"Welthandel: EU und die USA legen Sonderabgaben auf Eis – es gibt eine Feuerpause im Zollstreit", titelt das GrenzEcho auf Seite eins. "Was hat Trump zur Kehrtwende im Handelskrieg getrieben? Und was wird Europa nun tun?", fragt De Standaard. "Börsen steigen wieder, nachdem Trump auf den Pausenknopf gedrückt hat", schreibt Het Laatste Nieuws. "Europa erholt sich stark, Wall Street erneut schwächer", hebt De Tijd hervor. "Trump erhöht die China-Zölle ein weiteres Mal", so Het Nieuwsblad.
Trump hat eine Atombombe auf die Weltwirtschaft abgeworfen, kommentiert La Libre Belgique. Damit hat er absolut unkontrollierbare Schäden an allen Börsen angerichtet, angefangen an der von New York. Trump hat gespielt und verloren. Taub bezüglich der Risiken und geblendet von der eigenen Arroganz, hat er sich verzockt. Unter dem Druck seiner Wähler, der Republikaner im Kongress und seiner reichen Spender hat der US-Präsident kapitulieren müssen; die von ihm angerichteten Schäden wurden einfach zu groß und zu gefährlich.
Jetzt also eine angebliche Pause von 90 Tagen auf die meisten neuen Einfuhrzölle, China ausgenommen. Nicht mehr als ein ungeschickter Versuch, diesen riesigen Rückschlag als diplomatischen Sieg darzustellen. Das Ganze zeigt vor allem, wie unverhältnismäßig viel Macht dieser Mann hat. Ein Mann, der unfähig ist, sein Ego, seine Überzeugungen und seine Obsessionen zu hinterfragen. Bleibt nur die Frage, ob Trump nicht auch China unterschätzt. Und damit weitere große Turbulenzen heraufbeschwört, so La Libre Belgique.
Zu viel ist zu viel
Die Unsicherheit nach der Kehrtwende des amerikanischen Präsidenten bleibt riesig, hebt De Tijd hervor. Ganz zu schweigen von der Zerstörung der Handelsbeziehungen zwischen den zwei größten Wirtschaftsmächten der Welt. Die Ankündigung der Pause bei den Zöllen hat denn auch nur zu einer sehr kurzen Euphorie geführt, die Ernüchterung an der Wall Street folgte sehr schnell. Das ist auffällig und besorgniserregend.
Trump hat mit seinem Zoll-Murks so viel Vertrauen zerstört, dass die Märkte auf die Barrikaden gegangen sind. Das ist vermutlich der wichtigste Grund, warum Trump seine Pause angekündigt hat. Selbst der Ober-Mobber scheint erschreckt angesichts der von ihm verursachten Bewegungen der finanziellen tektonischen Platten. Zu viel ist einfach zu viel. Dass selbst der Pausenknopf nicht ausgereicht hat, um die Märkte wieder zu beruhigen, zeigt, dass Stillstand nicht reichen wird, um Trumps Trümmerhaufen zu beseitigen. Trumps Abrissbirne hat in kürzester Zeit weltweit Wohlstand, Vertrauen und Sicherheit zerstört. Das lässt sich nicht mal eben so ungeschehen machen, giftet De Tijd.
Man braucht nicht zu glauben, dass die Krise zu Ende wäre, nur weil Trump jetzt auf den Pausenknopf gedrückt hat, schreibt L'Echo. Nichts ist jetzt geregelt, im Gegenteil. Die 90-tägige Waffenruhe verlängert nur die Unsicherheit. Ganz abgesehen von der sich abzeichnenden, nie dagewesenen Kraftprobe zwischen Washington und Peking. Dieser Handelskrieg könnte sich auch schnell zu einem Finanzkrieg zwischen den beiden Supermächten ausweiten. Noch sind wir nicht so weit, aber es wäre ein Fehler zu glauben, dass China sein Arsenal schon ausgeschöpft hat, warnt L'Echo.
Europa zwischen den Fronten
Die Europäische Union droht in die Konfliktzone zwischen den Vereinigten Staaten und China zu geraten, schlägt De Morgen Alarm. Es wird eine echte Herausforderung werden, hier nicht mitgerissen zu werden und am Ende von beiden Seiten Schläge einstecken zu müssen. Und trotz Trumps Zugeständnissen brauchen wir uns auch überhaupt keine Illusionen zu machen über seine Absichten. Trump hat bereits öffentlich gesagt, dass er nicht mit der EU verhandeln, sondern auf bilaterale Abkommen setzen wird. Unseren Führern wird also ein Loyalitätstest bevorstehen: Brüssel oder Washington. Gleichzeitig hat Europa aber auch keine andere Wahl, als noch strenger durchzugreifen gegen die chinesischen Dumping-Praktiken, bringt es De Morgen auf den Punkt.
