"Ein Orkan der höchsten Kategorie nimmt Kurs auf Jamaika", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad. "Jamaika wappnet sich für Orkan Melissa", schreibt Het Laatste Nieuws. "Die Geschäfte sind leer, die Kirchen sind voll", sagt ein flämischer Auswanderer, der auf Jamaika wohnt, auf Seite eins von Gazet van Antwerpen. Hurrikan Melissa erreicht in diesen Momenten die Karibikinsel Jamaika. Es ist ein Monstersturm der Kategorie fünf. Das Rote Kreuz warnt vor "möglicherweise beispiellosen Folgen".
In vielen Zeitungen sieht man heute auch Fotos von König Philippe und Königin Mathilde, wie sie in Rom von Papst Leo XIV. empfangen werden. Königin Mathilde ist ganz in weiß gekleidet. Dieses Privileg haben nur katholische Ehefrauen von katholischen Königen. Alle anderen Frauen müssen in Gegenwart des Papstes in schwarz gekleidet sein. "Philippe und Mathilde haben dem Papst Pralinen mitgebracht", notiert Het Laatste Nieuws auf Seite eins.
Viele Leitartikler beschäftigen sich derweil mit dem offenen Brief einer Antwerpener Untersuchungsrichterin, die mit drastischen Worten vor den Auswüchsen der Drogenkriminalität warnt. Ihrer Ansicht nach ist Belgien im Begriff, in einen "Narco-Staat" abzugleiten.
Belgien steht an einem Scheideweg
"Das ist vielleicht ein bisschen übertrieben", meint Gazet van Antwerpen sinngemäß in ihrem Kommentar. Ein "Narco-Staat" sind wir noch nicht. Denn der illegale Drogenhandel hat noch nicht derartige Ausmaße erreicht, dass er wirklich entscheidenden Einfluss erlangt hat auf die Politik, die Wirtschaft oder die Gesellschaft. Die Staatsgewalt bekämpft die Drogenkriminalität nach wie vor mit aller Macht und verbucht auch täglich Erfolge. Und doch sollten wir die Warnungen nicht in den Wind schlagen. Es ist erwiesen, dass immer mehr Drogengeld in den legalen Wirtschaftskreislauf fließt. Und auch Korruption greift um sich. Das hat sich spätestens gezeigt, als ein Schöffe des Antwerpener Vororts Mortsel in einem Drogendossier festgenommen wurde. Von der Gewalt ganz zu schweigen, die zeigt sich quasi täglich in Brüssel und Antwerpen. Die Warnungen der Untersuchungsrichterin sind also bestimmt nicht aus der Luft gegriffen, zumal sie ja auch schon selbst unmittelbar bedroht wurde. Belgien steht zweifelsohne an einen Scheideweg. Und jetzt erst recht muss man wirklich alle Hebel in Bewegung setzten, um das Problem einzudämmen.
Het Laatste Nieuws sieht das ähnlich. "Nein, Belgien ist noch kein "Narco-Staat". Und wir haben hier auch noch nicht niederländische Verhältnisse, wo Journalisten, die über die Drogenkriminalität schreiben, auf offener Straße erschossen werden. Man erinnere sich nur an Peter R. de Vries. Die Betonung liegt aber auf dem Wörtchen "noch". Denn man kann nur feststellen, dass die Drogenkriminalität unsere Gesellschaft immer mehr vergiftet. Angefangen damit, dass wir uns langsam, aber sicher an die Gewaltexzesse gewöhnen. Berichte über Anschläge mit Kalaschnikows oder Handgranaten schockieren hierzulande niemanden mehr. Die Frage ist also nicht, ob der Staat bedroht ist, sondern wie er sich verteidigen kann. Das Problem ist, dass es da leider kein Wundermittel gibt.
"Safe House" ohne Betreuung
In dieser Problematik darf man nicht auf schnelle Erfolge hoffen, glaubt auch De Standaard. Dabei ist es allerdings befremdlich, dass der Staat es nicht schafft, all die kleinen Probleme aus der Welt zu schaffen, was noch dazu wenig Geld kosten würde. Aus dem offenen Brief der Untersuchungsrichterin geht etwa hervor, dass es keinerlei Ansprechpartner für sie gab. Sie wurde in einem "Safe House" untergebracht, aber alle damit verbundenen, praktischen Probleme musste sie selber lösen. Und eine psychologische Betreuung für sie und ihre Angehörigen gab es auch nicht. Es darf nicht sein, dass sich Magistrate im Stich gelassen fühlen; auf die Gefahr hin, dass sie am Ende nicht mehr funktionieren können. Das macht uns freilich noch nicht zu einem "Narco-Staat". Doch muss wirklich jeder begreifen, dass wir in einer neuen Zeit leben.
Chronische "Aufschieberitis"
De Morgen blickt seinerseits mit Kopfschütteln auf die laufenden Haushaltsgespräche. Jetzt gibt es also ein neues Ultimatum, konstatiert das Blatt sarkastisch. Kleiner Tipp: Man sollte jetzt bloß keine Wette abschließen, dass die Regierung tatsächlich am 6. November eine Einigung vorlegen kann. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gibt es keinen weißen Rauch. Das wäre allerdings kein Beinbruch. Eine Sanierung mit einem Volumen von zehn Milliarden, die beschließt man nicht über Nacht - gut Ding braucht Weile. Viel problematischer ist aber, dass auch das Sommerabkommen nach wie vor nicht umgesetzt wurde. Entscheidungen wie die Einführung einer Kapitalertragssteuer, die Rentenreform oder auch die künftige Vergütung von Nachtarbeit hängen weiter in der Luft. Den Betroffenen gegenüber ist das einfach nur respektlos. Hier zeigt sich: Auch diese Regierung leidet an einer hierzulande sehr verbreiteten Krankheit, nämlich an der chronischen "Aufschieberitis". Im vorliegenden Fall hat das noch die unerwünschte Nebenwirkung, dass die Haushaltsgespräche durch die noch nicht abgerundeten Reformen noch zusätzlich vergiftet werden. Schuld ist das ewige Misstrauen unter den Koalitionspartnern. Und das macht das Ganze am Ende zu einer traurigen Farce.
Dienstwaffe trotz psychischer Probleme
La Dernière Heure schließlich beschäftigt sich mit der Tragödie um die junge Polizistin aus Charleroi. Die 30-Jährige hatte in der vergangenen Woche ihrem Leben mit ihrer Dienstwaffe ein Ende gesetzt. Offensichtlich ging es in dem Fall am Ende doch nicht um einen Konflikt im Kollegenkreis, sondern um ein persönliches Problem. "Aber was ändert das?", fragt sich das Blatt anklagend. Denn auf eine Frage gibt es bislang keine Antwort: "Warum war Elisa nach wie vor im Besitz ihrer Dienstwaffe?". Die junge Frau litt unter schweren psychischen Problemen. Noch im vergangenen Sommer war sie für eine gewisse Zeit in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht. Das wäre doch Grund genug gewesen, ihr die Waffe zu entziehen. Nicht nur für die allgemeine Sicherheit, sondern besonders für ihre eigene.
Roger Pint