"Israel tötet sechs Journalisten, darunter bekanntes Al-Dschasira-Gesicht", schreibt Gazet van Antwerpen auf Seite eins. "Neuer Tiefpunkt in Gaza: Israelische Armee tötet sechs Journalisten", titelt Het Belang van Limburg. "Israel tötet zielgerichtet sechs Journalisten in Gaza", unterstreicht Het Laatste Nieuws. "Warum hat Israel ausgerechnet jetzt Anas al-Scharif getötet, den bekanntesten Journalisten Gazas?", fragt De Standaard. "Knapp vor der neuen Offensive zum Schweigen gebracht", liest man bei Het Nieuwsblad. "Tödlicher Angriff auf Journalisten: 'die letzte Stimme, die der Welt noch erzählte, was in Gaza passiert'", so De Tijd.
Das war vorsätzlicher Mord, klagt De Tijd in ihrem Leitartikel an. Das israelische Militär nimmt auch nicht nur gezielt Journalisten ins Visier, sondern auch Mitarbeiter von Hilfsorganisationen. Dutzende von ihnen sind in Gaza bereits getötet worden. In beiden Fällen versucht Israel, unabhängige Stimmen einzuschüchtern und auszuschalten. Wenn niemand mehr erfährt, was in einem hermetisch abgeriegelten Gebiet passiert, wird die Gefahr für die Zivilbevölkerung nur noch größer. Die Hinrichtung von al-Scharif und seinen Kollegen ist der x-te Beweis für Netanjahus zynische Machtpolitik. Dass er dabei auf so wenig internationalen Widerstand stößt, ist noch einmal ein Drama in einem Drama, prangert De Tijd an.
Menschliches Drama und Schlag für die Pressefreiheit
Der Vorwurf, dass al-Scharif getötet wurde, damit die Welt möglichst wenig von der kommenden Offensive der israelischen Armee mitbekommt, scheint plausibel, kommentiert De Standaard. Während Netanjahu immer wieder die Hamas der Lüge bezichtigt, tut er selbst alles, um die Wahrheit zu verbergen. Al-Scharif ist ja auch kein Einzelfall, Israel hat bereits über 200 palästinensische Journalisten getötet. Das ist nicht nur menschlich eine Tragödie, das ist auch ein schwerer Schlag für die Pressefreiheit. Mit jedem umgebrachten Journalisten ist eine Stimme mehr verstummt, die das Leiden der Bewohner Gazas für die Welt sichtbar machte. Dass Israel in dieser Hinsicht dem Beispiel Russlands folgt, ist eine Schande für ein demokratisches Land, urteilt De Standaard.
Anas al-Scharif hat über die Gräuel berichtet, die Israel in Gaza anrichtet, hält Het Laatste Nieuws fest - eine Leistung, die nur noch sehr wenige für sich beanspruchen konnten, denn Journalisten in Gaza riskieren ihr Leben. Und ausländische Journalisten lässt Israel ohnehin nicht in das Gebiet hinein. Die einzige Chance für die internationale Presse, vielleicht so etwas wie einen kurzen Blick auf das verwüstete Gaza zu erhaschen, ist von Bord der Flugzeuge aus, die Hilfsgüter für die Palästinenser abwerfen. Und so ein Land soll offiziell unser Verbündeter sein? Von Verbündeten sollten wir als Europäische Union und Belgien Besseres erwarten. Aber Premierminister De Wever schweigt. Ist Belgien wirklich so im Reinen mit sich selbst und seinem Verbündeten Israel, dass es nichts zu sagen hat? Hoffentlich nicht!, giftet Het Laatste Nieuws.
Der belgische Premier schweigt
Dass der israelische Premierminister Netanjahu jetzt sogar Pressekonferenzen gibt, um die Bilder ausgehungerter Kinder in Gaza als Fake News abzutun, zeigt, wie frei der Mann mittlerweile dreht, schreibt Het Belang van Limburg. Glaubt er denn wirklich, dass er damit davonkommen wird? Aber ja, wenn es nach Europa geht, dann wird ihm das gelingen. Denn die Europäer schaffen es noch nicht mal, sich auf die lächerlichsten Sanktionen gegen Israel zu einigen. Europa braucht wirklich niemandem noch irgendwelche Lehren erteilen zu wollen in Sachen Menschenrechte. Ein Importverbot für Produkte aus den besetzten Gebieten, ein Einreiseverbot für extremistische Mitglieder der israelischen Regierung, eine Anerkennung Palästinas als Staat - für all das bräuchte Belgien die Europäische Union nicht mal. Hat Belgien überhaupt einen Standpunkt? Kennt ihn jemand? Vielleicht sollten wir mal die Elefanten in Südafrika fragen, wo Premierminister Bart De Wever ja im Urlaub ist, frotzelt Het Belang van Limburg.
Trump und Putin bedrohen auch Europa
Das GrenzEcho blickt auf das geplante Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin über eine mögliche Friedenslösung im Ukraine-Krieg: In Europa wächst die Nervosität. Die EU-Außenminister berieten am Montag, wie sich die Union positionieren soll - inmitten einer hitzigen Diskussion über mögliche Gebietsabtretungen an Russland. Nato-Generalsekretär Mark Rutte deutet an, dass territoriale Fragen nach einer Waffenruhe kaum zu umgehen sein werden. Kiew lehnt dies entschieden ab. Am Ende kann Solidarität nur dann bestehen, wenn dieser Krieg in eine Vereinbarung mündet, die der Ukraine nicht als Diktat aufgezwungen wird und zugleich Spielraum lässt, Russland in eine künftige europäische Sicherheitsarchitektur einzubinden. Einen solchen Ausgleich zu erreichen, wird jedoch eine der größten politischen Herausforderungen unserer Zeit sein, ist das GrenzEcho überzeugt.
Als die Europäische Union Anfang des Monats zu einem für sie wenig vorteilhaften Handelsabkommen mit den Vereinigten Staaten kam, hieß es, dass die Trump-Regierung alles auf den Verhandlungstisch geknallt hatte, erinnert De Morgen. Die USA wollten sogar die Unterstützung der Ukraine einstellen, falls Europa nicht nachgeben sollte. Also gab Europa widerwillig nach. Und jetzt, knapp zwei Wochen später, hat Trump sein Engagement für die Ukraine schon wieder vom Tisch gefegt. Für Putin ist der anstehende Gipfel in Alaska bereits jetzt ein diplomatischer Triumph - nicht zuletzt, weil der ukrainische Präsident Selenskyj nicht mal dazu eingeladen ist. Und Europa droht eine erneute geopolitische Erniedrigung. Wieder einmal zeigt Trump, was für ein unberechenbarer und verräterischer sogenannter "Verbündeter" er ist. Skrupellos nutzt er die europäischen Schwächen aus. Sein Endziel ist, die EU als politisches Projekt und als wirtschaftlichen Konkurrenten niederzumachen. Und wenn Trump und Putin gemeinsame Sache machen, wird es gefährlich - nicht nur für die Ukraine, sondern für ganz Europa. Denn sobald sich Putin militärisch wieder erholt haben wird, könnte er weitere europäische Ziele ins Fadenkreuz nehmen, warnt De Morgen.
Boris Schmidt