Darüber hinaus geht es heute in der Tagespresse um ein fatales Schlagloch in Ostflandern, die Expansionspläne des belgischen Chemiekonzerns Solvay und eine geplanten Reform der Funktionsweise von Gemeinderäten.
"Krieg im Palast" titeln heute fast gleichlautend De Standaard und Het Nieuwsblad. Tatsächlich trägt das Königshaus seinen Familienkrach diesmal in aller Öffentlichkeit aus. Hintergrund ist die umstrittene Kongoreise von Prinz Laurent.
Für die Polemik darum macht der Prinz den Palast verantwortlich: Strippenzieher sei Jacques van Ypersele de Strihou, der Kabinettschef von König Albert II., der die Presse mit Einzelheiten versorgt haben soll. So zumindest lautet die Theorie des Sprechers von Prinz Laurent.
Diese Aussagen wurden vom Palast ausdrücklich als "Lügenmärchen" bezeichnet, wie unter anderem De Standaard bemerkt. In einer Mitteilung hieß es, der König sei durchaus wütend auf seinen jüngsten Sohn.
Familienstreit wird zur Staatsaffäre
Kommentierend meint Het Nieuwsblad dazu: Das Ganze ist absolut einmalig. Der Zwist beweist, wie ungelegen dem Palast die Polemik um Prinz Laurents Kongoreise kommt. Vollkommen zu Recht wird damit nämlich wieder die Debatte über die Dotation der Königskinder angestoßen. Doch ob er nun vom Staat Geld bekommt oder nicht: Prinz Laurent ist nun mal der Sohn des Königs. Er kann sich nicht erlauben, was er will. Wenn er das nicht schön findet, dann ist das sein Problem. Es gibt Leute, die ein härteres Lost zu tragen haben.
Ähnlich sieht das Het Laatste Nieuws. Der Familienstreit wird zur Staatsaffäre. Das Land hat schon genug Probleme, da kommt eine Diskussion über die Monarchie äußerst ungelegen. Das Königshaus kann nur funktionieren, wenn man sich im Rechtsrahmen bewegt, in enger Absprache mit Regierung und Parlament. Prinz Laurent ist bald fünfzig Jahre alt. Er muss doch einsehen, dass es Leute gibt, denen es deutlich schlechter geht als ihm.
"Föderation Wallonie-Brüssel" - eine Provokation?
Gemeinschaftspolitisch hängt derweil schon seit einigen Tagen der Haussegen schief. Grob zusammengefasst: Am Samstag bekräftigte der flämische Ministerpräsident Kris Peeters noch einmal die flämische Haltung, wonach Brüssel nie und nimmer eine vollwertige Region sein werde. Die Antwort der Frankophonen kam postwendend: Gestern beschlossen die vier demokratischen Parteien, die französische Gemeinschaft umzutaufen in "Föderation Wallonie-Brüssel". Hier handelt es sich um einen symbolischen Akt, bemerkt Le Soir auf seiner Titelseite. Schließlich geht es im Wesentlichen um eine Änderung des Sprachgebrauchs. Zugleich ist es aber auch ein starkes politisches Signal an die Adresse Flanderns.
Kommentierend meint das Blatt dazu: In gewisser Weise ist das Umtaufen in "Föderation Wallonie-Brüssel" auch Ausdruck des frankophonen Plan B: eines Staates, bestehend aus der Wallonie Brüssel. Man antwortet Flandern in der gleichen separatistischen Sprache. Und noch etwas: Die frankophone Front ist geschlossener denn je.
Auf flämischer Seite gibt es demgegenüber naturgemäß harsche Kritik. Man darf nicht vergessen, so etwa der Leitartikler in Gazet van Antwerpen, dass die Niederländischsprachigen in den meisten Brüsseler Gemeinden stiefmütterlich behandelt werden. In acht der 19 Gemeinden gibt es zum Beispiel noch nicht einmal niederländischsprachige Grundschulen. Was würde also passieren, wenn gewisse Gemeinschaftsmaterien an den Brüsseler Region übertragen würden? Dann würde die Marginalisierung der Brüsseler Flamen nur noch weiter vorangetrieben.
Het Belang van Limburg versteht indes nicht, worauf die Frankophonen hinaus wollen: Man plädiert für ein Belgien der drei Regionen, beschließt aber zugleich eine faktischen Zusammenschluss von Brüssel und der Wallonie. Die Brüsseler müssen wissen was sie wollen: Wenn man den Anschluss an die Wallonie sucht, dann kann man schwerlich die Flamen um Geld bitten.
Doch auch die frankophone Regionalzeitung L'Avenir ist nicht glücklich mit der Entscheidung. Der Begriff "Föderation Wallonie-Brüssel" unterschlägt regionale Tatsachen: Auf der einen Seite die Deutschsprachigen, auf der anderen Seite die Brüsseler Flamen. Dass die Frankophonen signalisieren wollen, dass sie wütend sind, ist eine Sache, das geht aber auch eleganter.
Wouter Beke mit leeren Händen?
Das Klima könnte also besser sein für den königlichen Verhandlungsführer Wouter Beke. Beke versucht ja schon seit einem Monat, doch noch ein gemeinschaftspolitisches Abkommen auf die Beine zu stellen. Bislang steht er aber mit leeren Händen da, notiert La Libre Belgique auf ihrer Titelseite.
Und auch De Standaard ist im Leitartikel wenig optimistisch: Wenn Beke auf dem richtigen Weg wäre, dann müsste man das eigentlich merken. Dann hätten nämlich die Parteien schon damit begonnen, ihre Basis auf den Inhalt vorzubereiten. Stattdessen kann man im Augenblick aber nur Muskelspielchen beobachten.
Tödliches Schlagloch
Het Laatste Nieuws und Het Nieuwsblad berichten heute in großer Aufmachung über einen tragischen Verkehrsunfall, bei dem im ostflämischen Waasmunster ein 49-jähriger Mann ums Leben kam. Ursache war erwiesenermaßen ein übergroßes Schlagloch. Vor diesem Hintergrund könnte sogar die flämische Straßenbauministerin Hilde Crevits für das Unglück strafrechtlich verantwortlich gemacht werden.
Verkehrte Welten
L'Echo und La Libre Belgique widmen sich ihrerseits der geplanten Übernahme eines französischen Konkurrenten durch den belgischen Chemiekonzern Solvay. Gesamtvolumen der Transaktion: 3,4 Milliarden Euro. Endlich ist es mal umgekehrt, lobt La Libre Belgique. Endlich ist ein belgischer Betrieb einmal nicht das Opfer, sondern der Akteur. Solvay steht aber nur stellvertretend für eine ganze Reihe von Unternehmen, die unabhängig geblieben sind, und die es damit geschafft haben, ihr Entscheidungszentrum in Belgien zu halten.
L'Avenir schließlich widmet seine Titelseite einer Idee, die nun auch in der Wallonie die Runde macht. Demnach könnten Gemeinderäte schon ab 2012 nicht mehr vom Bürgermeister geleitet werden, sondern von einem Ratsmitglied. Der Bürgermeister kann schließlich nicht zugleich Vorsitzender der Exekutive und der Legislative sein.
Bild: Bas Bogaerts (belga)