"Luftverkehr: Billigairline wehrt sich gegen Abgaben – Ryanair will sein Angebot in Belgien massiv reduzieren, Politik ist in Alarmbereitschaft", titelt das GrenzEcho. "Ryanair droht eine Million Passagiere weniger zu befördern wegen belgischer Flugsteuer", schreibt Het Nieuwsblad, L'Echo formuliert es ähnlich. "Steuer auf Flugtickets: Ryanair geht zum Gegenangriff über", liest man bei L'Avenir. "Zu hohe Steuern? Die Drohung von Ryanair kreist über Belgien", so La Dernière Heure. "Ryanair bedroht frontal die belgischen Flughäfen", hält Le Soir fest. "Das Ultimatum von Ryanair gegen die Steuern auf die Flugzeugtickets", ist die Überschrift bei La Libre Belgique.
Das Lied ist altbekannt, kommentiert La Libre Belgique. Jedes Mal, wenn die Billigfluglinie am Horizont eine neue Steuer erspäht, kommt sie mit dem gleichen Refrain, nämlich mit der Drohung, Flugzeuge abzuziehen aus dem Land, das es wagt, Ryanair Steuern auferlegen zu wollen. Jetzt nimmt Ryanair also Belgien ins Fadenkreuz, wegen der föderalen Steuer auf Flugtickets und der kommunalen Abgabe der Stadt Charleroi. Bluffen die Iren also oder nicht? Ryanair hat in der Vergangenheit bewiesen, dass es Drohungen durchaus wahrmachen kann.
Aber andererseits kosten Worte von Firmenboss Michael O'Leary erst einmal nichts, man muss also abwarten. Sollte die Föderalregierung derweil den Rückwärtsgang einlegen? Nein, das wäre ein neues Zeichen der Schwäche. Gleichzeitig sollte man von den politisch Verantwortlichen, gerade im rechten Spektrum, doch erwarten, dass sie die Wettbewerbsfähigkeit des Landes im Blick behalten. Aber man kann den Wallonen nur raten, sich weniger abhängig zu machen von Ryanair. Es gibt sicher Konkurrenten, die freiwerdende Kapazitäten gerne übernehmen würden. Jetzt muss man es nur noch schaffen, sie hierher zu locken, so La Libre Belgique.
Der Pawlowsche Reflex von Ryanair
Es ist ein Pawlowscher Reflex, wenn Ryanair das Wort "Steuern" hört, beginnt das laute Bellen, hält L'Echo fest. Ryanair macht mal wieder, was Ryanair immer gemacht hat, es setzt Arbeitsplätze und Investitionen zur Erpressung ein. Eine Praxis, die die politisch Verantwortlichen in der Wallonie im letzten Vierteljahrhundert übrigens maßgeblich mit gefördert haben. Es ist natürlich richtig, dass keine Firma einer Regierung ihre Politik diktieren darf. Schon gar nicht, wenn ihr Geschäftsmodell so viele negative Folgen hat. Siehe Umweltverschmutzung, siehe Übertourismus. Aber in einem Punkt sollten die Politiker dennoch nicht die Ohren verschließen: Zu hohe Steuern bedeuten den Tod für einen Teil der wirtschaftlichen Aktivität, warnt die Wirtschaftszeitung L'Echo.
La Dernière Heure sieht ebenfalls einen Pawlowschen Reflex bei Michael O'Leary. Nein, Belgien sollte sich nicht in den Staub werfen und sich den Wünschen und Drohungen eines Airline-Bosses beugen. Aber es macht auch wenig Sinn, eine Firma zu misshandeln, von der tausende belgische Familien leben, die einer leidenden Region eine ungewohnte Erfolgsgeschichte beschert hat und die Millionen Belgiern Reisen für wenig Geld ermöglicht. Wir sollten natürlich nicht die dunkle Seite von Ryanair ignorieren. Aber genauso wenig dürfen wir ausblenden, dass jede zusätzliche Steuer unsere Wettbewerbsfähigkeit weiter untergräbt. Und noch etwas: Wenn ein einziger Spieler für 85 Prozent des Flugverkehrs eines Flughafens sorgt, zeugt es nicht von Mut, sich mit ihm anzulegen. Das ist ein Spiel mit dem Feuer, bei dem man vorsichtig sein muss, um sich nicht die Flügel zu verbrennen, mahnt La Dernière Heure.
Wieder eine sehr belgische Geschichte
L'Avenir legt den Finger in die gleiche Wunde: Abgesehen von allen anderen Erwägungen ist es schon erstaunlich, wie jemand glauben konnte, dass die irische Billigfluglinie eine Steuer auf Flugtickets einfach runterschlucken würde wie ein Guinness-Bier. Das zeugt schon von einer gewissen politischen Naivität, giftet L'Avenir.
Die ganze Geschichte wird wieder sehr belgisch, wenn man sich klarmacht, dass die neuen Steuern ohne irgendeine Absprache zwischen den verschiedenen Ebenen beschlossen worden sind, konstatiert Le Soir. Die PS, die die Stadt Charleroi regiert, und die MR, die föderal und regional am Steuerknüppel sitzt, haben jeweils einfach gemacht. Dabei hätte sich eine Konzertierung gerade angesichts des berüchtigten vulkanischen Temperaments von Michael O'Leary wirklich aufgedrängt. Jetzt sehen wir einen Kommunikationskrieg zwischen den beiden jungen Kampfhähnen aus dem Hennegau – MR-Ministerpräsident Adrien Dolimont und PS-Bürgermeister Thomas Dermine, seufzt Le Soir.
Trump ist kurzfristig die größte Bedrohung für Europa
Het Nieuwsblad kommt zurück auf die neue nationale Sicherheitsstrategie der Vereinigten Staaten. Nur um ganz deutlich zu sein: Die Europäische Union hat keine Freunde. Russland ist ein Feind, China ein Wolf im Schafspelz. Kurzfristig sind aber die Vereinigten Staaten unter Donald Trump die größte Bedrohung. Trump hat nun also angekündigt, unter lautem Beifall aus dem Kreml, dass er in Europa "starke Führer" wie Orbán und Erdogan an die Macht bringen will. Ob die Europäer das nun wollen oder nicht. Moskau und Peking versuchen schon länger, durch die Hintertür Europa nach radikal Rechts zu drängen, Trump versteckt das nicht einmal mehr. Er will Regierungswechsel, um Europa zu seiner wirtschaftlichen Kolonie zu machen. Wenn die Führer Europas auch darauf nicht reagieren, dann sind sie wirklich, wie Trump behauptet, schwach, wettert Het Nieuwsblad.
Nach der Politik Russlands übernimmt Trump nun auch immer häufiger das Vokabular des Putin-Regimes, bringt es Gazet van Antwerpen auf den Punkt. Europa sei "schwach", "im Verfall begriffen" und brauche starke Führer wie Viktor Orbán. Es besteht jedenfalls nicht mehr der geringste Zweifel, dass Trump auf der Seite Russlands steht. Wir sollten uns langfristig unbedingt auf die Suche nach anderen Partnern machen, nicht zuletzt, was den Handel angeht. Denn wir sind noch immer viel zu abhängig von den Vereinigten Staaten, appelliert Gazet van Antwerpen.
Boris Schmidt