"Mindestens 16 Tote bei Terroranschlag in Sydney – 'Held vom Bondi Beach' überwältigt Schützen", ist der große Aufmacher bei Het Laatste Nieuws. "Vater und Sohn richten Blutbad an", bringt Het Nieuwsblad erste Details zu den zwei Attentätern. "Anschlag zu Beginn des jüdischen Chanukka-Fests: weltweites Entsetzen nach Terror in Sydney", titelt das GrenzEcho. "War das Morden am Bondi Beach ein antisemitischer Terroranschlag?", fragt De Standaard. "Chaos und Schock in Sydney nach Attentat auf jüdische Gemeinschaft", schreibt Le Soir. "Antisemitisches Blutbad am Strand", hat nicht nur La Dernière Heure überhaupt keine Zweifel daran. "Der Angriff am Bondi Beach hatte die jüdische Gemeinschaft von Sydney als Ziel", hält La Libre Belgique fest.
2024 hat sich die Zahl der antisemitischen Vorfälle im Vergleich zum Jahr davor verdreifacht, so La Dernière Heure in ihrem Leitartikel. Das geht aus den Zahlen des Zentrums für Chancengleichheit Unia hervor. Viele Menschen setzen immer noch, fälschlicherweise natürlich, jüdische Bürger mit der Politik des Staats Israels gleich. Wenn Juden Chanukka feiern, das Lichterfest, heißt das nicht, dass sie die Augen verschließen vor dem Schmerz, sei es nun in Gaza oder in Israel. Indem sie ihre Kerzen entzünden, wollen sie einfach nicht zulassen, dass der Hass die Welt ins Dunkel taucht. Das Licht wird den Sieg über die Finsternis davontragen, in Australien und auch bei uns, schreibt La Dernière Heure.
Gaza darf nie eine Rechtfertigung für Terror sein
Die Menschen, die in Australien brutal ermordet worden sind, sind ermordet worden, weil sie Juden waren, unterstreicht Het Laatste Nieuws. Das war eindeutig Antisemitismus. Und es war etwas, was viele schon lange befürchtet hatten. Denn Antisemitismus hat überall auf der Welt zugenommen. Währenddessen versucht die extreme Rechte auch hierzulande, den Anschlag politisch auszuschlachten und den Hass gegen Muslime zu schüren. Aber wer hat einen der Attentäter überwältigt? Der 43-jährige Ahmed al Ahmed. Der zweifache Familienvater stürzte sich unbewaffnet auf den Terroristen und rettete so zweifelsohne viele Leben. Wie man schon an seinem Namen ablesen kann, ist er ein Moslem. Auch das sollte und muss hervorgehoben werden. Gerade in Zeiten, in denen immer weniger Menschen den Mut haben einzugreifen, wenn Mitmenschen angegriffen werden. Und ja, was in Gaza passiert ist, ist das pure Grauen. Aber nicht alle Juden auf der Welt sind mitverantwortlich für diesen Horror. Das Elend in Gaza darf nie als Rechtfertigung missbraucht werden für solche barbarischen Angriffe, betont Het Laatste Nieuws.
Es rumort in der MR (und nicht nur da)
De Standaard beschäftigt sich mit dem Vorsitzenden der frankophonen Liberalen MR, Georges-Louis Bouchez: Bouchez ist auch in der aktuellen Föderalregierung das Brecheisen vom Dienst. Das Wichtigste für ihn ist, im Zentrum aller Debatten zu stehen. Aber sein Versuch, die MR zu repositionieren, führt aufs Glatteis. Bouchez' Verhalten sorgt für immer größere Spannungen, sowohl innerhalb seiner Partei als auch in der Regierung. Bouchez greift beherzt nach dem rechts-identitären Drehbuch, um den Bürgern seine liberale Wirtschaftspolitik schmackhaft zu machen. Er wettert regelmäßig gegen alles angeblich "woke", er schlägt sich auf die Seite von Donald Trump, wenn der Europa angreift, und würde selbst auch am liebsten Gesetze mit einem dicken schwarzen Stift diktieren. Den Verfassungsgerichtshof und den Gerichtshof der Europäischen Union greift Bouchez als "anti-demokratisch" an, er behauptet auch, dass Migration immer noch ein politisches Tabu wäre. Dabei sind die Umfragewerte seiner MR im Sinkflug. Und je bunter es Bouchez treibt als Reaktion darauf, desto schwieriger wird es für Regierungspartner N-VA, das stoisch hinzunehmen. Am Ende wird sie sich noch nach der PS sehnen, frotzelt De Standaard.
Le Soir greift im Zusammenhang mit den jüngsten Kontroversen um Bouchez ein Interview mit Sophie Wilmès auf, ihres Zeichens Ex-MR-Premierministerin und nun EU-Abgeordnete: Wilmès ist nicht Bouchez, deswegen muss man bei ihr auch immer zwischen den Linien lesen. So wird deutlich, dass sie die sexistischen Ausfälle von Bouchez in puncto Brüsseler Regierungsverhandlungen überhaupt nicht billigt. Dass sie gelinde gesagt die Nase gestrichen voll hat von der medialen Omnipräsenz des MR-Parteichefs, von seinem polarisierenden, selbstherrlichen Führungsstil. Dass sie davon überzeugt ist, dass die sinkende Beliebtheit der MR auf Bouchez zurückzuführen ist. Das sind Botschaften, die innerhalb der Partei auf fruchtbaren Boden fallen werden, glaubt Le Soir.
Nicht die Augen verschließen
L'Avenir fragt sich derweil, ob die anstehende Woche entscheidend sein wird für die Ukraine: Am Donnerstag findet der EU-Gipfel statt, bei dem es unter anderem um die eingefrorenen russischen Vermögenswerte gehen wird. Und US-Präsident Donald Trump macht gnadenlos Druck. Er hat es klipp und klar gesagt – er will noch vor Weihnachten ein Friedensabkommen für die Ukraine. Das stellt Kiew vor ein existenzielles Dilemma, weil Trump und die Russen wollen, dass die Ukraine sich aus den ostukrainischen Gebieten zurückzieht, die es noch immer hält. Ein Großteil der ukrainischen Bevölkerung und politischen Klasse lehnen territoriale Zugeständnisse an die russischen Invasoren aber vehement ab, selbst als Preis für eine Waffenruhe. Das wäre in ihren Augen die Kapitulation vor Putin, was zu einer fatalen internen Krise führen könnte. Aber die Kräfteverhältnisse sind eindeutig: Trump tritt aufs Gas, Putin beharrt auf seinen Maximalforderungen und die Europäer haben nichts zu melden, fasst L'Avenir zusammen.
La Libre Belgique kommt zurück auf eine Umfrage über Korruption bei der Föderalen Polizei. Die hatte ergeben, dass jeder dritte Polizist während seiner Arbeit schon mit Korruption beziehungsweise illegitimer Einflussnahme konfrontiert worden ist. Ein schockierendes Ergebnis für eine Institution, die doch der Schutzwall unseres Rechtsstaats sein soll. Am alarmierendsten ist aber vielleicht nicht das, was gemeldet wird, sondern das, was nicht mehr gemeldet wird, weil die Polizisten das Gefühl haben, dass es sowieso nichts bringt. Weil das bedeutet, dass unsere Demokratie wirklich ins Wanken geraten ist. Der Rechtsstaat stirbt nicht an einem Skandal. Er stirbt, wenn man die Augen verschließt. Und Belgien kann die Augen nicht mehr länger verschließen: Die Art und Weise, wie unser Polizeiwesen funktioniert, muss sich weiterentwickeln, fordert La Libre Belgique.
Boris Schmidt