"Eine einzige Polizeizone in Brüssel", titelt Het Laatste Nieuws. "Quintin will die Fusion der Polizeizonen bis 2027 abgeschlossen haben", schreibt Le Soir auf Seite eins. "Die Fusion der Polizeizonen: Ein erster Test für Bernard Quintin", notiert L'Echo.
Der föderale Innenminister Bernard Quintin meint es offensichtlich ernst mit seiner angestrebten Reform der Polizeizonen. Gestern hat er schon seine Pläne genauer dargelegt. Im Fokus steht da vor allem Brüssel. Geht es nach dem MR-Politiker, dann sollen die bislang sechs Polizeizonen der Hauptstadt zu einer einzigen verschmolzen werden. In Brüssel gibt es da aber weiter enorme Widerstände, vor allem bei PS und Défi.
Nachbesserung nötig
"Endlich!", lobt Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel. Der bislang noch weitgehend unbekannte Innenminister Bernard Quintin hat in weniger als drei Monaten das geschafft, woran sich Jan Jambon vor einigen Jahren während einer ganzen Legislaturperiode die Zähne ausgebissen hat. Jetzt bekommt die Hauptstadt also doch ihre einheitliche Polizeizone. Die Flamen haben das lange gefordert, die Frankophonen wollten demgegenüber nicht einmal darüber diskutieren. Jetzt sprechen die frankophonen Bürgermeister schon von einer flämischen Bevormundung. Das ist völliger Quatsch. Denn hier geht es in allererster Linie um Effizienz und eine bessere Sicherheitspolitik.
Nur ein Beispiel: Künftig wird es nur noch eine einzige Datenbank in einem bestimmten Bereich geben und keine sechs mehr. Auch wird es wesentlich einfacher, Polizisten dort einzusetzen, wo sie gerade im Moment gebraucht werden. Da muss nicht erst eine andere Zone gefragt werden. Klar: Die Fusion der sechs Polizeizonen ist auch keine Wunderlösung. Es ist aber ein Schritt in die richtige Richtung. "Bien joué, Monsieur Quintin!", gut gespielt!
Und doch sollte man den Widerstand einiger Bürgermeister gegen das Projekt ernst nehmen, glaubt La Dernière Heure. Nicht alle von ihnen haben da nämlich eine ideologische Position eingenommen und schlichtweg auf stur geschaltet. Vielmehr vermissen viele Bürgermeister klare finanzielle Garantien. Zwei Zahlen sprechen Bände: Der Innenminister sieht zusätzliche 450 Millionen Euro vor zur Stärkung der Sicherheitspolitik im ganzen Land, und das für die nächsten fünf Jahre. Allein der Finanzbedarf in Brüssel wird aber schon auf 80 Millionen pro Jahr beziffert. Anders gesagt: Das Geld reicht gerade mal für die Hauptstadt. Hier wird wohl nachgebessert werden müssen.
Der Staat: "Der schlechteste Aktionär der Welt"
Einige Zeitungen beschäftigen sich mit der Entscheidung der Föderalregierung, die zur Finanzierung ihrer Verteidigungspolitik die staatseigene Belfius-Bank in die Pflicht nehmen will: Das Geldhaus soll eine "Superdividende" in Höhe von 500 Millionen Euro beisteuern.
Das entspricht – mal eben – fast dem kompletten Gewinn der Bank, konstatiert L'Echo in seinem Kommentar. Belfius beraubt sich damit also fast seines ganzen Handlungsspielraums. Zum Beispiel wird eine Expansion damit so gut wie unmöglich. Dabei gilt doch die Maxime: Ein Unternehmen, das nicht wächst, ist ein Unternehmen im Niedergang. Hier stellt sich vor allem die Frage nach der Unabhängigkeit der Bank: Leistet sie diesen Beitrag freiwillig, oder wird sie dazu gezwungen? Die Regierung spielt hier mit der Glaubwürdigkeit des Finanzinstituts.
