"Rom – Land des Abschieds", titelt La Libre Belgique. "Rom im Ausnahmezustand für den letzten Abschied", so die Schlagzeile von L'Avenir. "Abschied von einem etwas anderem Papst", schreibt das GrenzEcho auf Seite eins.
Unter enormen Sicherheitsvorkehrungen nimmt die Welt heute Abschied von Papst Franziskus. "200.000 Trauergäste werden in Rom erwartet", bemerkt Het Nieuwsblad. An der Trauerfeier wollen aber auch Staats- und Regierungschefs aus aller Welt teilnehmen, darunter König Philippe und Königin Mathilde, die von Premierminister Bart De Wever begleitet werden. "Vertreter aus 170 Ländern werden erwartet", schreibt Het Laatste Nieuws auf Seite eins. So hat sich unter anderem auch US-Präsident Donald Trump angesagt. "Die Trauerfeier für Franziskus in Rom wird auch zu einem Hochamt der Diplomatie", so denn auch die Schlagzeile von Le Soir.
Im Grunde werden wir heute auf dem Petersplatz zwei Zeremonien sehen, meint La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. Zunächst natürlich eine kirchliche. 200.000 Gläubige wollen Franziskus die letzte Ehre erweisen, jenem Papst, der durch seine Persönlichkeit so viele Katholiken geprägt hat, durch seine Einfachheit, seinen starken Charakter und eine gewisse Kühnheit. Sogar nach seinem Tod ist sich Franziskus noch treu geblieben, hat er doch eine betont nüchterne Feier gewünscht, fernab von dem Pomp früherer Zeiten. Im Fahrwasser dieser liturgischen Feier gibt’s aber eben noch ein zweites Ritual: Die Bestattungsfeier eines Papstes ist nämlich zugleich eine Art internationales Gipfeltreffen auf höchstem Niveau, bei dem sich Staatenlenkern aus der ganzen Welt beäugen können. Der Tod eines Papstes bringt gewissermaßen diplomatische Akteure zusammen, die ansonsten nicht unbedingt die gegenseitige Nähe suchen würden. Vielleicht bringt die heutige Feier die Welt dem Frieden ein bisschen näher.
Ein Geschenk an Putin
Apropos Frieden: Gazet van Antwerpen beschäftigt sich in ihrem Kommentar mit den Verhandlungen über eine mögliche Beendigung des Ukraine-Kriegs. US-Präsident Donald Trump hat ja den Entwurf eines Friedensabkommens vorgelegt, dem die russische Seite im Wesentlichen zugestimmt hat. Dieser Vorschlag ist unannehmbar, meint das Blatt. In erster Linie handelt es sich hier um ein großes Geschenk an Putin. Der amerikanische Vorschlag ist dem Kreml quasi auf den Leib geschneidert. Und die Ukraine bekommt gar nichts. Europa steht mit seiner Haltung derweil ziemlich alleine da. Und das sollte uns zu denken geben. Konkret müssen wir uns die Frage stellen, ob wir am Ende ohne Trump nicht besser dastehen. Den Krieg schnell zu beenden, in dem man Putin seinen Willen gibt, das wäre jedenfalls mittel- bis langfristig eine Katastrophe. Europa muss sich also dringend in den Prozess einschalten. Wenn wir Trump und Putin machen lassen, dann kann sich niemand mehr sicher fühlen.
Democracy dies in the spotlight
De Tijd blickt ihrerseits zurück auf die ersten drei Monate von Donald Trump als US-Präsident. Diese ersten hundert Tage seiner zweiten Amtszeit waren erschütternd, analysiert das Blatt. Nicht so sehr, weil Trumps Politik überrascht hätte, schließlich hatte er fast alles vorher angekündigt. Nein, erschütternd ist vor allem, wie schnell und widerstandslos die Demokratie zurückweicht, trotz der so oft beschworenen checks and balances. Wie ein Bulldozer ist Trump durch die Verwaltung gegangen. Universitäten werden bedroht, um sie ideologisch auf Linien zu trimmen. Die Presse wird eingeschüchtert. Und am schlimmsten: Die Unabhängigkeit der Justiz wird infrage gestellt. Und wie ist die Reaktion auf Trumps Marsch in Richtung Autokratie? Leider überwiegt das Bild einer Gesellschaft, die sich beugt und schweigt. "Democracy dies in darkness", das war einst das Motto der Washington Post. Im vorliegenden Fall stirbt die Demokratie aber nicht im Dunkeln, sondern für alle sichtbar im Scheinwerferlicht. Die nächsten hundert Tage sind entscheidend: Werden die Amerikaner aufstehen oder weiter schweigen?
Das GrenzEcho macht sich seinerseits Sorgen über die schon jetzt sichtbaren Auswirkungen auf unsere Gesellschaft. Wir leben in Zeiten, in denen Aufrüstung und Verteidigung die politische Agenda bestimmen. Dafür mag es nachvollziehbare Gründe geben. Dennoch: Die Friedensidee, einst Grundpfeiler der europäischen Einigung, wird leise verabschiedet. Die Hoffnung auf Diplomatie weicht der Vorstellung, wonach nur Waffen Sicherheit garantieren können. Die Debatte verengt sich auf militärische Optionen. Die Fixierung auf militärische Bedrohungsszenarien trägt aber das Risiko in sich, eben jene Realität heraufzubeschwören, vor der sie eigentlich warnen will: eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Die Angst vor Krieg macht ihn letztlich wahrscheinlicher.
Streiken "gegen alles"
Innenpolitisch stehen die Zeichen erstmal wieder auf Streik. Am kommenden Dienstag wollen die Gewerkschaften erneut gegen die Reformagenda der Föderalregierung protestieren. "Und wissen Sie was?", giftet Het Laatste Nieuws in einem wütenden Kommentar. Am Dienstagabend werden viele Gewerkschafter wahrscheinlich gar nicht mehr wissen, wogegen sie eigentlich gestreikt haben. Jeder hat sie schon gesehen, die Protestler in ihren roten, grünen oder blauen Jacken, die sturzbesoffen zum nächsten Bahnhof torkeln. Davon abgesehen muss man sich nur die Pamphlete anschauen, mit denen die Arbeitnehmerorganisationen ihre Mitglieder mobilisieren wollen. Eigentlich läuft es darauf hinaus, dass "gegen alles" gestreikt wird. Dabei wird ebenso geflissentlich wie bewusst unterschlagen, dass Belgien zu den weltweit einzigen Ländern gehört, in denen die Löhne und Sozialleistungen automatisch den steigenden Lebenshaltungskosten angepasst werden. Wir brauchen dringend Gewerkschaften, die sich verantwortungsbewusst zeigen, die sich konstruktiv aufstellen, statt sich in der Opferrolle einzumauern. Wenn die Arbeitnehmerorganisationen nicht mehr hinbekommen als Handzettel, die auch ChatGPT verfasst haben könnte, und wenn sie nur noch streiken, um zu streiken, dann droht ihnen sehr bald die Bedeutungslosigkeit. Für ein Bierchen auf der Demo reicht's dann aber immer noch.
Roger Pint