"Ukraine: Trump und Putin vereinbaren teilweise Waffenruhe von 30 Tagen", titelt L'Echo. "Putin gönnt Trump nur eine abgeschwächte Waffenruhe in der Ukraine", schreibt De Tijd. "Trump kommt nur langsam voran: Gespräch mit Putin bringt nicht sofortige Waffenruhe", fasst das GrenzEcho zusammen. "'Das Telefonat des Jahres' ergibt nur wenig - keine allgemeine Waffenruhe in der Ukraine", so Het Laatste Nieuws. "Trump bestätigt eine Schein-Waffenruhe, die vor allem Putin nützt", liest man bei Le Soir.
Wie befürchtet hat sich Trump dem Aggressor Putin gegenüber viel entgegenkommender gezeigt als dem Opfer Selenskyj gegenüber, resümiert La Dernière Heure in ihrem Leitartikel. Den von ihm erhofften Deal hat Trump aber trotzdem nicht bekommen. Aber wie Geier, die über einem Kadaver kreisen, haben die beiden Autokraten die Ukraine schon mal unter sich aufgeteilt: Saporischschja und seine Kernzentrale, Odessa und sein Hafen, Land.
Wird das zum Zuschauer degradierte Europa den Forderungen Putins nachgeben und die Unterstützung der von Russland überfallenen Ukraine einstellen? Die Stärksten scheinen sich mal wieder durchzusetzen, ohne Rücksicht auf andere, so die bittere Bilanz von La Dernière Heure.
Brüder im Geiste mit gemeinsamem Feindbild
Nach dem Telefonat zwischen Putin und Trump ist nur eine Schlussfolgerung möglich, hält Het Nieuwsblad fest: Die beiden sind dabei, die Karte Europas neu zu zeichnen. Und das ruft übelste Erinnerungen an die Geschichte hervor. Das Gespräch hat einmal mehr deutlich gemacht, dass das Opfer des russischen Angriffs, die Ukraine, so gut wie kein Mitspracherecht haben wird über die eigene Zukunft. Sie wird den russischen Invasoren Land abtreten müssen und Putins grauenhafte Kriegsverbrechen werden für immer ungesühnt bleiben.
Trump und Putin sind nicht nur Brüder im Geiste, was ihre imperialistischen Gelüste angeht. Sie sehen Europa auch als gemeinsamen, ultimativen Feind an. Zeit, dass die Europäer das endlich begreifen und entsprechend handeln, appelliert sinngemäß Het Nieuwsblad.
Trump hat über das Aufteilen von Kraftwerken gesprochen, von "Assets" und von Land, resümiert De Standaard. So, als ob es um das Verteilen einer Kriegsbeute ginge. Außerdem musste die Ukraine Trump ihre Rohstoffe anbieten, um noch amerikanische Unterstützung zu bekommen. Demokratie, Selbstbestimmung und internationales Recht spielen für den Dealmacher Trump keine Rolle. Putin hingegen arbeitet seit vielen Jahren hartnäckig und strategisch daran, Russland wieder zu einer Großmacht zu machen. Deswegen sind all die Telefonate nur Zierwerk für das, worum es Putin wirklich geht: eine wehrlose Ukraine zu bekommen. Das war von Anfang an das Ziel Russlands, stellt De Standaard klar.
Trumps "Art of the Deal" zerschellt an der Realität
Putin will immer noch das, was er wollte, als er die Ukraine überfallen hat, erinnert De Tijd: die Entwaffnung der Ukraine und die Entfernung der gewählten, prowestlichen Regierung. Putin hat bei einem Frieden nichts zu gewinnen. Deswegen wird er alles daransetzen, Trump an der kurzen Leine zu halten. Trumps Versuch, schnell einen Ukraine-Friedens-Deal zu bekommen, zerschellt also an den Klippen der Realität. Genau wie im Nahen Osten. Der Bruch der Waffenruhe in Gaza ist ein gutes Beispiel für die kurzsichtige Vorgehensweise von Trump, der sich nicht um die Ursachen und Hintergründe schert und so unfähig ist, nachhaltige Lösungen zu finden. Das wird nicht nur die Position der Vereinigten Staaten in der Welt ins Wanken bringen, sondern auch ihre westlichen Verbündeten schwächen, warnt De Tijd.
Nach zwei Monaten Waffenruhe hat Benjamin Netanjahu beschlossen, wieder Krieg zu führen und Tod und Vernichtung auf den Gazastreifen niederregnen zu lassen, schreibt La Libre Belgique. Die jüngsten israelischen Angriffe sollen bereits mehr als 400 Todesopfer gefordert haben. Die Operation stellt auch eine eindeutige Verletzung der zerbrechlichen Waffenruhe dar, die seit dem 19. Januar galt. Man kann nicht anders als beunruhigt sein - um das Leben der restlichen israelischen Geiseln und um die Stabilität der ohnehin hochexplosiven Region.
Israels Führer setzen das Land damit auch noch stärker dem Vorwurf von Kriegsverbrechen aus. Mit diesem Schritt, für den Netanjahu auch den Segen Trumps hatte, vermeidet er außerdem, zu Phase zwei der Waffenruhe übergehen zu müssen, die zu einem friedlichen Ende des Konflikts führen sollte. Eine stabile Waffenruhe würde de facto den Sturz der israelischen Regierung bedeuten und damit als Dominoeffekt das Ende der Karriere von Netanjahu, der ja seit Jahren Ärger mit der israelischen Justiz hat, hebt La Libre Belgique hervor.
Netanjahu stellt sein politisches Überleben über alles
Für diejenigen, denen das Leben der israelischen Geiseln etwas bedeutet, ist die Wiederaufnahme der israelischen Bombardierungen ein Moment der Ernüchterung, kommentiert De Morgen. Denn sie müssen nun sehen, wie viel Wert das Leben der Geiseln für Netanjahu und seine Regierung wirklich hat: keinen. Die Verantwortung der israelischen Regierung ist einmal mehr erdrückend, wobei schon länger klar war, dass Netanjahu nie vorhatte, zu Phase zwei der Waffenruhe überzugehen. Benjamin Netanjahu stellt, im wörtlichen Sinn, sein eigenes politisches Überleben über die Leben der israelischen Geiseln und der palästinensischen Zivilisten, prangert De Morgen an.
Israel ist dabei, Gaza und seine palästinensischen Bewohner zu vernichten, die Hamas dient nur als Alibi, klagt Gazet van Antwerpen an. Israel hat bereits oft genug bewiesen, dass es Gegner sehr präzise unschädlich machen kann, ohne unnötige zivile Opfer. Siehe zum Beispiel die Pager-Operation gegen die Hisbollah. Warum also nicht entsprechend gegen die Terrororganisation Hamas vorgehen?
Die Antwort liegt auf der Hand: Israel will nicht nur die Hamas kleinkriegen, sondern auch die palästinensische Bevölkerung. Internationaler Druck schert Netanjahu nicht. Mit Trump an seiner Seite fühlt er sich auch unantastbar. Allein die Wähler und die Bürger Israels können diesem gewissenlosen Politiker und seiner todbringenden Extremistenregierung vielleicht Einhalt gebieten, meint Gazet van Antwerpen.