen.
Schengen-Zone in Gefahr?!
L'Echo berichtet heute auch in großer Aufmachung über die Ankündigung der EU-Kommission, die zeitweilige Wiedereinführung von Grenzkontrollen in der Schengen-Zone unter gewissen Umständen wieder zuzulassen. Hintergrund war ja die Flucht von 25.000 Menschen aus Tunesien auf die italienische Insel Lampedusa. Vor allem Frankreichs Präsident Sarkozy und der italienische Ministerpräsident Berlusconi hatten in dieser Sache erheblichen Druck auf die EU-Kommission ausgeübt.
Het Laatste Nieuws bricht in seinem Kommentar eine Lanze für die Schengen-Zone. Dass sich Bürger in Europa freibewegen können, ist eines der größten Verdienste der EU. Und jetzt kommen zwei rechtskonservative Präsidenten daher, die beide eigentlich mehr Schlagzeilen wegen ihrer beziehungsweise ihren Frauen machen und wollen diese Errungenschaft aus den niedrigsten Beweggründen heraus in Frage stellen. Dagegen sollte man sich mit allen Mitteln widersetzen.
Kleine Länder und ihre Armeen
De Standaard bringt heute die Meldung, dass die Armeespitze offensichtlich scharfe Kritik an Verteidigungsminister De Crem übt. Der reagiere mit tauben Ohren auf die Warnungen der Verantwortlichen der Streitkräfte etwa hinsichtlich der Unterfinanzierung und des teilweise veralteten Materials. Kommentierend meint das Blatt dazu, die Probleme bei der belgischen Armee sind typisch für ein kleines Land. Im Zeitalter zunehmender Spezialisierung wird es für kleine Staaten immer schwieriger, ihre Streitkräfte zu bezahlen. Einzige Lösung wäre eine europäische Armee. Weil die großen Länder das bislang noch anders sehen, könnte das aber noch eine Weile dauern.
Archivbild: belga