"Der Staat ist der schlechteste Aktionär der Welt; und das gilt vor allem für Belgien". Wahre Worte, meint Le Soir. Allerdings stammen diese Worte von keinem geringeren als Georges-Louis Bouchez, der sich dabei auf Proximus bezog. Mit ihrem Belfius-Coup hat die Regierung jetzt aber noch einen draufgesetzt. Die Bank wird regelrecht ausgesaugt. Belfius hat das sogar selbst angeprangert in einem regelrecht surrealistischen Kommuniqué. Darin betont die Bank, dass jeder Aktionär auch Pflichten hat, insbesondere in Bezug auf die gebotenen aufsichtsrechtlichen Grenzen. Und tatsächlich hat es auch mal Zeiten gegeben, in denen sich Anteilseigner von Banken in Belgien dazu verpflichten mussten, die Autonomie des betreffenden Finanzinstituts zu respektieren. Georges-Louis Bouchez lag noch nie so richtig: Die Arizona-Koalition spielt hier den Zauberlehrling.
Eine mutige Haltung gegen Erpressung
Einige Blätter schließlich blicken einmal mehr bestürzt auf die USA, wo die renommierte Harvard-Universität es jetzt auf eine Kraftprobe ankommen lässt mit der Regierung Trump.
Harvard zeigt hier klare Grenzen auf, analysiert De Tijd in ihrem Leitartikel. Das Weiße Haus wirft einigen Universitäten vor, zu wenig unternommen zu haben gegen die Studentenproteste, die sich gegen den Gaza-Krieg richteten und die die Regierung als "antisemitisch" bezeichnet. Außerdem will Trump in einigen dieser Unis eine angebliche "Woke"-Kultur ausgemacht haben. Deswegen fordert er jetzt eine Säuberung von allem, was nur annähernd mit Diversität und Inklusion zu tun hat. Harvard will sich hier nicht beugen, verbittet sich jegliche Einmischung, insbesondere in die akademische Freiheit. Endlich zieht mal eine zudem prestigeträchtige Institution eine rote Linie.
"Was für eine mutige Haltung!", findet auch La Libre Belgique. Harvard bietet Trump die Stirn, auf die Gefahr hin, Milliarden Dollar an staatlichen Geldern zu verlieren. Erpressung ist längst das Markenzeichen von Donald Trump. Die älteste amerikanische Universität widersetzt sich aber den Einschüchterungsversuchen und hält damit die Fackel der Freiheit hoch.
Eine doppelte Lektion für Europa
Das ist umso nötiger, als die USA geradewegs auf eine Verfassungskrise zusteuern, bemerkt sinngemäß De Standaard. Unmittelbarer Anlass ist die Deportation von Kilmar Abrego Garcia. Der Mann wurde irrtümlich nach El Salvador gebracht. Der Oberste Gerichtshof hat die Regierung angewiesen, die Rückkehr des Mannes zu ermöglichen. Trump setzt sich aber über das Urteil hinweg. Und das trotz der Tatsache, dass er eingeräumt hat, dass die Deportation ein Irrtum war. Auf diese Weise soll ein Klima der Angst geschaffen werden, in dem sich niemand mehr sicher fühlt. Und durch seine Weigerung geht Trump auf Konfrontationskurs mit der Verfassung.
"Das ist Autoritarismus", donnert denn auch De Morgen. Indem er den Obersten Gerichtshof ignoriert, durchbricht Trump die Machtbalance. Sosehr man auch Wortinflation vermeiden sollte, man muss die Dinge beim Namen nennen können: Die USA schlittern geradewegs in eine Diktatur. Wir Europäer sollten daraus eine doppelte Lektion ziehen. Erstens: Die USA sind definitiv kein Verbündeter mehr, selbst nicht mehr beim Schutz liberaler Demokratien. Zweitens hält uns Amerika aber auch den Spiegel vor. Auch bei uns setzen sich Regierungen über geltendes Recht hinweg, insbesondere in der Migrationspolitik. Das amerikanische Beispiel zeigt, dass wir dabei niemals die Grundrechte aus den Augen verlieren dürfen. Ansonsten wird der Willkür Tür und Tor geöffnet.
Roger Pint