"Red Sebastian scheidet im Halbfinale aus", titelt Gazet Van Antwerpen. "Red Sebastian stößt nicht ins Finale vor", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad und Het Laatste Nieuws. Het Belang van Limburg sagt es mit einem simplen Wortspiel: "Sad Sebastian", trauriger Sebastian.
Es hat also nicht gereicht. "Red Sebastian, der ja Belgien beim ESC vertrat, ist im Halbfinale ausgeschieden. Der Sänger wird also am Samstag beim Finale nicht dabei sein.
"Arizona erzielt ein Kompromiss über den Palästinenserstaat", titelt derweil De Morgen. "Es gibt ein Gaza-Abkommen innerhalb der Arizona-Koalition", schreibt auch Le Soir. Die Regierung will demnach im Nahostkonflikt eine vorsichtige Haltung einnehmen. Die Anerkennung eines Palästinenserstaates ist zwar jetzt die erklärte Absicht, dies aber unter sehr strikten Bedingungen.
Verteidigungsausgaben: Zwei Prozent sind eigentlich schon zu viel
In ihren Leitartikeln gehen die Zeitungen heute ein bisschen querbeet. Het Laatste Nieuws beschäftigt sich etwa mit den Rüstungsausgaben. "Wir haben das Zwei-Prozent-Ziel der Nato erreicht", das meldete jedenfalls gestern der N-VA-Verteidigungsminister Theo Francken. Jetzt sei Belgien also endlich wieder ein verlässlicher Partner innerhalb der Nordatlantischen Verteidigungsallianz. "Hurra!", könnte man nun jubeln. Nur werden wir das nicht bleiben. Beim nächsten Nato-Gipfel im Juni dürfte das Bündnis nämlich beschließen, die Verteidigungsausgaben noch weiter zu erhöhen. Im Raum steht die mögliche Selbstverpflichtung, künftig den Gegenwert von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes in die Verteidigung zu investieren. Manche sprechen sogar von fünf Prozent.
Das schaffen wir nicht! Für Belgien sind zwei Prozent im Grunde schon zu viel. Das hat vor allem mit der doch unglücklichen Ausgangsposition des Landes zu tun. Im Gegensatz etwa zu Deutschland verfügen wir einfach nicht mehr über die nötigen Haushaltsspielräume. Man hat es schlichtweg versäumt, den Schuldenberg abzutragen. Und das rächt sich jetzt.
Ausgehöhltes "Blue Deal-Programm"
Einige flämische Blätter beschäftigen sich mit der aktuellen Dürre insbesondere im nördlichen Landesteil. Man muss sagen, wie es ist: Hier hat die flämische Regierung versagt, zischt De Morgen. Schon im Mai schrillen jetzt schon die Alarmglocken. Nach einigen Wochen ohne Niederschläge leidet Flandern schon wieder unter einer akuten Wasserknappheit. Was hier überrascht, das ist das Tempo, mit dem sich dieses Problem wiederholt. Warum folgt diese Dürreperiode so schnell auf ein rund sechsmonatiges außerordentlich nasses Halbjahr? Dafür gibt es nur eine mögliche Erklärung: Hier hat jemand seine Hausaufgaben nicht gemacht. Konkret: Die flämische Regierung schafft es immer noch nicht, ausreichend Wasser zu speichern und entsprechende Staukapazitäten zu schaffen als Puffer für Dürreperioden.
Het Nieuwsblad macht eine ähnliche Analyse. Das Jahr 2024 war klatschnass. Das allerdings hatte auch positive Auswirkungen, so stiegen die Grundwasserspiegel auf ihren höchsten Stand seit 20 Jahren. Kaum ein Jahr später stehen die Zeichen schon wieder auf Dürre. Wo ist all dieses Wasser hin? Weg! Anscheinend verschwunden. Und die flämische Regierung? Die hat mit ihren Sparmaßnahmen das so genannte Blue-Deal-Programm ausgehöhlt, das doch eben auf ein effizienteres Wassermanagement abzielte. Die flämische Regierung appelliert hier vielmehr an die "kollektive Verantwortung"; jeder Bürger sollte also seinen Beitrag leisten durch einen vernünftigeren Verbrauch. Hier zieht sich die Politik aber aus der Verantwortung. Flandern muss dringend fit gemacht werden für die Auswirkungen des Klimawandels.
