Vor allem die flämischen Blätter beleuchten außerdem den offenen Krieg zwischen den beiden großen Gewerkschaften CSC und FGTB.
Ebenfalls zu lesen sind heute drei bemerkenswerte Interviews mit cdH-Chefin Joëlle Milquet, dem flämischen Ministerpräsidenten Kris Peeters, und mit Prinz Laurent.
"Fußball-Playoffs beginnen nun doch" titelt heute Het Belang van Limburg. Für Gazet van Antwerpen "negiert der Fußballbund die Justiz". "Der Fußball ist stärker als das Gesetz", meint L'Avenir auf Seite 1. Und das Grenz-Echo fasst es mit einer Schlagzeile zusammen: "Belgiens Fußball immer absurder: AS Eupen siegt - gespielt wird trotzdem".
Chaos im Fußball um AS-Klagen
Die Paragraphenschlacht im belgischen Fußball hat gestern ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht. Viele Blätter zeichnen den Film des gestrigen Chaostages nach. Erst setzt das Gericht in Eupen die Begegnungen von Eupen und Lierse aus, unter Androhung eines Zwangsgeldes von 500.000 Euro.
Später entschieden Pro-League und Fußballbund, sich über den Richterspruch hinwegzusetzen und die Spiele doch austragen zu lassen. Dabei nimmt man eben die Zahlung besagter 500.000 Euro in Kauf. "Schluss mit der Polemik - jetzt wird gespielt", meint denn auch La Dernière Heure. Die Frage ist allerdings, ob es da nicht noch eine Last-Minute-Überraschung geben wird. In den nächsten Stunden könnte die AS Eupen womöglich noch einen letzten Versuch starten, um doch noch ihr recht geltend zu machen. Auch Le Soir ist sich sicher: "Der Zirkus ist noch nicht vorbei."
"Rechtsbrecher"
Viele Zeitungen widmen der Saga um die AS-Klagen heute auch einen Kommentar. Das Grenz-Echo etwa bezeichnet den Fußballverband als "Rechtsbrecher". Man ist sprachlos, ob der Dreistigkeit und Arroganz von Pro-League und Union Belge. Dass sie sich einfach über ein Gerichtsurteil hinwegsetzen, zeigt, wes Geistes Kind sie sind. Muss die Justiz tatenlos hinnehmen, dass sie derart auf den Arm genommen wird? Wäre es jetzt nicht an der Zeit, dass die DG, die ja zuständig für den Sport ist, eine Initiative ergreift?
Ähnlich sieht das L'Avenir: Der Fußball stellt sich über das Gesetz. Der Verband legt einen entwaffnenden Pragmatismus an den Tag, nach dem Motto: "Dann zahlen wir eben das Zwangsgeld, nicht zu spielen wäre teurer." Eine solche Rechtsauffassung kann nur nachdenklich stimmen.
Gesetz vs Esprit
"Seid ihr vollkommen verrückt geworden?" fragt sich indes La Libre Belgique. Die jüngsten Ereignisse sind jedenfalls die Krönung der Absurdität. Doch muss man nuancieren: Der Eupener Richterspruch ist ohne Zweifel die einzig logische Entscheidung. Doch muss man festhalten: Allein durch die Tatsache, dass Eupen die Justiz eingeschaltet hat, wird eigentlich der Esprit des Sports mit Füßen getreten. Fußball wird nicht mehr mit Füßen sondern mit Argumenten gespielt. Hier geht es nicht mehr um sportliche Ergebnisse, sondern um Paragraphen. Und diktiert wird das Ganze von finanziellen Interessen.
Für Het Laatste Nieuws wird der Fußballverband dem eigentlichen Esprit gerecht. Die AS Eupen hat versucht, durch die bürokratische Hintertür das zu erreichen, was ihr sportlich nicht gelungen ist. Dass die Fußballverantwortlichen dem jetzt einen Riegel vorschieben, ist damit eigentlich lobenswert: Der Fußball und sein entnervtes Publikum sind gerettet.
Malaise
Gazet van Antwerpen fühlte sich bei all dem indes an einen schlechten Aprilscherz erinnert. Die Play-Offs haben noch nicht begonnen, da herrscht schon das totale Chaos. Die Schuld daran trägt aber nicht allein ein Richter aus dem hintersten deutschsprachigen Winkel des Landes. Dessen Urteil ist eigentlich nur Ausdruck einer schon seit längerer Zeit im belgischen Fußball vorherrschenden Malaise. Schon seit Jahren leide der Fußball unter einem Wildwuchs von gerichtlichen Prozeduren aller Art. Der Fußball ist de facto "unregierbar" geworden. Einzige Lösung wäre ein unabhängiges Sportgericht.
