Weitere große Themen sind die Einwanderungswelle aus Nordafrika sowie die europäische Schuldenkrise, die jetzt auch auf die USA übergreift. Schließlich befassen sich die meisten flämischen Zeitungen noch mit einem grausamen Verbrechen in West-Flandern.
"Alle gegen die N-VA", titelt heute Het Belang van Limburg und das Grenz-L'Echo fragt sich auf seiner Titelseite, ob es jetzt "eine Dreier-Koalition ohne die N-VA" geben wird. Seit einigen Tagen nimmt der Druck auf die flämisch-nationalistische N-VA zu.
Le Soir spricht von einer "Kakophonie auf flämischer Seite". Viele Parteien haben mehr oder weniger ausdrücklich die Nase voll von der Partei von Bart de Wever. De Wever selbst gibt sich unbeeindruckt. Den Vorwurf, er spreche sich nicht mit den anderen flämischen Parteien ab, lässt er in Het Belang van Limburg nicht gelten. Erst müssten die Wahlsieger PS und N-VA ein Grundsatzabkommen schließen, bleibt de Wever überzeugt.
"Die N-VA wird aussteigen"
Wie es jetzt weiter gehen soll, darüber haben einige Zeitungen namhafte Politologen befragt. In La Libre Belgique und L’Avenir etwa zeigt sich Carl Devos davon überzeugt, dass sich die N-VA gegen Ende April aus den Verhandlungen zurückzieht. Es gebe schließlich ein entsprechendes Ultimatum der Nationalisten. Lässt die N-VA diese Deadline verstreichen, dann verliert sie ihre Glaubwürdigkeit. Ähnlich sieht das auch Dave Sinardet in La Dernière Heure. Im Falle eines Ausstiegs der N-VA stelle sich dann allerdings eine Gretchenfrage: Wie reagiert die CD&V?
Der CD&V Alt-Premier Mark Eyskens ruft seine Partei in Het Laatste Nieuws derweil dazu auf, die N-VA fallen zu lassen - lieber jetzt als gleich. De Wever sei ein Demagoge, dem die CD&V bislang wie ein Süchtiger gefolgt sei.
Flämische Front
Kommentierend meint dazu Gazet van Antwerpen, die frankophone Presse glaubt freudig festzustellen, dass die N-VA zunehmend isoliert ist. Und tatsächlich machen es die übrigen flämischen Parteien der N -VA leicht, den Verhandlungstisch zu verlassen. Am Ende richten sich dann alle Augen auf die CD&V. Eins ist sicher: Vermittler Wouter Beke steht vor den schwierigsten Tagen seiner Karriere.
Es gibt keine flämische Front, konstatiert auch L’Avenir. Die N-VA schafft es nicht, die anderen um sich zu scharen. Doch Vorsicht! Das bedeutet nicht, dass die flämischen Parteien morgen De Wever ins Abseits stellen. Es bedarf einer flämischen Front, fordert denn auch seinerseits Het Belang van Limburg. Die Frankophonen stecken ständig die Köpfe zusammen, während auf flämischer Seite de Wever quasi Flandern alleine vertritt. Besser wäre es, wenn sich Bart de Wever in Flandern seine Partner erst mal aussucht und mit denen dann die Prioritäten absteckt.
Die nicht endend wollende Krise hat möglicherweise jetzt auch schon Folgen für den innerbelgischen Tourismus. Wie die Zeitung L’Avenir berichtet, haben in diesem Jahr deutlich weniger Flamen einen Kurzurlaub in einer wallonischen Ferienwohnung gebucht. Ursache könnte nach Meinung von Branchenvertretern der flämisch-wallonische Dauerstreit sein.
Unruhe an den Finanzmärkten
Die Schuldenkrise hat derweil nicht mehr nur noch Europa, sondern die ganze Welt fest im Griff. Wie unter anderem L’Echo und De Morgen auf ihren Titelseiten berichten, droht erstmals eine Rating-Agentur, die Kreditwürdigkeit der USA herunterzustufen. Ausgerechnet gestern musste Belgien drei Milliarden Euro auf den internationalen Finanzmärkten aufnehmen, berichtet De Standaard auf seiner Titelseite. Wegen einer ganzen Reihe von schlechten Nachrichten war der Zinssatz dabei so hoch wie seit zwei Jahren nicht mehr. Ein Analyst konstatiert nüchtern: Belgien hat einfach Pech mit seinem Timing!
Dabei kann es so aussehen, als sei das Schlimmste überstanden. Wie etwa Het Nieuwsblad auf seiner Titelseite notiert, gibt es in Flandern knapp 52.500 offene Stellen. Kommentierend meint das Blatt dazu: Man könnte meinen, da sei Licht am Ende des Tunnels. Angesichts der schlechten Nachrichten von den Finanzmärkten ist aber Vorsicht geboten: Bei dem Licht könnte es sich auch um einen entgegenkommenden Zug handeln.
Europa und Immigration
La Libre Belgique und Le Soir kommentieren heute die Entscheidung unter anderem Frankreichs, die Kontrollen an der Grenze zu Italien wieder einzuführen. Es ist absolut unabdingbar, dass Europa seine Asyl- und Einwanderungspolitik überdenkt, fordert dazu La Libre Belgique. Dass das bisher nicht funktioniert hat, dafür hat Le Soir mindestens eine Erklärung: In unsicheren Zeiten sind die Länder umso weniger geneigt dazu, Zuständigkeiten an eine supranationale Ebene abzutreten. Das Problem liegt nicht bei der EU, sondern in den Hauptstädten der Mitgliedsstaaten. Europa muss lernen, Immigration als Chance zu begreifen.
Makabrer Mord - "Very Irritating Police"
Fast alle flämischen Zeitungen berichten heute über einen makabren Mordfall in Moorsele bei Kortrijk. Dort haben Taucher des Zivilschutzes am Montag einen Sack aus einem Park gefischt, der unter anderem den Kopf einer Frau enthielt. Das Opfer ist demnach eine 42-jährige Frau, die seit zwei Monaten vermisst wird. Der Hauptverdächtige ist der 32-jährige Ehemann des Opfers.
De Morgen und La Dernière Heure berichten heute auf ihrer Titelseite über eine neue Polizeieinheit, die in diesem Jahr an der Küste zum Einsatz kommen soll. Der Name der Einheit lautet VIP, für Very Irritating Police, zu Deutsch "Sehr lästige Polizei". Das Konzept: Die Beamten sollen mutmaßlich verhaltensauffällige Jugendliche aufspüren und denen dann buchstäblich auf die Nerven gehen. Auf diese Weise sollen die Jugendlichen davon abgehalten werden, Unruhe zu stiften.
Zielpublikum sind offenbar vor allem jugendliche Frankophone, wie La Dernière Heure beklagt. De Morgen glaubt seinerseits, dass eine solche Vorgehensweise kontraproduktiv ist. Wenn die Polizei jemanden reizt, dann muss man damit rechnen, dass der dann auch gereizt reagiert. Und das ausgerechnet im Raum De Panne-Koksijde in einer Region also, wo es fast keine Jugendlichen gibt. Es gibt offensichtlich Gegenden in Flandern, deren einzige Ambition es ist, zum Altenheim zu werden.
Archivbild: Eric Lalmand (belga)