"Föderalregierung ist milde bei der Einführung der Begrenzung des Arbeitslosengeldes auf zwei Jahre", titelt La Libre Belgique. "Keine Arbeitslosengeldreform ohne Kapitalertragssteuer", heißt es im Aufmacher von Le Soir. "Arbeitslosigkeit, Renten, Justiz – Die Föderalregierung konkretisiert ihre Pläne", notiert L'Echo auf Seite eins.
Das Kernkabinett der Föderalregierung hat sich auf einen Gesetzesvorschlag geeinigt, durch den die Zahlung des Arbeitslosengeldes auf zwei Jahre beschränkt wird.
Het Laatste Nieuws erinnert: Ziel dieser Reform ist es ja, mehr Menschen zum Arbeiten zu bewegen. Bei vielen Langzeitarbeitslosen wird es schwierig werden. Mehr als 12.000 Menschen sind länger als 20 Jahre arbeitslos. Mehr als 40.000 mehr als acht Jahre. Es würde an ein Wunder grenzen, wenn sie durch das neue Gesetz wieder in den Arbeitsmarkt integriert würden. Trotzdem ist die Maßnahme natürlich gut, denn die Rechnung dahinter ist simpel. Wenn man einem Arbeitslosen kein Geld mehr zahlen muss, spart der Staat und wenn der Arbeitslose tatsächlich wieder arbeiten sollte, bekommt der Staat Geld durch die Steuern. Dadurch wird natürlich nicht der ganze Haushalt saniert, aber es ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, lobt Het Laatste Nieuws.
Ideologisch motiviert
Le Soir dagegen kritisiert: Es ist schon bemerkenswert, wie blauäugig das Gesetz jetzt auf den Weg gebracht wird. Als der Euro eingeführt wurde, musste alles ganz genau im kleinsten Detail im Vorfeld ausgerechnet und vorbereitet sein. Jetzt weiß niemand, mit welchem Ansturm die Sozialhilfezentren ab erstem Januar zu rechnen haben und wie sie mit den tausenden neuen Kunden umgehen können. Warum werden Arbeitslose anders behandelt als der Euro? Aber gut, die Mehrheit der Belgier scheint die Maßnahme zu unterstützen. Jetzt muss die Regierung schauen, dass das Ergebnis auch stimmt. Denn sonst wird ihr dieses ideologisch motivierte Gesetz noch um die Ohren fliegen, warnt Le Soir.
Auch L'Echo weist darauf hin: Die Regierung muss jetzt alles dafür tun, dass die Umsetzung der neuen Maßnahme klappt. Sprich, dass die Menschen, die ihr Arbeitslosengeld im kommenden Jahr nicht mehr bekommen auch wirklich in den Arbeitsmarkt integriert werden. Dafür muss die Föderalregierung eng mit den Regionen zusammenarbeiten, betont L'Echo.
Reformmotor
De Tijd kommentiert: Mit dem gleichen Feingefühl wie jetzt das Arbeitslosengeld reformiert wurde, muss die Regierung die nächste Aufgabe meistern, nämlich das Gesetz zur Steuer auf Kapitalerträge. Sollte ihr das noch vor der Sommerpause gelingen, wäre der Reformmotor am Laufen. Das würde Mut machen, um die weiteren Reformen anzugehen, die das Ziel haben, Belgien finanziell wieder auf solide Beine zu stellen, das Haushaltsdefizit zu verringern und durch Investitionen in die Verteidigung das Zusammenleben sicherer zu machen, hofft De Tijd.
Das GrenzEcho notiert zur Umfrage, die die VRT, De Standaard und die RTBF zur Zufriedenheit der Bürger mit der Föderalregierung veröffentlicht haben: Die Umfrage zeigt: Die Regierung De Wever I genießt breite Zustimmung. Eine Mehrheit der Belgier versteht, dass im Land etwas geschehen muss. Sie nehmen Einschnitte in Kauf, obwohl sie selbst betroffen sind. Doch genau hier liegt das Risiko. Denn wer bereit ist zu verzichten, erwartet, dass alle mitziehen. Und dieses "alle" meint in aller erster Linie auch die Reichen. Wenn Kapitalerträge und große Vermögen bislang weitestgehend verschont bleiben, dürfte aus stiller Zustimmung schnell lauter Protest werden. Die Gerechtigkeitsfrage ist die Sollbruchstelle dieser Regierung, weiß das GrenzEcho.
Fake-News-Show in Washington
Gazet Van Antwerpen hält fest: Als Premierminister ist Bart De Wever sein Start geglückt. In Flandern ist die große Mehrheit der Bevölkerung zufrieden mit ihm. Und in der Wallonie sind die Werte bei Weitem nicht so schlecht wie man hätte denken können. Aber große Steine liegen noch in seinem Weg. Denn jetzt muss es weitergehen mit neuen Entscheidungen, um den Haushalt zu sanieren. Sparen oder neue Steuern? Bis jetzt haben sich die Parteien seiner Regierung konstruktiv gezeigt. Vor allem haben sich die Parteichefs mit Zwischenrufen von der Seitenlinie zurückgehalten. Die Frage wird sein, wie lange das noch der Fall sein wird. Und dann könnten die Werte für Premier De Wever schnell bröckeln, glaubt Gazet Van Antwerpen.
De Standaard bemerkt zum Besuch des südafrikanischen Präsidenten bei Donald Trump in Washington: Der Gast aus Südafrika war mit konkreten Sorgen zu Trump gereist: die eingefrorenen US-Hilfen für sein Land, bezahlbare AIDS-Medikamente, die US-Zölle, der Krieg im Ostkongo. All das wollte er mit Trump besprechen. Doch der hatte nichts Besseres zu tun als seinem Gast vorzuwerfen, einen Völkermord gegen Weiße in Südafrika zu unterstützen. Das hat wieder einmal gezeigt: Trump ist ein Meister darin, mit einer Fake-News-Show Zeit und Geld anderer zu verplempern und Lösungen für drängende Probleme auf später zu verschieben, ärgert sich De Standaard.
Kay Wagner