So lautet auch die Forderung von La Dernière Heure. Wir stehen am Ende einer denkwürdigen Saison. Jene Fußballbosse, die viel zu oft das Geschehen vom Rasen auf den grünen Tisch verlagern wollen, sollten endlich zur Räson kommen. Um dem Sport seine Ethik zurückzugeben, wird es höchste Zeit, ein Schiedsgericht zu schaffen. Wenn das gelingt, dann war diese Alptraumsaison nicht ganz umsonst.
"Offener Krieg zwischen CSC und FGTB"
Die großen flämischen Zeitungen berichten heute ausgiebig über eine Konflikt zwischen den beiden großen Gewerkschaften. "Offener Krieg zwischen CSC und FGTB" titelt heute De Morgen. Tatsächlich hat der sonst so besonnene CSC-Chef Luc Cortebeeck gestern einen Frontalangriff auf die rote Konkurrenz gestartet, wie unter anderem auch De Standaard und Het Nieuwsblad hervorheben. Hintergrund: Auf dem Terrain werden anscheinend CSC-Mitglieder verstärkt von den FGTB-Kollegen "beleidigt, lächerlich gemacht, unter Druck gesetzt". Ursache ist wohl vor allem die unterschiedliche Reaktion der beiden großen Gewerkschaften auf das Rahmentarifabkommen. Der Streit kommt nicht von ungefähr, meint De Standaard in seinem Leitartikel. Das Problem ist nämlich, dass sich beide Gewerkschaften in wesentlichen Punkten einig sind. Doch gibt es einen Unterschied: Traditionell wollen die Roten anklagen, während die Grünen lösungsorientiert sind. Die beiden Gewerkschaften sollten das Kriegsbeil aber schnell begraben. Aansonsten werden Lösungen für brennende Probleme, wie etwa die Rentenproblematik, unmöglich gemacht.
Ähnlich sieht das De Morgen in seinem Leitartikel: Ob man Gewerkschaften nun mag oder nicht, sie spielen in unserem sozialen Model immer noch eine tragenden Rolle. Statt sich gegenseitig zu zerfleischen, um sich Marktanteile abzuringen, sollten die Gewerkschaften aber nicht den Blick auf die Realität verlieren: Sie haben allesamt ein Nachwuchsproblem. Viele junge Leute betrachten Gewerkschaften allenfalls als Stauverursacher. Die Arbeitnehmerorganisationen sollten aufpassen, dass sie nicht irgendwann in Belanglosigkeit versinken.
Milquet und Peeters sprechen über die Krise
De Standaard und Le Soir bringen heute ein ausgiebiges Interview mit CDH-Chefin Joëlle Milquet. Die bezeichnet die seit Monaten andauernde innenpolitische Blockade als eine Art von permanentem Staatsstreich: Man hindert den Staat daran, zu funktionieren. Das Angebot der Frankophonen über eine neue Staatsreform bezeichnet Milquet als "historisch". Nur gebe es da ein Verfallsdatum: Wenn es bis Ende des Sommers keine Einigung gibt, dann läuft frankophone Offerte ab.
La Libre Belgique bringt heute ein ausgiebiges Interview mit dem flämischen Ministerpräsidenten Kris Peeters. Für den gibt es keinen Zweifel: Brüssel wird nie eine vollwertige Region sein. Es ist die Hauptstadt beider großen Sprachgemeinschaften, und die werden beide auch in Zukunft ein Wörtchen mitzureden haben.
Prinz Laurent: ein Opfer?
Le Soir veröffentlicht heute die Reaktion von Prinz Laurent auf die Polemik um seine Kongoreise. Auf die Vorwürfe geht der Prinz nicht ein. Er sieht sich in erster Linie als das Opfer einer Medienhatz und wünscht sich, dass sein Engagement für die Umwelt mehr gewürdigt wird.
Het Laatste Nieuws widmet der Polemik um den Prinzen einen bemerkenswerten Kommentar. Man muss Verständnis aufbringen für einen Prinzen, der erwiesenermaßen keine Aussichten auf den Thron hat, und der auf der Suche nach einem Sinn für sein Leben ist. Es ist nicht verboten, sich um Prinz Laurent Sorgen zu machen.
Bild: Michel Krakowski (belga)