"Wie sich Brüssel auf die Silvesternacht vorbereitet", titelt Le Soir. "Mehr Polizei und mehr Kontrolle der Hausarreste", so die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws.
Vor allem in Brüssel, aber auch in anderen großen Städten wappnen sich die Ordnungs- und Rettungsdienste für die Feierlichkeiten zum Jahreswechsel. Schwere Krawalle in der Silvesternacht sind inzwischen vor allem in Brüssel zu einer traurigen Tradition geworden. Letztes Jahr musste die Brüsseler Polizei fast 1.800 Mal einschreiten; es gab knapp 160 Festnahmen. Auch in diesem Jahr soll die Brüsseler Polizei wieder unter ein einheitliches Kommando gestellt und sollen zusätzliche Beamte mobilisiert werden.
Die Gefahren der Digitalisierung
De Standaard hat sich die Weihnachtsbotschaften der gekrönten Häupter in Europa angeschaut. "Wir sind besorgt über die Zukunft", sagte unser König Philippe. "Wir leben in herausfordernden Zeiten", so formulierte es der spanische König Felipe. Der niederländische König Willem Alexander warnte vor einer Welt, in der wir zu Sklaven von allmächtigen und seelenlosen Algorithmen werden. King Charles sprach seinerseits von einer "Welt, die sich immer schneller zu drehen scheint" und wünschte den Briten eine Periode der "digitalen Entgiftung".
Königshäuser mögen wie ein Anachronismus wirken. Die gekrönten Staatsoberhäupter sprechen den Menschen aber häufig aus der Seele. Das hat damit zu tun, dass sie – quasi von Natur aus – etwas mehr Abstand haben, weil sie keine unmittelbare Agenda verfolgen. Und gerade im Bereich der Digitalisierung weisen sie zurecht auf die Gefahren hin. Denn de facto sind es auch und vor allem die Algorithmen, die die Gesellschaft spalten.
"Die Früchte der KI pflücken"
Apropos neue Technologien: De Tijd widmet ihren Leitartikel der Künstlichen Intelligenz, genauer gesagt den damit verbundenen Chancen und Risiken. Das ausklingende Jahr war geprägt von einem unerschöpflichen Enthusiasmus: Milliardenbeträge wurden investiert in alles, was auch nur im Entferntesten mit KI zu tun hat. Die Börsenkurse der Technologieunternehmen erreichten schwindelnde Höhen und machten die Technologie-Bosse kollektiv um 550 Milliarden Dollar reicher.
Die Frage aller Fragen lautet jetzt also: Sind die Erwartungen, die an die KI geknüpft werden, wirklich realistisch? Oder sehen wir hier eine gewaltige Spekulationsblase? Viele Anleger blicken zunehmend besorgt auf die Börsen der Welt. Unglückspropheten sagen einen Monstercrash voraus. Wir in Belgien starren aber geradezu blind auf dieses Risiko. Die Gefahr mag real sein, das sollte uns aber nicht daran hindern, die Künstliche Intelligenz insgesamt als eine enorme Chance zu sehen. Auch ein hypothetischer Börsencrash ändert daran nichts. Deswegen der Appell: Wir müssen auch in Belgien die Früchte der KI pflücken.
Ladehemmungen und Fehlzündungen
L'Echo gibt seinerseits der Föderalregierung ein paar gute Ratschläge für das kommende Jahr. Arizona, das ist die Koalition der Ladehemmungen und Fehlzündungen. Viel zu oft wurden halbgare Maßnahmen präsentiert, stellte sich heraus, dass die vollmundig gepriesenen Abkommen in vielen Punkten nicht ausdiskutiert waren. Das hat auf dem Terrain für sehr viel Verwirrung gesorgt. Und letztlich auch für folgenschwere Verzögerungen. Beispiel: Der Indexsprung für Gehälter über 4.000 Euro tritt nicht wie geplant zum ersten Januar in Kraft, sondern erst am ersten April; die geplanten Mehrwertsteuererhöhungen mussten auf den ersten März verschoben werden. Und die Liste ist noch wesentlich länger.
Schuld sind vor allem die Arizona-Parteien selbst, die oft nichts anderes zu tun haben, als den "Partnern" Stöcke in die Speichen zu stecken. Das ist tragisch, werfen diese Kleinkriege doch ein schlechtes Licht auf die ansonsten respektable Bilanz. Man kann nur hoffen, dass der eine oder die andere diese besinnlichen Weihnachtstage nutzt, um einmal in sich zu gehen. Mehr Kohärenz und Staatsmännischkeit: Das wären gute Vorsätze für das Jahr 2026.
La Libre Belgique hebt vor allem eine Entscheidung der Föderalregierung hervor: Die Koalition hat Maßnahmen ergriffen, um den Industriestrompreis zu senken. "Endlich!", lobt die Zeitung. Bart De Wever & Co. tun das, was in diesem Land viel zu selten passiert: Sie schauen der Realität ins Auge. Seit Jahren schon beklagen die energieintensiven Branchen, dass Elektrizität in Belgien im Vergleich zu den Nachbarländern zu teuer ist. Das hat auch damit zu tun, dass im ausklingenden Jahr ein Fünftel des hierzulande verbrauchten Stroms aus Frankreich eingeführt wurde. Damit war Belgien viel direkter den europäischen Marktpreisen ausgesetzt. Deswegen wurde es höchste Zeit, dass die Regierung hier Maßnahmen ergreift. Doch sollte man hier einen Schritt weiterdenken: Belgien muss energiepolitisch unabhängiger und flexibler werden. Ansonsten ist die neue Maßnahme nichts anderes als ein Pflaster auf einem Holzbein.
Ohne freien Journalismus gedeihen Autokraten
Le Soir schließlich bricht eine Lanze für eine freie und unabhängige Berichterstattung. Weltweit ist der Journalismus im Belagerungszustand. Im Gazastreifen wurden Dutzende palästinensische Reporter ermordet. Ihren Kollegen von ausländischen Medien wurde der Zugang zu dem Küstenstreifen untersagt. In Ungarn hat Viktor Orban die öffentlichen Medienhäuser in Propaganda-Organe verwandelt. Überall auf der Welt übernehmen Milliardäre die Medienkonzerne, um sie zur ideologischen Beeinflussung einzusetzen. Die sakrosankte Redaktionsfreiheit wird dadurch zu reiner Makulatur.
In den USA überzieht Präsident Trump kritische Zeitungsverlage mit Milliardenklagen, deren einziges Ziel es ist, die betreffenden Häuser, die ohnehin oft finanziell auf tönernen Füßen stehen, zu zermürben und damit in den Ruin zu treiben. In den Sozialen Medien, die ja meist auch von ihren Bossen ideologisch auf Linie getrimmt wurden, erscheinen journalistische Inhalte auf derselben Stufe wie virale Verschwörungserzählungen, Desinformation oder Propaganda. Und über die Sichtbarkeit entscheiden allein Algorithmen. All das hat System. Autokraten können nur in einer Welt gedeihen, in der Zweifel, Angst und Chaos herrschen. Und in der "alternative Fakten" am Ende zur Wirklichkeit werden. Gesicherte und verlässliche Informationen sind Grundbedingung für jede Demokratie. Bürger, die ihr Weltbild nicht mehr auf der Grundlage von gesicherten Fakten aufbauen können, die werden zu manipulierbaren Schafen.
Roger Pint