Zweifel an der Richtigkeit wallonischer Waffenexporte nach Libyen, laxer Umgang mit Temposündern in Brüssel, der Schuldspruch im Fall des Polizistenmords an Kitty Van Nieuwenhuysen sowie die innenpolitische Lage in Belgien bestimmen heute Aufmacher- und Kommentarthemen der Inlandspresse.
Le Soir macht mit der Aufhebung wallonischer Waffenexportlizenzen durch den Staatsrat auf. Der entschied nach Angaben der Brüsseler Tageszeitung, dass die wallonische Region 2009 der Waffenschmiede FN Herstal nicht hätte erlauben dürfen, ihre Erzeugnisse an das Gaddafi-Regie in Libyen zu liefern.
Exporterlaubnis für wallonische Waffen nach Libyen Unrecht
Im Leitartikel heißt es hierzu: Diese Exporterlaubnis sei damals erteilt worden, als die Regionalregierung unter Rudy Demotte nur geschäftsführend im Amt war. Dies müsse verdeutlichen, dass eine solche Situation, wie man sie ja auch jetzt kenne, nicht ohne Risiko ist. Darüber hinaus lehre das Staatsratsurteil, dass der Export selbst einer geringen Anzahl leichter Waffen an Diktaturen nicht hätte erlaubt werden dürfen. Jetzt gelte es, möglichst schnell gesetzliche Regelungen auf den Weg zu bringen, um Waffenexporte der Wallonie restriktiver zu reglementieren.
Staatsanwaltschaft und Polizei schonen Temposünder
De Morgen macht heute mit der Verhaftung des ehemals starken Manns der Elfenbeinküste, Diktator Laurent Gbagbo, auf. Der hatte sich bis zuletzt geweigert, ein demokratisches Wahlergebnis anzuerkennen und die Macht abzugeben.
De Morgen beschäftigt heute aber noch ein anderes Thema, das ebenfalls auf der Titelseite zu finden ist: Der laxe Umgang der Polizei mit Temposündern in Brüssel. In Tempo 30-Zonen der Hauptstadt lösen Radarfallen den Informationen der Tageszeitung zufolge erst bei Tempo 57 aus, und dort, wo Tempo 50 gilt, wird erst ab 76 km/h geblitzt. Ein Brüsseler Polizeikommissar bestätigte De Morgen, dass dieses Vorgehen bereits seit einem Jahr praktiziert werde und auf Geheiß der Brüsseler Staatsanwaltschaft zustande kommt.
Im Leitartikel heißt es hierzu, dass Belgiens Justizminister zwar die zuständigen Staatsanwaltschaften zu einer Veränderung ihrer Haltung in dieser Sache auffordern könne, doch wüssten die Staatsanwaltschaft nur zu gut, dass Minister einer scheidenden Regierung nicht genügend Druck ausüben können, um die Situation zu verändern. So scheinen das Land und die Wirtschaft trotz einer nur noch die Amtsgeschäfte führenden Regierung weiter zu funktionieren, doch trüge dieser Schein.
Urteil im Mordprozess Kitty Van Nieuwenhuysen
L'Avenir fragt sich auf der Titelseite, welche Strafen im Mordprozess Kitty Van Nieuwenhuysen wohl verhängt werden. Jetzt, wo die drei Hauptangeklagten des Polizistenmords für schuldig befunden worden sind. Die drei Angeklagten würden heute oder morgen wohl mehr über die gegen sie verhängten Strafen erfahren. Eines stehe jedenfalls fest, so L'Avenir: Alle drei riskieren lange Freiheitsstrafen.
Auch Het Laatste Nieuws hat den Schuldspruch in diesem Mordprozess auf der Titelseite und meint, dass der von den Geschworenen nur auf Basis von Vermutungen gefällt wurde. Materielle Beweise habe es nicht gegeben.
Belgiens auflagenstärkste Zeitung geht heute aber auch der Frage nach, ob die Verhandlungsbemühungen von Wouter Beke noch Erfolgschancen haben. Niemand wisse, was zu tun sei, wenn Beke zu Ostern erfolglos seinen königlichen Auftrag beenden würde.
"Liebe für den Sünder"
Im Leitartikel geht die Zeitung heute derweil auf die Unterbringung des geständigen und inzwischen vom Amt des Bischofs zurückgetretenen Roger Vangheluwe in einem Kloster in Frankreich ein. "Einmal Monseigneur, immer Monseigneur" kommentiert das Blatt und kritisiert das Vorgehen der Kirche, die - egal wie schwer das Vergehen eines ihrer Angehörigen auch war - immer Mitgefühl predige. "Liebe für den Sünder" nenne der Papst dies. Allerdings, so der Leitartikler, werde aus Mitgefühl hier ein Alibi für Straffreiheit.
PS-Strategie: Mit Arbeitgebern die N-VA ausbooten
Das Wirtschaftsblatt L'Echo informiert auf Seite 1 heute unter anderem über ein Treffen der vier französischsprachigen Parteichefs mit dem flämischen Arbeitgeberverband VOKA. Eine Begegnung, bei der die französischsprachigen Parteivorsitzenden ihren Standpunkt zur Staatsreform verdeutlicht hätten.
Dieses Treffen greift Het Belang van Limburg im Leitartikel auf und meint, es gliedere sich in die PS-Strategie ein, mit der die N-VA isoliert werden soll. Die VOKA-angeschlossenen Unternehmer hätten gute Entrees bei den flämischen Parteien und könnten so indirekt auf diese einwirken. Das wolle die PS nutzen, um einen Keil zwischen CD&V und N-VA zu treiben. Die N-VA habe aber die Wahlen gewonnen, und deshalb sei eine Regierung ohne sie nur schwer möglich. So habe es der Wähler letzes Jahr gewollt.
Zur innenpolitischen Situation meint der Leitartikler in De Standaard heute, dass der Druck auf die Unterhändler wachse, ohne dass dies zu Resultaten führe. Gleichzeitig nehme die Unruhe bei der EU zur Situation in Belgien nicht ab. Es scheine, als würden sich alle Politiker mit Ausnahme von Wouter Beke langweilen. Es werde allerhöchste Zeit, dass Elio Di Rupo und Bart De Wever die Konturen eines Übereinkommens zeichneten.
La Libre Belgique bricht heute im Leitartikel eine Lanze für die Föderation Wallonie-Brüssel, die neue Bezeichnung der Communauté Française. Auch wenn diese neue Namensgebung hier und da für Ärger sorge, sei sie legitim, opportun und ambitioniert.
Gazet van Antwerpen schließlich macht heute mit der beunruhigenden Feststellung auf, das die Polizei im Land immer häufiger illegalen Waffenbesitz feststellen muss, und die Zahl verbotener Waffen, die hierzulande im Umlauf sind, besorgniserregend gestiegen sei.
Archivbild: Benoit Doppagne (belga)