Ausbleibende EU-Landwirtschaftspolitik
Die Europäische Kommission geht hier aber auch nicht mit leuchtendem Beispiel voran, kritisiert De Standaard. Die Wetterkapriolen häufen sich. Nach dem außergewöhnlichen nassen Jahr 2024 sehen wir aktuell eine akute Dürreperiode. Und doch will die Kommission eine ganze Reihe von Umweltauflagen lockern. Dies unter dem Deckmäntelchen der administrativen Vereinfachung.
Hier entsteht ein desaströses Bild: Gestrichen werden nämlich im Wesentlichen Auflagen mit Blick auf die Nachhaltigkeit. Und dadurch werden all die Vorurteile und Klischees, die insbesondere von der Agroindustrie unterhalten werden, noch bestätigt, die Umweltschutznormen abtun als irrwitzige Hobbyprojekte von spinnerten Grünen. Dabei sehen wir doch jetzt wieder das Resultat ausbleibender Politik. Selbst den Bauern müsste doch aufgehen, dass die aktuelle Landwirtschaftspolitik Teil des Problems ist.
Vor dem Gesetz sind alle gleich!
Vor allem die frankophonen Zeitungen beschäftigen sich derweil mit dem Urteil gegen den französischen Filmstar Gérard Depardieu. Der 76-Jährige wurde am Montag in Paris wegen sexueller Übergriffe zu 18 Monaten auf Bewährung verurteilt.
"Viel zu lange war da die ohrenbetäubende Stille, jetzt hört man einen lauten Krach", meint La Libre Belgique. Den Krach eines Monuments, das in sich zusammenfällt. Jahrzehntelang hat Gérard Depardieu alles verkörpert: Frankreich, das Genie, die Maßlosigkeit, die ungebremste Freiheit. Und dieser Mann hat offensichtlich geglaubt, dass die Bewunderung, die ihm zuteilwurde, ihn zu einer Ausnahme machte, ihn etwa freistellten vom fundamentalen Respekt Frauen gegenüber. Das hat man beim Prozess noch mal eindrucksvoll gesehen: Nicht den Hauch von Einsicht oder Bedauern, kein Wort an die Opfer: Depardieu hat sich in seiner Realitätsverweigerung eingemauert. Die Affäre Depardieu war ein Symbol für die Arroganz der Mächtigen und die Nachsicht, die ihnen zuteilwurde.
"Ist die Ära der Unantastbaren damit nun definitiv vorbei?", fragt sich seinerseits L'Avenir. Dieses Urteil ist historisch, hat das Gericht doch am vergangenen Montag nochmal an einen fundamentalen Rechtsgrundsatz erinnert: Vor dem Gesetz sind alle gleich. Wirklich alle! Denn: Auch in Belgien vermitteln viel zu oft Gerichtsentscheidungen den Eindruck einer Klassenjustiz: streng für anonyme Durchschnittsbürger, nachsichtig für die Reichen und Mächtigen, und ganz nebenbei taub für die Stimmen der Opfer. Eben diese Stimmen wurden am Montag gehört.
Noch zehn Tage Zeit, um sich deutlicher zu positionieren …
"Aber ist die Botschaft wirklich angekommen?", fragt sich Le Soir. Zugegeben: Das Urteil gegen Gérard Depardieu hat schon eine neue Qualität. Jetzt kann man definitiv behaupten, dass sich insbesondere das französische Kino seiner Dämonen wirklich entledigen will. Und doch sind Zweifel erlaubt. Bei der Eröffnung-Pressekonferenz des Filmfestivals von Cannes musste man gestern gleich wieder den Eindruck haben, dass das Thema umschifft wurde. Die Jury-Präsidentin Juliette Binoche äußerte sich nur sehr lapidar zum Fall Depardieu. Das Festival hat noch zehn Tage Zeit, um sich deutlicher zu positionieren.
Roger Pint