"Milliarden für die Verteidigung: Wie sieht die Zukunft des belgischen Militärs aus?", fragt De Tijd auf Seite eins. "Europäische Verteidigung muss jetzt zehn Schritte nach vorne machen", zitiert Het Belang van Limburg den belgischen Europaabgeordneten Wouter Beke. "Die Briten sind wieder Europas beste Bundesgenossen", schreibt De Standaard auf seiner Titelseite.
Themen rund um die geplanten Milliarden-Investitionen in die Verteidigung der Europäischen Union und damit auch Belgien greifen viele Zeitungen auch in ihren Leitartikeln auf.
De Tijd analysiert: In Deutschland hat alles begonnen. Als der designierte neue Bundeskanzler Friedrich Merz dort bekanntgab, die Schuldenbremse lockern und mehr als 500 Milliarden Euro in Infrastruktur investieren zu wollen, war das auch ein Zeichen für Europa. Das Zeichen nämlich: Schulden sind jetzt wieder ok, um besser in die Zukunft zu kommen. Deshalb erlaubt jetzt auch die EU wieder ihren Mitgliedsländern für Militärausgaben neue Schulden außerhalb der Haushaltsbilanz aufzunehmen.
Das alles geht in die richtige Richtung. Denn Investitionen sind wichtig, wenn die Zukunft gestaltet werden soll. Für Belgien, aber auch andere hochverschuldete Länder darf das allerdings nicht bedeuten, dass man jetzt wieder Schulden ins Bodenlose macht. Wenn Deutschland die Schuldenbremse lockert, bleibt alles trotzdem unter Kontrolle. An so einer verantwortungsvollen Schuldenpolitik muss Belgien sich orientieren, rät De Tijd.
Der amerikanische Elefant
L'Echo notiert: Die Europäische Union hat auf ihrem Sondergipfel in Brüssel das Tor für neue Schulden geöffnet. Das ist der Preis, den Europa bereit ist zu zahlen, um den Frieden zu wahren, wie es heißt. Wie soll Belgien mit dieser neuen Marschroute umgehen? Belgien ist schon hochverschuldet, und neue Schulden bleiben neue Schulden. Man kann gespannt sein, wie die Regierung De Wever mit der Herausforderung umgehen wird. Auf der einen Seite deutlich mehr Geld für die Verteidigung auszugeben, und gleichzeitig den Haushalt zu sanieren. Wahrscheinlich werden die Entscheidungen schmerzlich sein für den Sozialstaat, prophezeit L'Echo.
Das GrenzEcho wertet: Wenn etwas am hochgepriesenen EU-Gipfel "historisch" ist, dann die Ernüchterung. Darüber können auch Europas Spitzenpolitiker, die sich seit Donnerstagabend gegenseitig auf die Schultern klopfen und die Bedeutung ihrer Beschlüsse betonen, nicht hinwegtäuschen. Die schonungslose Erkenntnis: Europa tut genau das, was vom (amerikanischen) Elefanten im Raum erwartet wird – alleine, reichen wird es nicht. Denn: Mehr Waffen alleine lösen das geopolitische Dilemma nicht. Ein Wiederaufrüsten ist eine teure und gefährliche Illusion. Es ist, als würde man versuchen, ein brennendes Haus mit Benzin zu löschen. Das Problem ist nicht nur, dass die militärische Stärkung Jahre dauern wird, sondern dass sie ohne diplomatische Initiative ins Leere läuft. Eine langfristige Strategie für die europäische Sicherheitsordnung? Fehlanzeige, bedauert das GrenzEcho.
Wer ist der Feind?
De Morgen überlegt ähnlich: Mehr Waffen, Munitionen und Geld hat der EU-Gipfel der Ukraine versprochen. Doch kommt das nicht zu spät? Wäre es nicht sinnvoller gewesen, jetzt mit der Entsendung einer zivilen Militärmission nach Kiew zu beginnen? Menschen, die daran arbeiten, das Land wieder aufzubauen, den möglichen Frieden oder Waffenstillstand zu gewährleisten, auf den jetzt alles hinauszulaufen scheint? Das wäre eine sinnvolle Unterstützung gewesen, die der Ukraine langfristig geholfen hätte, unterstreicht De Morgen.
Anlässlich des internationalen Frauentags schreibt die Leitartiklerin von La Dernière Heure: Ich würde das Datum heute gerne aus dem Kalender streichen. Das wäre vielleicht der nützlichste feministische Akt unserer Zeit. Ein Internationaler Frauentag ist weiterhin vollkommen notwendig in Ländern, die keine Demokratie sind und wo Freiheiten missachtet werden. Aber in unserer Gesellschaft haben Männer und Frauen die gleichen Rechte. Dank der Feministen der Vergangenheit. Der Feminismus heute ist leider viel zu radikal. Er baut Gegensätze auf zwischen Männern und Frauen, die übertrieben sind und in Männern den Feind sehen. Um die Gleichheit der Frauen wirklich zu erreichen, muss man jeden Tag daran arbeiten und sollte nicht nur 24 Stunden lang daran erinnern, findet La Dernière Heure.
"Manfluencers" als Gefahr
Ganz anders notiert Het Belang van Limburg: Die Ergebnisse des jüngsten Berichts des europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen sind beängstigend. Nicht die ältere, so genannte konservative Garde der Männer ist frauenfeindlich, sondern es sind vor allem die Männer zwischen 18 und 24 Jahren. Zehn Prozent von ihnen glauben immer noch, dass eine Frau doch eigentlich Sex will, obwohl sie Nein sagt. Ebenfalls zehn Prozent dieser Männer finden es ok, Frauen zu schlagen.
Eigentlich kann das nicht verwundern, wenn man beobachtet, dass gerade in Sozialen Medien so genannte Manfluencers eine neue "Männlichkeit" anpreisen, zu der Unterwerfung und Gewalt gegen Frauen ganz natürlich dazugehören. Und vor diesem Hintergrund wollen einige den Internationalen Frauentag abschaffen?, fragt besorgt Het Belang van Limburg.
Auch Le Soir behauptet: Der Kampf um Gleichberechtigung ist noch längst nicht vorbei. Ob in Afghanistan, dem Kongo, den USA oder auch bei uns: Überall gibt es noch viel zu tun für die Rechte der Frauen. Klar, die Probleme der Frauen in Afghanistan sind anders als bei uns, aber auch bei uns ist Gleichberechtigung noch längst nicht erreicht. Das Motto: Wir alle, Frauen und Männer, sind Feministen muss auch bei uns noch gelten. Und nur zur Erinnerung: Das Wort Feminist bedeutet nicht Extremist zu sein, sondern sich für die Rechte der Frauen einzusetzen, unterstreicht Le Soir.
Kay Wagner