"Ziel: Vier Milliarden Euro mehr für die Verteidigung", titelt De Morgen. "Vier Monate, um vier Milliarden zusätzlich für das Militär zu finden", so die Schlagzeile bei De Tijd. "Europäischer Friedensplan für die Ukraine kommt nicht ohne die USA aus", heißt es im Aufmacher von De Standaard.
Themen rund um den Ukraine-Konflikt, die Rolle der USA dabei und die Reaktion Europas auf Äußerungen von Donald Trump diskutieren die Zeitungen auch in ihren Leitartikeln.
De Tijd beschäftigt sich mit der Idee, die Ausgaben für das belgische Militär schneller als geplant zu erhöhen und führt aus: Zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung, das sollte 2029 erreicht werden. Jetzt wollen Bart De Wever und Verteidigungsminister Theo Francken schon im Juni so weit sein. Diese Entscheidung ist richtig. Aber wird das reichen? Zwei Prozent des BIP ist ein Vermächtnis der alten Weltordnung. Doch mittlerweile hat sich viel geändert. Es ist klar, dass Europa nicht mehr auf die Unterstützung der USA hoffen kann. Deshalb muss auch Belgien genau wie viele andere europäische Staaten planen, deutlich mehr als zwei Prozent des BIP für die Verteidigung auszugeben. Sonst schwächen wir unsere Verbündeten und verliert Belgien international an Glaubwürdigkeit, behauptet De Tijd.
Woher soll das Geld kommen?
Het Nieuwsblad dagegen meint: Es geht nicht darum, anderen etwas zu beweisen und zu zeigen, dass auch Belgien bereit ist, mehr Geld für seine Verteidigung auszugeben. Vielmehr liegt es in unserem ganz eigenen Interesse. Belgien muss fähig sein, sich selbst verteidigen zu können. Denn wenn man sich zu sehr abhängig macht vom Schutz anderer, kann das böse enden. Dann nämlich, wenn die anderen beschließen, den Schutz nicht mehr zu gewährleisten - so wie Trump das gerade mit Europa macht, warnt Het Nieuwsblad.
Le Soir überlegt: Zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts schon jetzt für die Verteidigung – das Geld wird schwer aufzutreiben sein. Da ist es auch wenig tröstlich, dass die anderen europäischen Länder ebenfalls vor dieser Frage stehen. Großbritannien möchte vielleicht bei der Entwicklungszusammenarbeit sparen; andere überlegen, die Rente mit 70 einzuführen. Bei uns hat Theo Francken schon angeregt, Beteiligungen des Staates an Unternehmen zu veräußern. Das alles sind - genauso wenig, wie Steuern zu erhöhen - natürlich keine 1A-Lösungen. Aber irgendwoher muss das Geld ja kommen. Um schmerzliche Debatten wird man nicht herumkommen. Sonst bleibt alles wie es ist, erinnert Le Soir.
Europäer brauchen Ideen
L'Echo meint: 2025 wird das Jahr Null der europäischen Verteidigung, denn jetzt führt kein Weg mehr daran vorbei: Jetzt muss es gelingen. Frage ist nur, welche Verteidigung Europa schaffen möchte. Das große Problem zurzeit ist ja, dass die Waffensysteme der einzelnen Länder nicht aufeinander abgestimmt sind. Jeder Staat hat Waffen von anderen Herstellern. Daran muss sich etwas ändern. Bei den Gesprächen, wie das erreicht werden kann, müssen Vertreter der Industrie und des Militärs mit dabei sein, fordert L'Echo.
De Standaard rät: Europa darf unter dem Eindruck der aktuellen Ereignisse nicht nur an die Stärkung seiner Verteidigung denken, sondern muss auch die Diplomatie weiter im Auge behalten. Wenn es zu Gesprächen über einen Waffenstillstand kommen sollte, werden Europa und die Ukraine unweigerlich mit am Tisch sitzen. Denn Trump und Putin allein können einen Waffenstillstand nicht beschließen. Auf diese Gespräche müssen die Europäer vorbereitet sein. Sie sollten eine Idee haben, wie sie sich eine Lösung vorstellen, der sowohl Russen als auch Ukrainer zustimmen könnten, betont De Standaard.
Willkommen in der harten Realität
Het Laatste Nieuws stellt fest: Die Verteidigung der Ukraine ist völlig abhängig von den USA. Präsident Biden sagte Ja zur Unterstützung, Trump sagt jetzt Nein. Und da die Europäer nicht schnell in die Bresche springen können, wird es auf einen Waffenstillstand oder gar Frieden hinauslaufen. Die Ukraine wird dabei Gebiete an Russland abtreten müssen. Gerecht ist das zwar nicht, aber wo, bitte schön, ist die Alternative? Wären europäische Truppen bereit, in der Ukraine gegen die Russen zu kämpfen, um die Gebiete zu befreien? Natürlich nicht. So ist es nun mal. Willkommen in der harten Realität, schlussfolgert Het Laatste Nieuws.
La Libre Belgique gestaltet ihren Leitartikel als Brief an die Amerikaner und schließt mit den Worten: Die neue Regierung Eures Landes erinnert mit Sorge an die 1930er Jahre, als verschiedene europäische Staatsführer sich radikalisierten. Die Geschichte hat uns gelehrt, dass der institutionalisierte Hass schreckliche und unkontrollierbare Konsequenzen mit sich bringt. Liebe Amerikaner: Euer aktuelles Schweigen beunruhigt, ist gefährlich und letztlich auch traurig. Gebt Acht, dass ihr nicht zu lange schweigt. Denn eure Passivität angesichts der Angriffe von Trump auf die europäischen Werte, sein Schulterschluss mit Extremisten und Diktatoren kann tiefe Wunden hinterlassen, mahnt La Libre Belgique.
Kay Wagner