Die flämische Tageszeitung De Standaard veröffentlicht heute ein Interview mit dem scheidenden Premier Yves Leterme. Hierin wehrt sich der flämische Christdemokrat gegen die Kritik, die die Nationalisten von der N-VA am Entscheidungsdrang der nur noch die Amtsgeschäfte führenden Regierung geübt hatten. Das Problem, so erklärt Leterme im Gespräch mit De Standaard, sei nicht das Vorgehen seiner scheidenden Regierung, sondern die Tatsache, dass Bart De Wever bisher keine Erfolge erzielen konnte. Es sei nicht gelungen, eine neue Regierung zu bilden. Trotz der Kritik an den flämischen Nationalisten lässt Leterme keinen Zweifel daran, dass seine Partei keiner neuen Regierung beitritt, an der nicht auch die N-VA beteiligt ist.
Yves Leterme verteidigt Entscheidungen seiner Regierung ...
Im Leitartikel heißt es zum Verhalten der scheidenden Regierung, dass diese für jede Entscheidung, die sie traf, in der Verantwortung stand, oder, wie im Fall des Einsatzes in Libyen, die Unterstützung des Parlaments bekam. Die geschäftsführende Regierung sei immer noch im Amt, weil es eben den Spitzen von PS und N-VA nicht gelinge, in ihren Verhandlungen auch nur einen Millimeter voranzukommen. Beide hätten überdies, so der Leitartikler, anscheinend den Glauben an ihren Erfolg verloren. Doch Di Rupo und De Wever können nur gemeinsam in die Geschichte des Landes eingehen, weil sie den Staat gründlich reformieren - oder aber zusammen mit unserer Wirtschaft wegen ihres Versagens untergehen.
…und attackiert die N-VA - aber lehnt Regierungsbildung ohne sie ab
Auch Het Nieuwsblad geht im Leitartikel auf diese Thematik ein und meint, durch die Welle der Gewalt, die durch die arabische Welt rase, könne man vergessen, dass in dem kleinen Land an der Nordsee noch so etwas wir Regierungsverhandlungen im Gange wären. Doch nach 283 Tagen seien die Meinungsverschiedenheiten so krass wie zuvor. Die verbalen Attacken von Yves Leterme gegen die N-VA illustrierten, so der Leitartikler, die Nervosität in den Reihen der flämischen Christdemokraten. Ob es womöglich zu einer Regierungsbildung ohne die N-VA komme, das hänge bekanntlich von Letermes Partei, der CD&V ab. Sollte es so weit kommen, würde die N-VA dies zweifellos als Absprache zwischen Leterme und Di Rupo darstellen, um die N-VA auszuspielen.
Elio's Secret - Bademoden und Politikverdrossenheit
Auch De Morgen widmet seinen Leitartikel der andauernden innenpolitischen Krise und meint, dass es wohl schon keinen mehr interessiere, ob wir nun 283 oder 284 Tage nach den Wahlen sind. Bart De Wever, Elio Di Rupo und der königliche Verhandlungsführer Wouter Beke trafen sich gestern zum x-ten Mal. Ob sie dabei weiterkamen, dürfte die Leser wohl auch wenig interessieren, meint der Kommentator. Die Bürger wüssten vermutlich eher über die Farbe der Badehose Elio Di Rupos bei der Einweihung des neuen Schwimmbads in Mons Bescheid, als über das, was in der Rue de la Loi am Verhandlungstisch diskutiert werde. Den Leitartikler wundert es, dass die Bevölkerung die Politiker nicht härter anpacke und mit ihnen ins Gericht gehe.
Le Soir veröffentlicht heute einen Gastbeitrag des scheidenden Premierministers Yves Leterme, in dem dieser erklärt, dass das belgische Sozialmodell mit den europäischen Konvergenz- und Wettbewerbszielen kompatibel ist.
Gaddafi - alter Freund und nun teurer Feind
Die Brüsseler Tageszeitung macht derweil auf Seite 1 mit den für Belgien entstehenden Kosten durch den Militäreinsatz in Libyen auf und schreibt, dass diese sich auf 12 Millionen Euro belaufen. In den USA sorgten die Kosten des Einsatzes indes für Zähneknirschen. Alleine der Abschuss von 162 Marschflugkörpern habe mehr als hundert Millionen Dollar verschlungen.
La Libre Belgique hat Belgiens frühere Beziehungen zu Libyen auf der Titelseite und meint, dass, bevor man mehrheitlich das bewaffnete Eingreifen in dem Maghreb-Staat unterstützt habe, Belgien oft ein enges Verhältnis zum Gaddafi-Regime unterhalten habe. Als Beispiel führt das Blatt den Empfang den die Regierung Verhofstadt 2004 dem Revolutionsführer bereitete, an.
Strahlenkatastrophe - viel schlimmer als zugegeben
Het Laatste Nieuws bringt die Nuklearkatastrophe im japanischen Fukushima auf Seite 1 und titelt: "Strahlung wird dramatisch". Nach dem Erdbeben und den Explosionen im Kernkraftwerk Fukushima nehme die radioaktive Strahlung in Japan beängstigend zu. Es wird deutlich, dass die Folgen der Atomkatastrophe jeden Tag schlimmer würden. In Dörfern, gut 40 Kilometer vom havarierten KKW entfernt, würden im Erdreich in fünf Zentimetern Tiefe Strahlenwerte gemessen, die 1.630-mal höher liegen als der Normalwert. Radioaktivität inzwischen auch im Trinkwasser Japans. Fazit von Het Laatste Nieuws: Strahlenschutzexperten seien äußerst beunruhigt. Die radioaktive Verseuchung sei tausendmal schlimmer als man zugebe.
Auch das Grenz-Echo meint, dass die radioaktive Wolke aus Fukushima jetzt um die Welt zieht und am Wochenende wohl auch Belgien erreicht.
Het Belang van Limburg notiert in diesem Zusammenhang, dass Erdbeben und Tsunami in Japan wohl zur teuersten Naturkatastrophe der Geschichte werde.
Good bye, Liz Taylor!
Eine Nachricht schließlich findet sich auf den Titelseiten fast aller Blätter, und zwar die vom Tod der Hollywood-Schauspielerin Liz Taylor. Die 79-jährige erlag jetzt einem Herzstillstand.
Bild: Bruno Fahy (belga)