"Finaler Salto", titelt Le Soir. "Nina Derwael hat ausgeschwungen", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad und Gazet van Antwerpen. "Nach elfmal Gold ist Schluss", schreibt das GrenzEcho auf Seite eins.
Nina Derwael hat ihr Karriereende bekannt gegeben. "Und das nur vier Tage nach ihrer Hochzeit", bemerkt unter anderem La Dernière Heure. Die Weltklasseturnerin hat in ihrem Sport wirklich alles gewonnen: Olympiasiegerin, zweimal Weltmeisterin und vierfache Europameisterin. "Schöner kann es nicht mehr werden", glaubt Het Laatste Nieuws. Nina Derwaels Paradedisziplin, das war der Stufenbarren. Die Ausnahmesportlerin ist inzwischen 25 Jahre alt. "Sie war die anmutigste aller belgischen Champions", so jedenfalls die Ansicht von De Morgen.
"Jan Jambon will den Pensionsmalus schneller steigen lassen", so derweil die Aufmachergeschichte von De Tijd. Het Laatste Nieuws wird konkreter: "Noch weniger Rente für Menschen, die zu früh aus dem Arbeitsleben ausscheiden", so die Schlagzeile. Der N-VA Vizepremier Jan Jambon will Korrekturen an seinen Rentenplänen vornehmen. Konkret will er dafür sorgen, dass es finanziell noch unattraktiver wird, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen. Diese Verschärfung des sogenannten Pensionsmalus könnte in das Sommerabkommen einfließen, an dem die Regierung gerade arbeitet.
Zwischen Hammer und Amboss
Apropos: Ein Kapitel dürfte auch den Öffentlichen Sozialhilfezentren gewidmet sein. Die Föderalregierung hat ja versprochen, die ÖSHZ zu entlasten mit Blick auf die geplante Streichung der Arbeitslosenunterstützung für Tausende Erwerbslose. "Die kommenden Tage sind für die Öffentlichen Sozialhilfezentren entscheidend", ist denn auch L'Avenir überzeugt. Bisher sieht die Regierung etwas mehr als 230 Millionen Euro vor, um die Folgen der zeitlichen Befristung des Arbeitslosengeldes abzufedern. "Viel zu wenig!", erwidern aber die Gemeinden und Sozialhilfezentren. Denn: Schon jetzt steht vielen dieser Ämter das Wasser bis zum Hals. "Die Sozialassistentinnen und Sozialassistenten sind müde", sagte unlängst noch der frühere Vorsitzende der wallonischen ÖSHZ. Auf der einen Seite wird der Aufgabenbereich der Ämter ständig erweitert, auf der anderen Seite werden die Nöte der Kunden immer größer. Resultat: Die ÖSHZ-Beschäftigten fühlen sich immer mehr zwischen Hammer und Amboss. Wir brauchen also eine viel breiter gefasste Debatte über die Zukunft der Sozialhilfezentren. Denn hier geht es letztlich um den sozialen Zusammenhalt.
Morddrohungen in der Drogenmetropole Brüssel
"Empört euch", fordert derweil Le Soir in seinem Leitartikel. Dabei geht es aber nicht um die Zukunft der ÖSHZ, sondern um die jüngsten Morddrohungen gegen den Prokurator des Königs von Brüssel, Julien Moinil. Der 39-jährige Magistrat ist erst seit sechs Monaten im Amt. Ende Juni wurde er unter Polizeischutz gestellt. Seit einigen Tagen gilt für ihn Bedrohungsstufe vier, also das höchste Niveau. Damit erreicht der "war on drugs" jetzt eine neue Ebene, meint Le Soir. Die Drogenmafia will jetzt also eins der wichtigsten Gesichter im Kampf gegen die Drogenkriminalität einfach ausschalten, ermorden. Und was macht die Politik angesichts dieser doch extrem schockierenden Situation? Sie schweigt. Auf Anfrage erklärte Innenminister Bernard Quintin lediglich, dass wir "dem Prokurator Respekt zollen müssen". Das ist ein bisschen wenig. Man denke nur an die Ermordung der Richter Falcone und Borsellino durch die Cosa Nostra in Italien 1992. Man kann nur hoffen, dass Belgien jetzt nicht zu spät reagiert. Deswegen braucht es jetzt einen wirklichen Aufschrei.
"Man muss der Realität ins Auge sehen", glaubt auch Het Laatste Nieuws: "Die Drogenmafia hat das Land im Würgegriff". Im Grunde ist es bittere Ironie: Je härter man gegen die Drogenkriminalität auftritt, desto gefährlicher wird es. Das wissen wir spätestens, seit belgische Ermittler das Kommunikationsnetzwerk Sky ECC geknackt haben, das ja vornehmlich von der Drogenmafia genutzt wurde. Laut Experten war das der Hauptgrund für die Gewaltexplosion in Antwerpen und dann auch in Brüssel. Unsere Hauptstadt wird inzwischen schon in einem Atemzug genannt mit Drogenmetropolen wie Marseille oder Neapel. Prokurator Julien Moinil ist in kürzester Zeit zur Speerspitze im Kampf gegen die Drogenmafia geworden. Er verdient den bestmöglichen Schutz und vor allem die bedingungslose Unterstützung durch die Politik.
"Habemus doch kein Abkommen"
Einige Zeitungen blicken auch weiter kopfschüttelnd auf die Brüsseler Regionalpolitik. Nach einem kurzzeitigen Hoffnungsschimmer haben sich die Parteien bei ihrer Suche nach einer Regierungskoalition für die Hauptstadtregion wieder hoffnungslos festgefahren.
"Habemus Abkommen", hieß es noch vor einigen Tagen, frotzelt L'Echo in seinem Kommentar. MR-Chef Georges-Louis Bouchez verkündete stolz, dass man einen Weg gefunden habe, die N-VA quasi durch die Hintertür an der Regionalregierung zu beteiligen. Tags darauf wurde aber schon deutlich, dass die PS das irgendwie anders verstanden hatte. Resultat: "Habemus nichts". Irgendjemand lügt in dieser Provinzposse. Es ist ein Bluffpoker ohne Gewinner. Und Brüssel weint.
La Libre Belgique sieht das ähnlich. Man muss Georges-Louis Bouchez zugutehalten, dass er zumindest nach einem Ausweg aus der Krise sucht. Und sein Winkelzug hätte durchaus funktionieren können. Er bot zumindest die Möglichkeit, dass jeder sein Gesicht wahren konnte, was ja schon mal ein guter Anfang ist. Die anderen haben aber gleich wieder diesen Strohhalm ausgeschlagen, allen voran der Brüsseler PS-Spitzenpolitiker Ahmed Laaouej. Hier fehlen langsam die Worte. Das ist nicht mehr grotesk oder unverantwortlich, das ist einfach nur niveaulos.
Roger Pint