"Kein Notplan für die überbelegten Gefängnisse", titelt Het Nieuwsblad. "Keine Soldaten in den Straßen und keine Dringlichkeitsmaßnahmen für die Gefängnisse", so die Schlagzeile von Gazet van Antwerpen. "Die Regierung eilt der Industrie zu Hilfe mit einem Abschlag von knapp einer Milliarde Euro", schreibt De Standaard auf Seite eins.
Diese Schlagzeilen klingen zwar etwas verschieden, betreffen aber dasselbe Ereignis: Gestern ist die Regierung zu ihrem letzten Ministerrat des Jahres zusammengekommen. Mit einem gemischten Ergebnis: Einigen konnte sich die Regierung auf eine Senkung des Industriestrompreises im Gegenwert von knapp einer Milliarde Euro. Keine Einigung gab es hingegen über Dringlichkeitsmaßnahmen für die überbelegten Gefängnisse. Und bis auf Weiteres können auch keine Soldaten im Kampf gegen die Drogenkriminalität eingesetzt werden; auch diese Entscheidung blieb offen.
Einige Zeitungen blicken auch in die USA. "Donald Trump verstrickt sich weiter in den Epstein-Skandal", titelt etwa Le Soir. Das US-Justizministerium hat ja neue Akten freigegeben. Darin taucht der Name des Präsidenten doch recht häufig auf. "Wirkliche neue Vorwürfe sind aber nicht ans Licht gekommen", schreibt Le Soir.
Ein extrem unausgewogenes amerikanisches Wachstum
L'Echo beschäftigt sich in seinem Kommentar mit den neuesten Konjunkturdaten aus den USA. Demnach ist die amerikanische Wirtschaft im dritten Quartal um stolze vier Prozent gewachsen. Die meisten Experten waren von einer Verlangsamung ausgegangen. "Hier sind wohl ernste Zweifel erlaubt", meint L'Echo. Zunächst muss man feststellen, dass die Zahlen überholt sind. Sie betreffen den Zeitraum zwischen Juli und September. Wegen des Shutdowns mussten sie später veröffentlicht werden. Nichtsdestotrotz schmälert das wohl deutlich deren Aussagekraft. Es gibt da aber auch noch eine zweite Feststellung: Schaut man sich die Zahlen an, dann wird sehr schnell deutlich, dass die amerikanische Wirtschaft zunehmend zweigeteilt ist: Die Superreichen sind inzwischen fast der einzige Konjunkturmotor; sie alleine ziehen mit ihren Investitionen die Wirtschaft nach oben. Auf der anderen Seite sind da die Mittelschicht und die Geringverdiener. Die stehen zunehmend mit dem Rücken zur Wand; viele von ihnen müssen sich immer weiter verschulden, um sich über Wasser halten zu können. Im Klartext: Der Graben zwischen den Vermögenden und dem Durchschnittsbürger wird immer größer. Das amerikanische Wachstum ist also extrem unausgewogen.
Krieg als roter Faden des Jahres 2025
Viele Blätter nehmen aber die anstehenden Weihnachtstage zum Anlass, um schon einmal eine Bilanz des ausklingenden Jahres zu ziehen. "Krieg, das war der rote Faden des Jahres 2025", stellt Het Laatste Nieuws nüchtern fest. Wie oft mag dieses hässliche Wort in den vergangenen zwölf Monaten wohl gefallen sein? Krieg in der Ukraine, der bald in sein fünftes Jahr geht. Krieg in Gaza: das zweite Jahr in Folge. Krieg zwischen Pakistan und Indien, zwischen Kongo und Ruanda, im Sudan. Und auch in Europa wächst die Unsicherheit, das Unbehagen, die Angst. Manchmal lohnt ein Blick zurück, um das Ganze einzuordnen. 2016 etwa hieß es auch schon mal, dass der Krieg bei uns angekommen ist. Gemeint waren die Anschläge islamistischer Terroristen. Neun Jahre später ist der IS praktisch kein Thema mehr. Nichtsdestotrotz ist 2025 das Jahr, in dem die neue Aufrüstung beschlossen wurde. Nichts symbolisiert das treffender als die Einführung eines freiwilligen Wehrdienstes für 18-Jährige. Gerade diese doch wohlbehütete Generation muss nun also über Krieg nachdenken. Aber Ehre, wem Ehre gebührt: Diese jungen Menschen haben den Mut, tapfer diese Tür in eine brutale Welt zu öffnen.
Bezeichnend war da auch der gestrige Pressetermin in der Kaserne von Heverlee bei Löwen, bemerkt dazu Het Nieuwsblad. Da wurden der Armee feierlich die ersten Luftabwehrwaffen und Antidrohnen-Kapazitäten übergeben. Der Vorabend des Weihnachtsfestes fühlte sich da doch ein bisschen bitter an. Aber das sind nun mal die Zeichen der Zeit. Jahrzehntelang hatten die Armee und auch der Verteidigungsminister eigentlich nur noch eine fast zeremonielle Funktion, quasi "für die Galerie". Inzwischen ist der viel beschworene "Frieden auf Erden" aber leider nur noch ein bloßer Wunschtraum. Trotz dieser dunklen Wolken sollte man jetzt aber nicht in Untergangsstimmung verfallen. Es gibt keinen Grund zur Panik. Im Moment ist es schließlich immer noch so, dass unser größtes Problem eigentlich der Weihnachtsstress ist. Aber eben diese Festtage sollten wir nutzen, um einmal zur Ruhe zu kommen.
Ein Moment des Durchatmens
Gazet van Antwerpen sieht das ähnlich. "Krieg, Krieg, überall Krieg", natürlich ist das das Erste, woran 2025 die Menschen denken lässt". Gaza, die Ukraine und all die anderen Schlachtfelder: Das alles steht für unendliches menschliches Leid, im Übrigen auf beiden Seiten der Fronten. Dennoch: Wir sollten diese Feiertage, in denen menschliche Wärme und Verbundenheit im Mittelpunkt stehen, um auch die bescheidenen Lichtblicke zu sehen. Im Gazastreifen herrscht eine Waffenruhe; die Europäer haben es doch geschafft, der Ukraine den Rücken zu stärken in ihrem Kampf gegen Putins Regime. Das sind zwar nur kleine Silberstreifen am Horizont. Die Botschaft ist aber, dass wir uns nicht entmutigen lassen sollten.
Ja, das vergangene Jahr hat einmal mehr deutlich gemacht, dass die Welt im Umbruch ist, meint auch sinngemäß das GrenzEcho. Umso wertvoller sind aber diese Tage am Jahresende. Nicht, weil sie einfache Antworten bereithalten, sondern weil sie Raum öffnen. Raum für Ruhe, für Nähe, für Gespräche, die nicht sofort ein Ergebnis haben müssen. Entscheidend ist nicht das Trennende, sondern das Verbindende.
La Libre Belgique sieht das genauso. Klar: Weihnachten ist kein Schutzraum. Das Fest neutralisiert nicht mit einem Mal die Gewalt in der Welt, die Brutalität und auch nicht die geistige Müdigkeit und Erschöpfung, die damit einhergehen. Auch Weihnachten ist nicht der Moment, um sich Illusionen hinzugeben. Weihnachten wird nicht die Welt retten, das hat es nie. Das Fest gibt uns aber die seltene Gelegenheit, einmal stehen zu bleiben, sich hinzusetzen, seinen Mitmenschen direkt in die Augen zu sehen, und nicht über einen Bildschirm. Ein Moment des Durchatmens, des Miteinanders, vielleicht sogar der Versöhnung.
Roger Pint