"Handelsstreit: Zwei Riesen, ein Kompromiss – China und USA senken Strafzölle", titelt das GrenzEcho auf Seite eins. "Chinesische Einfuhrzölle: die amerikanische Kehrtwende", schreibt La Libre Belgique. "China und die USA mäßigen Handelskrieg: Versöhnende Worte lassen Börsen aufatmen", meldet De Morgen. "Haben sich die Vereinigten Staaten in ihrem Handelskrieg mit China überschätzt?", fragt L'Echo. "Trump-Zölle: Handelskrieg mit China entschärft, aber was ist mit dem 'gemeinen' Europa?", so De Tijd.
Es ist ein Aufatmen mit Verfallsdatum, kommentiert das GrenzEcho. Denn so denkwürdig der Moment scheinen mag – er ist rein taktisch und nicht etwa grundlegend strategisch motiviert. Vielmehr sind es ökonomische Schmerzen, die zur Einsicht zwangen. Die zeitweilige Einigung war also notwendig. Sie war nicht freiwillig. Dennoch: Dass überhaupt verhandelt wurde, ist in Zeiten globaler Blockbildung und wirtschaftlicher Konfrontation ein Fortschritt. Aber wer daraus Optimismus schöpfen will, irrt. Die Weltwirtschaft ist fragil – und bleibt es vorerst auch. Die Börsen mögen am Montag kurzfristig gejubelt haben; doch fundamental hat sich wenig geändert. Das strukturelle Misstrauen bleibt.
Die wirtschaftliche Entflechtung der beiden Großmächte ist längst Realität. Der "Waffenstillstand" ist demnach nicht der Anfang vom Ende des Handelskonflikts, sondern allenfalls dessen Pause. Solange die Macht über globale Wirtschaftsströme mit rein nationalistischem Kalkül betrieben wird, verharrt die Weltwirtschaft auf dünnem Eis. Die Gefahr einer globalen Rezession ist nicht gebannt. Sie ist nur aufgeschoben, warnt das GrenzEcho.
Trump ist und bleibt unvorhersehbar
Der wiedergefundene Optimismus der Börsen ist bemerkenswert, schreibt De Tijd. Denn vieles hat sich nicht geändert: Trump will immer noch die Industrie nach Amerika zurückholen, der Deal mit China ist nur eine Pause, keine endgültige Regelung, das Gleiche gilt für die Handelsbeziehungen mit der Europäischen Union. Was genauso wenig verschwunden ist, das ist der breitere Schaden, den Trump mit seiner Politik in den letzten Monaten angerichtet hat, oder die an Gleichgültigkeit grenzende Wankelmütigkeit in so wichtigen Dossiers wie der Ukraine und Gaza. Die einleuchtendste Erklärung für die Erholung der Börsen ist, dass die Anleger jetzt wieder glauben, dass Trump schon eingreift, wenn die Börsen zu stark leiden. Das ist allerdings eine sehr gefährliche Annahme angesichts seiner Unvorhersehbarkeit, befürchtet die Wirtschaftszeitung De Tijd.
Wir haben aufgehört zu zählen, wie oft Trump jetzt schon Kehrtwenden hingelegt hat, stichelt La Libre Belgique. Sein angeblicher Deal mit China beziehungsweise sein Verzicht auf hohe Einfuhrzölle ist auch sicher keine taktische Anpassung. Es ist ein Eingeständnis des Scheiterns, auch wenn Trump das natürlich nie zugeben würde. Die neue Kehrtwende zeigt vor allem auch die strukturellen Grenzen seiner Vorgehensweise auf. Trump hatte geglaubt, Peking mit ein paar rachsüchtigen Tweets in die Knie zwingen zu können. Aber er hat entdecken müssen, dass man die Welt nicht wie ein Kasino führen kann. Mit seinen Kursänderungen hat Trump die amerikanische Diplomatie geschwächt, das Vertrauen von Verbündeten untergraben und genau das beschleunigt, was er angeblich bekämpfen will: den Niedergang der Macht Amerikas, urteilt La Libre Belgique.
