"Trump gibt Putin 50 Tage für Waffenstillstand und schickt neue Waffen in die Ukraine", titelt Gazet van Antwerpen. "Trumps außenpolitische Wende: Druck auf Russland, um Friedensabkommen zu schließen", schreibt De Tijd. "Trump wendet sich dann doch gegen Putin", liest man bei Het Belang van Limburg. "Rutte und Trump vereinbaren neuen Waffendeal für die Ukraine", so Het Laatste Nieuws. "Trump liefert der Ukraine Waffen, aber Europa muss bezahlen", stellt Het Nieuwsblad klar.
Die Leitartikel befassen sich allerdings nicht mit Trumps angeblichem Sinneswandel Putin gegenüber, sondern weiter mit seinen jüngsten Zolldrohungen gegen Europa. Wie umgehen mit den ewig neuen Strafzoll-Drohungen aus dem Weißen Haus?, fragt das GrenzEcho. Ungeachtet der Einschätzung, was die Hintergründe des neuerlichen Manövers sind, bröckelt die Einheit in Europas Schaltzentralen. Während die einen um jeden Preis eine scharfe Reaktion der EU verhindern wollen, mit massiven Gegenzöllen und Einfuhrbeschränkungen, wird der Geduldsfaden andernorts merklich dünner. Kein Wunder: Bislang haben die unzähligen Gesprächsrunden wenig Konkretes zutage gefördert. Im Gegenteil: Trump zündelt weiter und treibt die europäischen Partner vor sich her. Die Hoffnung, dass eine europäisch koordinierte Antwort den US-Präsidenten zur Vernunft bringt, bleibt unsicher – zumal er immer wieder gezeigt hat, dass er politische und wirtschaftliche Partner nicht als Verbündete, sondern als Rivalen betrachtet. Das bedeutet für Europa: Es muss dringend klären, wofür es stehen will – und wie weit es bereit ist zu gehen – um die ureigenen Interessen zu schützen, betont das GrenzEcho.
Der einzig gangbare Weg Trump gegenüber
Es gibt keine perfekte Antwort auf Trumps Drohungen, scheint die Wirtschaftszeitung L'Echo einzuhaken, jede Variante birgt Risiken. Auge um Auge zurückzuschlagen mit Gegenzöllen würde die Gefahr einer fatalen Eskalationsspirale erhöhen. Aber Trump Honig ums Maul zu schmieren und seine Forderungen zu akzeptieren, wäre ein Eingeständnis der Schwäche. Und das ist etwas, was man absolut vermeiden sollte bei so einem Mann. Es ist ja hinlänglich bekannt, wie er mit denen umgeht, die er als "schwach" betrachtet. Die aktuelle europäische Herangehensweise, dieses subtile Gleichgewicht zwischen den beiden Optionen, scheint der einzig gangbare Weg. Also Kompromisse zu akzeptieren, ohne zu viele Zugeständnisse zu machen, sich bereit zeigen, entschlossen zu antworten, ohne das blind zu tun, meint L'Echo.
Das "Ei des Bouchez"
Das Hauptthema für die Kommentatoren sind jedoch die Brüsseler Regierungsverhandlungen. Der Chef der frankophonen Liberalen MR, Georges-Louis Bouchez, hatte am Wochenende eine neue Konstruktion vorgeschlagen. Er will einer den flämischen Nationalisten von der N-VA nahestehenden, aber nicht angehörenden Person den Posten eines Staatssekretärs geben. Das würde der N-VA Einfluss auf die Brüsseler Politik geben, ohne dass sie technisch betrachtet der Regierung angehört. Damit will Bouchez das Veto der Brüsseler frankophonen Sozialisten PS umgehen gegen eine Regierungsbeteiligung der N-VA. Gleichzeitig würde diese Option den flämischen Liberalen Open VLD erlauben, in eine niederländischsprachige Mehrheit einzutreten, ohne dass die N-VA außen vor bliebe.
Eine einfache, aber geniale Lösung für ein scheinbar unlösbares Problem bezeichnet man ja als "Ei des Kolumbus", erinnert De Tijd. In der Politik bedeutet das vor allem, dass niemand das Gesicht verlieren darf. Dass solche Taschenspielertricks offenbar nötig sind, müssen wir wohl einfach hinnehmen, zum jetzigen Zeitpunkt können wir uns nicht mehr erlauben, wählerisch zu sein. Aber am Ende wird nicht die Konstruktion zählen, sondern der Inhalt. Damit es in Zukunft überhaupt noch so etwas wie eine Brüsseler Politik geben kann, werden massive Einsparungen und Reformen notwendig werden. Und die große Frage ist, ob das mit der PS überhaupt möglich sein wird. Welches Schicksal erwartet das "Ei des Bouchez" also? Ein Platz in den Geschichtsbüchern? Oder im Brüsseler Kartoffelbrei?, so De Tijd.
Noch steht das Brüsseler Ei des Kolumbus nicht, bleibt De Standaard beim gleichen Bild, Bouchez' Zauberspruch hat noch nichts bewirkt. Aber immerhin wird wieder miteinander gesprochen. Selbst wenn das bis auf Weiteres nur auf bilateraler Ebene passiert, um die offensichtlichen Interpretationsunterschiede auszubügeln. Nach 400 Tagen Unvermögen darf das jetzt nicht wieder schiefgehen. Notfalls muss das als Sprungbrett für eine noch albernere Lösung dienen. Weil selbst wenn es jetzt zu einem Durchbruch kommen sollte, wird es mindestens bis zum Herbst dauern, bis eine Regierung steht. Und jede weitere Verzögerung ist absolut unverantwortlich angesichts der finanziellen Schieflage der Region. Durch die schwierige Geburt ist ohnehin zu befürchten, dass die Beziehungen sehr angespannt sein werden, merkt De Standaard an.
Bald lohnt sich die Mühe wirklich nicht mehr
Der Brüsseler Zirkus zieht weiter, seufzt derweil Het Nieuwsblad. Sonntagabend war noch die Rede von einem Durchbruch, Montagmittag musste das erste Treffen schon wieder verschoben werden. Denn offenbar hatten die N-VA und die PS Bouchez' Vorstoß unterschiedlich interpretiert. Das zeigt, wie wacklig das Ganze ist. Und wie lang der Weg noch ist zu einer vollwertigen Regierung. Und dennoch ist das die letzte Chance, unterstreicht Het Nieuwsblad.
Der Parteien-Mix, der jetzt auf dem Tisch liegt, ist sogar noch bunter als bei der Vivaldi-Regierung, hält De Morgen fest. Und das verheißt wenig Gutes in puncto Einigkeit und am gleichen Strang ziehen. Aber egal wie: Wir können uns den Luxus weiterer unendlicher Verhandlungen einfach nicht mehr leisten. Von den fünf Jahren der Legislatur bleiben weniger als vier. Bald lohnt sich die Mühe wirklich nicht mehr, wettert De Morgen.
Boris Schmidt