"Haushaltsabkommen: Justiz erhält zusätzliche Finanzmittel", liest man auf Seite eins vom GrenzEcho. "Indexierung der Gehälter: Die Arizona sucht noch immer nach einer guten Formel", titelt La Libre Belgique. "Bleiben Pairi Daiza und Supermarkt-Sushi von der Mehrwertsteuererhöhung verschont? Diskussion über Ausnahmeregelungen bricht los", so De Standaard.
Gerade mal eine Woche, nachdem die Föderalregierung verkündet hatte, sich auf den Haushalt für die kommenden Jahre geeinigt zu haben, kommt schon die erste Anpassung, hält Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel fest. Und es geht nicht etwa um irgendeine Kleinigkeit, nein, es geht um die äußert kontroverse Deckelung der Indexierung der Löhne und Bezüge. Kein Wunder, bei dem Chaos und den unterschiedlichen Regelungen, die es rund um die Indexierung gibt. Und das sagt auch viel, über die Art und Weise, wie die Einigung der Föderalregierung auf gut Glück zusammengezimmert worden ist. Dass die "Modalitäten", wie es im politischen Jargon heißt, noch berechnet und angepasst werden müssen, ist ziemlich normal. Im Fall der Arizona kommt dieser Schritt aber arg schnell. Und wer weiß, welche Leichen da sonst noch auftauchen werden im Keller. Hinzu kommt die ganze Zeit, die die Regierung mit nutzloser Theatralik verschwendet hat. Die führt jetzt dazu, dass dem Staat im nächsten Jahr Einnahmen aus geplanten Reformen entgehen werden, mit denen die Politik gerechnet hatte. Und noch wichtiger: Bürger und Verwaltungen wissen nicht, was sie nächstes Jahr erwarten wird, giftet Het Nieuwsblad.
Ein weiteres Argument für die Staatsreform?
La Libre Belgique ereifert sich darüber, dass die Haushaltseinigung auch die sogenannten "Managementgesellschaften" ins Visier nimmt, die von vielen als Möglichkeit genutzt werden, um weniger Steuern zu zahlen: Natürlich gibt es hier Missbrauch, aber die Föderalregierung ist offenbar bereit, deswegen den Unternehmergeist auf dem Altar der Haushaltsdisziplin zu opfern. Muss denn wirklich gleich wieder das ganze Ökosystem der Selbstständigen unter Generalverdacht gestellt werden? Seit Monaten müssen Managementgesellschaften schon als Sündenbock herhalten, für eine nuancierte Betrachtung scheint da längst kein Platz mehr zu sein. Damit droht die Regierung, einen der wenigen Motoren unserer Wirtschaft abzuwürgen. Das ist nicht nur bedauerlich, sondern absurd, prangert La Libre Belgique an.
Trotz aller Anstrengungen darf bezweifelt werden, dass die aktuelle belgische Staatsstruktur eine strukturelle Sanierung des Haushalts erlauben wird, kommentiert De Standaard. Die budgetären Herausforderungen werden damit zu einem Verbündeten der Befürworter einer weiteren Staatsreform, hin zu einem konföderaleren Belgien. Der Ruf wird immer lauter, weitere Zuständigkeiten und Verantwortlichkeit für die Einnahmen an die Regionen abzugeben. Wenn Belgien überleben will, dann sind institutionelle Reformen unvermeidlich, ist De Standaard überzeugt.
Hauspfleger nicht unter Generalverdacht stellen
Het Laatste Nieuws greift wieder den Skandal um den vermutlich massiven Abrechnungsbetrug einer flämischen Hauskrankenpflegerin auf: Natürlich sorgt der Fall für erboste Reaktionen, das ist nur normal angesichts des dreisten Vorgehens der Frau. Aber das darf trotzdem kein Freibrief sein, jetzt alle Hauskrankenpfleger des Betrugs und der Abzocke zu verdächtigen. Die allermeisten von ihnen arbeiten hart und machen einen Job, den nur wenige machen wollen. Dafür müssen wir ihnen als Gesellschaft dankbar sein. Und es muss ihnen auch gegönnt werden, entsprechend gut zu verdienen. Aber sollte nicht trotzdem das gesamte Entlohnungssystem gründlich unter die Lupe genommen werden? Aktuell scheint es viel zu einfach, es zu missbrauchen. Das soll ab 2026 schwieriger werden. Dann sollen Hauspfleger nur noch maximal 229.000 Euro brutto abrechnen dürfen. Das wären 19.000 Euro pro Monat. Natürlich gehen davon noch Sozialabgaben und diverse Ausgaben ab. Aber es wäre das Doppelte von dem, was unsere Parlamentsabgeordneten verdienen. Wird die Latte für Ermittlungen des Inspektionsdienstes hier nicht ein bisschen zu hoch gelegt?, fragt sich Het Laatste Nieuws.
Niemand stellt infrage, dass die Verwendung öffentlicher Mittel korrekt verlaufen muss, schreibt Het Belang van Limburg. Aber seit der Enthüllung des Mega-Betrugs müssen sich auch absolut integre Hauspfleger täglich verantworten. Da hilft es natürlich auch nicht, dass neue Zahlen der Krankenkassen nahelegen, dass in sieben von zehn Fällen zu hohe Kosten abgerechnet werden. Aber nicht immer steckt eine Betrugsabsicht dahinter, oft geht es auch um Kompensation für Handlungen, die nicht vergütet werden. Deswegen ist es auch Zeit zurückzukehren zu einem gesunden Gleichgewicht. Kontrolle ist zwar nötig, Vertrauen aber genauso, meint Het Belang van Limburg.
FN 303: alles andere als ungefährlich
Gazet van Antwerpen beschäftigt sich mit dem Vorstoß von MR-Innenminister Bernard Quintin, die Polizei für Demonstrationen mit unter anderem der FN 303 aufzurüsten. Die Projektile, die die FN 303 per Druckluft abfeuert, können bis zu 85 Kilometer pro Stunde schnell sein. Damit können Menschen, die 50 Meter entfernt stehen, vorübergehend ausgeschaltet werden. Aber auch wenn diese Waffen nicht auf Verwunden oder Töten ausgelegt sind, passiert das immer wieder. Amnesty International hat weltweit schon Dutzende Todesopfer durch die FN 303 erfasst. Das ist also eine alles andere als ungefährliche Waffe. Bevor also überhaupt über einen Einsatz bei Demonstrationen gesprochen werden kann, müssen erstmal mal glasklare Antworten auf einige grundsätzliche Fragen her. Zum Beispiel, wie weit eine Demonstration aus dem Ruder laufen muss, um den Einsatz zu rechtfertigen. Oder ob das überhaupt verhältnismäßig wäre. Welcher Mindestabstand müsste eingehalten werden? Wie sicher sind die Polizisten, dass sie dabei keine Unschuldigen treffen? Um nur einige zu nennen, so Gazet van Antwerpen.
Boris Schmidt