Die echten Prioritäten im Nahen Osten
Le Soir greift die Nahostreise des US-Präsidenten auf: Trump ist sich vermutlich bewusst, dass er, der sich ja ständig als Friedensstifter rühmt, kurzfristig wohl wenig erreichen wird. Weder von Russland noch von Israel in puncto Frieden, noch von Saudi-Arabien und dem Iran in puncto Normalisierung der Beziehungen zu Israel und Nuklearpolitik. Um davon abzulenken, wird er wohl versuchen, aus den Golfstaaten mit Verträgen zurückzukommen, auf denen möglichst viele Nullen stehen werden. Denn in der transaktionalen Gedankenwelt des amerikanischen Präsidenten sind das Wichtigste die Deals an sich. Egal, ob es nun um Frieden geht oder um Petrodollar, giftet Le Soir.
Ruanda, Flüchtlingsdrama auf dem Mittelmeer, die Massaker in Ex-Jugoslawien, zählt L'Avenir auf. Alle diese Tragödien hatten eines gemeinsam: Viele wussten, was passierte, wenige haben gehandelt. Diese Geschichte wiederholt sich auch heute wieder, in Gaza, wo die Vorgehensweise Israels längst moralisch und politisch unentschuldbar geworden ist. Auf der internationalen und auch auf der nationalen Bühne wird intensiv um die Anerkennung Palästinas als eigenständiger Staat gerungen. Aber so wichtig diese Debatte auch ist, sie wird natürlich kurzfristig nichts ändern an der Lage in Gaza. Die Prioritäten müssen sein, die Waffen schnellstmöglich zum Schweigen zu bringen, die verbleibenden Geiseln freizubekommen, den Weg für humanitäre Hilfsgüter zu öffnen und die Verantwortlichen vor die internationale Justiz zu bringen, fordert L'Avenir.
Das Festival der Scheinheiligkeit
Politik ist allgegenwärtig, merkt Het Belang van Limburg an. Besonders bei Veranstaltungen, die viele Nationalitäten zusammenbringen, wie der ESC, der Eurovision Song Contest. Schon im letzten Jahr gab es viele Diskussionen über die Teilnahme Israels. Das ist auch dieses Jahr wieder so, denn die Zahl der Toten ist nur noch weiter gestiegen. Verschiedene öffentlich-rechtliche Sender haben zu Recht schon gefordert, Israel auszuschließen. Denn die 50.000 Toten aus Gaza fegt man nicht einfach mit Botschaften beiseite über Musik, die verbindet. Schließlich wurde Russland wegen seines Angriffskriegs auf die Ukraine ja auch ausgeschlossen. Hier wird mal wieder mit zweierlei Maß gemessen, der ESC ist auch wieder das Festival der Scheinheiligkeit, prangert Het Belang van Limburg an.
Für den Veranstalter, die European Broadcasting Union (EBU), ist die Teilnahme Israels kein Problem, hebt Het Nieuwsblad hervor. Mehr noch: Israel auszuschließen, das wäre eine politische Tat, so die EBU. Eine bemerkenswerte Äußerung, siehe Russland. Oder davor das ehemalige Jugoslawien wegen des Gemetzels in Bosnien. Wenn wir die gleichen Maßstäbe wie damals anlegen würden, würde Israel definitiv von der Teilnehmerliste gestrichen werden. Und für den israelischen Premierminister ist der ESC sowieso immer nur eine Möglichkeit zur politischen Propaganda gewesen. Das Entgegenkommen des Veranstalters hat vermutlich mit dem Hauptsponsor "Morrocanoil" zu tun. Denn hier sollte man sich nicht vom Namen in die Irre leiten lassen. "Moroccanoil" ist eine israelische Firma, die im besetzten Westjordanland Nussöl produziert, so Het Nieuwsblad.
Boris Schmidt