Teile, um besser zu herrschen, das scheint Donald Trumps Maxime zu sein, meint L'Avenir. Seitdem er zum zweiten Mal ins Weiße Haus eingezogen ist, beweist er wieder und wieder, wie gut er darin ist, Chaos zu säen. Seine bevorzugten Waffen sind Einschüchterung und Provokationen, er versucht, bestehende Bündnisse zu zerstören und sich selbst zum Herrscher über alles aufzuschwingen. Aber diese Strategie könnte sich letztlich gegen ihn wenden. Denn Trump sollte nicht vergessen, dass die Welt lernen kann, ohne ihn zu leben, und er als Alleinherrscher eines Trümmerfelds enden könnte, mahnt L'Avenir.
Ambiguität ist keine Option
Le Soir greift die Aussagen von Außenminister Maxime Prévot und Premierminister Bart De Wever zu einer hypothetischen Festnahme von Israels Premier Benjamin Netanjahu in Belgien auf. Der Außenminister hat sich gestern vor der Kammer deutlich und unmissverständlich hinter den Internationalen Strafgerichtshof und die Gewaltentrennung gestellt. Die Position von Premier De Wever bleibt hingegen vage. Denn De Wever sprach vor den Parlamentariern von "politischen Erwägungen" und von den "Interpretationen anderer Länder". De Wever mahnte zur Vorsicht und warnte vor einer nie dagewesenen Situation, wenn ein demokratischer Staat den Führer eines anderen demokratischen Staates festnehmen lasse. Damit scheint De Wever zu signalisieren, dass er die internationale Justiz für modulierbar hält in einer Demokratie, ja sogar für optional. Diese Kontroverse ist also noch nicht ad acta gelegt. Vielmehr müssen sich die Parteien der Arizona-Koalition auf eine kohärente Position einigen und diese auch öffentlich kommunizieren. Denn andernfalls öffnet Belgien Netanjahu eine Tür, die Premier Alexander De Croo fest verschlossen gehalten hatte. Wir wollen uns das Chaos gar nicht vorstellen, wenn Israels Premierminister diese Tür benutzen würde, kritisiert Le Soir.
De Wever höhlt den Rechtsstaat aus, indem er strategische Parteiinteressen über juristische Pflichten stellt, prangert De Standaard an. Das Recht ist kein Menü, aus dem sich Politiker herauspicken können, was ihnen passt. Die Arizona-Regierung hat sich für feiges Schweigen gegenüber Israel entschieden – auch mangels Einigkeit. Ob sich Israel in Gaza des Völkermords schuldig gemacht hat, darüber muss der Internationale Strafgerichtshof urteilen. Aber die unzähligen Toten und das gewissenlose Aushungern der Überlebenden werden auf ewig der ultimative Schandfleck bleiben für Israel angesichts seiner eigenen Geschichte. Dass es Europa nicht gelingt, in dem Konflikt zu vermitteln, wird noch jahrzehntelang eine Blamage für den Westen bleiben, findet De Standaard.
Bart De Wever hat von Realpolitik gesprochen angesichts einer möglichen Verhaftung Netanjahus auf belgischem Staatsgebiet, resümiert Het Nieuwsblad. Zwischenzeitlich geht die Katastrophe in Gaza weiter. Mittlerweile gibt es über 50.000 Tote, die meisten davon Frauen und Kinder; humanitäre Hilfe wird von Israel blockiert; über 400 Rettungskräfte sind bereits getötet worden, so wie auch rund 300 UN-Mitarbeiter. Im Westjordanland sind die Palästinenser täglichem Terror ausgesetzt. Das lässt keinen Platz für "Realpolitik". Hier ist ein zynisches, blutrünstiges Regime dabei, ethnische Säuberungen durchzuführen. Außerdem lehrt die Geschichte, dass "Realpolitik" meist böse endet, siehe Putin und die Ukraine. Deswegen ist jede Ambiguität über Gaza und Israel auch fehl am Platze. Falls Netanjahu belgisches Territorium betritt, muss er festgenommen und an den Internationalen Strafgerichtshof überstellt werden. Punkt, ist Het Nieuwsblad überzeugt.
Boris Schmidt