Die Folge ist, so die Balkenüberschrift auf der Titelseite von Le Soir, dass Premierminister Leterme dem Prinzen heute einen Verhaltenskodex vorlegen wird, an den er sich in Zukunft strikt zu halten hat. Weigert er sich, so kann er die jährliche Dotation von 312 000 Euro aus der Staatskasse definitiv vergessen.
Auch als Prinz hat man Pflichten
Kommentierend heißt es dazu in Le Soir, Laurent hat nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten. Zu seinem Fehlverhalten kommt im jüngsten Falle erschwerend hinzu, dass Belgien sich derzeitig in einer politisch äußerst prekären Lage befindet, in der es um die Zukunft des Landes geht.
De Standaard notiert im gleichen Kontext, an der Basis aller Probleme des Prinzen liegt das Geld, oder besser gesagt sein chronischer Geldmangel. Das Problem von Premierminister Leterme ist nicht zu unterschätzen. Er muss dem Prinzen Regeln auferlegen, die klipp und klar festhalten, dass ein Prinz, der vom Steuerzahler eine Dotation erhält, bei seinen öffentlichen Auftritten nur nach Rücksprache und Übereinstimmung mit der Regierung handeln darf. Allerdings fragt sich, was zu tun ist, wenn Laurent sich nicht daran hält. Im Prinzip muss ihm dann die Dotation gestrichen werden, doch dann ist er ein freier Mann, bleibt aber der Sohn des Königs, sodass die von ihm inszenierten Zwischenfälle auch ohne Dotation garantiert andauern werden.
Kaum Chancen, dass Laurent sich ändern wird
Die gleiche Befürchtung spricht auch Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel aus. Würde die Regierung dem Prinzen die Dotation wegnehmen und ihn somit von seinen Pflichten befreien, so wäre er außerhalb jeglicher Kontrolle eine noch größere Gefahr für das Ansehen des Landes. Dann nämlich würde er sich erst recht mit allen möglichen Präsidenten oder Diktatoren dieser Welt treffen, von denen er sich eine neue Einnahmequelle verspricht. Abschließend meint Het Laatste Nieuws, bisher hat sich Laurent an keinen einzigen Ruf zur Ordnung gehalten, und es gibt kaum Anzeichen dafür, dass er sich geändert hat.
De Morgen bezeichnet den Prinzen als weltfremd und unverbesserlich. Mit seinen jüngsten Eskapaden und Vorwürfen an die Adresse des Königshauses hat er es soweit gebracht, dass selbst sein Vater, König Albert, ihn offensichtlich fallen gelassen hat. Zu den Verhaltensregeln, die der Premier ihm heute auferlegen wird, zählen nach Ansicht der Zeitung strikte Vorschriften über seine künftigen Kontakte mit dem Ausland, eine Meldepflicht in Bezug auf seine Initiativen sowie nicht zuletzt das Verbot, künftig noch Geschäfte zu tätigen.
Eine Schande für das Königshaus
La Libre Belgique zufolge ist Prinz Laurent diesmal zu weit gegangen. Sein Fehlverhalten wirft ein schlechtes Licht auf die ganze königliche Familie, obwohl der König, Kronprinz Philip und Prinzessin Astrid sich geradezu exemplarisch verhalten. Durch sein Auftreten schwächt er darüber hinaus die Monarchie, die für die Zukunft des Landes einen wichtigen Trumpf darstellt. Deshalb muss der Prinz jetzt vor die Wahl gestellt werden: entweder er akzeptiert die mit seiner Rolle verbundenen Pflichten und Einschränkungen, oder er entscheidet sich dafür, ein ganz normaler Bürger zu sein, doch dann gibt es auch nicht mehr den geringsten Grund, ihm noch eine Dotation von über 300 000 Euro im Jahr zu gewähren.
Regierungsverhandlungen in der Sackgasse
Als einzige Zeitung widmet Gazet van Antwerpen heute ihren Kommentar nicht Prinz Laurent, sondern den Bemühungen im Hinblick auf die Bildung einer neuen Regierung. Dazu heißt es unter anderem, die Verhandlungen über eine neue und große Staatsreform sind total festgefahren. Die PS rechnet zwar noch immer damit, dass die N-VA den Verhandlungstisch verlässt, doch bisher hat sie sich dabei getäuscht. Man sollte auch nicht vergessen, dass die flämischen Christdemokraten weiterhin daran festhalten, dass De Wevers N-VA der neuen Regierung angehören muss. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird es eine Einigung in Sachen Staatsreform bis zum Sommer wohl nicht geben.
Dass die geschäftsführende Regierung Leterme unter diesen Umständen zeitlich unbegrenzt weiter regiert, ist in einem demokratischen Land im Prinzip nicht möglich. Somit bliebe eigentlich nur noch der Ausweg vorzeitiger Neuwahlen. Doch mit jeder Meinungsumfrage, die den flämischen Nationalisten der N-VA noch mehr Stimmen voraussagt, wird auch diese Möglichkeit immer unwahrscheinlicher. Im Grunde weiß niemand mehr, wie es noch weitergehen soll.
Bild:belga