"Ex-Schüler (21) tötet zehn Menschen an österreichischer Schule", titelt Het Laatste Nieuws. "21-jähriger Schütze richtet Blutbad an seiner alten Schule an: mindestens elf Tote", schreibt Gazet van Antwerpen. "Tragödie: Nach Amoklauf an Schule in Graz – ganz Österreich unter Schock", so das GrenzEcho. "Wie soll man diese Massaker an Schulen erklären", fasst L'Avenir den Fokus weiter. "Dramen in Österreich und Frankreich: Drei Mal mehr Waffen an unseren Schulen in zehn Jahren", schlägt La Dernière Heure Alarm.
Die Einschläge kommen immer näher
Im Gegensatz zu Amerika hat sich Europa noch nicht an diese Art von Tragödien gewöhnt, hält La Dernière Heure in ihrem Leitartikel fest. Aber egal ob nun in Graz in Österreich oder in Nogent in Frankreich – die Angst nach den jüngsten Dramen an Schulen ist die gleiche: Es ist die Furcht vor Gewalt an den Orten, an denen unsere Kinder lernen und sich entfalten sollen. Die Ursachen für den Hass sind meist komplex. Wir dürfen in jedem Fall nicht in eine Psychose verfallen. Aber wir dürfen auch nicht die Hände in den Schoß legen und hoffen, dass so etwas nur woanders passiert. Denn die Einschläge kommen immer näher, warnt La Dernière Heure.
Frankreich, Kroatien, Schweden…, zählt L'Avenir auf: Schon in den vergangenen Monaten ist es auch in Europa immer wieder zu blutigen Tragödien an Schulen gekommen. Es ist ein Phänomen, das uns zum Nachdenken zwingen muss. Denn die Schulmassaker scheinen der Spiegel einer allgemeineren Malaise unserer Gesellschaft zu sein. Man muss es sagen, wie es ist: Nicht die Schulen sind schuld, sondern die Welt, die sie umgibt. Die wichtigste Frage ist auch nicht, wie es so weit kommen konnte. Die wichtigste Frage ist, wie wir es gemeinsam schaffen wollen, die Schulen wieder zu dem sicheren Ort zu machen, der sie sein sollten, meint L'Avenir.
Politik, Polizei und Justiz
Le Soir greift den immer rauer werdenden Ton in der Politik auf und fragt sich, wie es eigentlich so weit kommen konnte. Eine Antwort sind sicher die sozialen Medien und ihre Algorithmen, die häufig Inhalte empfehlen, die starke Gefühle auslösen. Und das bedeutet eben leider oft vor allem negative Gefühle. Das belohnt die Aggressivsten und trägt maßgeblich zur Verrohung der politischen Debatte und zur Polarisierung der Gesellschaft bei. Hier muss endlich gegengesteuert werden, sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene, bevor es zu spät ist, appelliert Le Soir.
De Morgen befasst sich mit dem Ansehen der Polizei in der Bevölkerung. Früher wurde ja immer geworben mit dem Slogan "Die Polizei, dein Freund". Aber heutzutage betrachten viele Menschen Polizisten als Handlanger und Mittäter, die sich gegen die Bevölkerung gewandt haben und es oft auf die Allerschwächsten abgesehen zu haben scheinen. Die Ursache liegt in fatalen Fehlentwicklungen und tödlichen Zwischenfällen der vergangenen Jahre. Adil, Mawda, Mehdi, Ouassim und Sabrina, gerade erst Fabian. Natürlich trägt auch die immer weiter um sich greifende Drogen- und Gewaltkriminalität zu dem Problem bei. Denn sie führt auch dazu, dass sich der Blick der Polizisten auf die Menschen verändert. Und es ist in jedem Fall auch ein Problem, das Anstrengungen von beiden Seiten erfordert. Denn jeder will doch eigentlich eine Gesellschaft, in der alle gut und sicher leben können, oder?, fragt De Morgen.
L'Echo blickt auf die Justiz: Was kann die Justiz noch tun, um die Politik davon zu überzeugen, endlich mehr in sie zu investieren? Offene Briefe? Die Zeitungen sind bereits voll davon. Demonstrationen? Wieder und wieder gemacht, ohne dass es etwas gebracht hätte. Teil-Streiks? Funktionieren auch nicht. Vor den Kameras beteuern die politisch Verantwortlichen immer, wie essenziell die Justiz für die Demokratie und den Rechtsstaat ist, dass sie ein Pfeiler Belgiens ist, der gestützt werden muss. Alles schön und gut. Privat schlagen die gleichen Politiker dann aber oft einen ganz anderen Ton an. Siehe auch der jüngste Weckruf des schon lange dahinsiechenden Brüsseler Appellationshofs, der 75 Neueinstellungen fordert. Justizministerin Verlinden hat diplomatisch perfekt darauf reagiert. Sie teile die Sorgen der Magistrate und werde thematische Arbeitsgruppen einrichten. Und sie sei überzeugt, dass der Wille vorhanden sei, die Justiz weiter zu stärken. Kurz- und mittelfristig wird das aber wohl kaum für eine personelle Aufstockung des Appellationshofs sorgen, prangert L'Echo an.
CD&V und Vooruit haben sich übers Ohr hauen lassen
Ganz anderes Thema bei Het Belang van Limburg: Mittlerweile ist klar, dass die zeitliche Begrenzung der Arbeitslosenbezüge viel mehr Über-55-Jährige treffen wird als erwartet, nämlich fast 80 Prozent der längerfristig Arbeitslosen dieser Altersgruppe. Und das Regierungsabkommen sieht ja noch eine weitere Verschärfung der Regeln vor. Gleichzeitig ist es aber auch so, dass viele Betriebe trotz offener Stellen Über-55-Jährige verschmähen. In den Köpfen der Arbeitgeber muss sich also auch etwas verändern. Die Politik sollte gegen diese Art der Diskriminierung genauso hart vorgehen wie gegen Arbeitslose, fordert Het Belang van Limburg.
Die Regierungsunterhändler der flämischen Christdemokraten der CD&V und der flämischen Sozialisten Vooruit haben sich wie kleine Kinder übers Ohr hauen lassen, merkt in diesem Zusammenhang Het Nieuwsblad an. Einmal in puncto Kapitalertragssteuer, die noch immer nicht unter Dach und Fach ist, und dann noch mal bei der zeitlichen Begrenzung der Arbeitslosenbezüge, die zu einem wahren Albtraum für die beiden Parteien zu werden droht. Denn offenbar haben die "progressiven" Parteien der Regierung De Wever das Kleingedruckte nicht gut genug gelesen. Die rechtskonservativen MR und N-VA bekommen ihre Symbole, CD&V und Vooruit haben dabei versagt, die soziale Flanke zu sichern. Das ist der fatale Eindruck, der jetzt im Raum steht und der beide Parteien noch teuer zu stehen kommen könnte, so Het Nieuwsblad.
Boris Schmidt