"Die Ukraine akzeptiert Trumps Rohstoff-Deal", schreibt L'Avenir auf Seite eins. "Europa ist wachgeworden, die EU und Großbritannien werden massiv in Verteidigung investieren", so die Aufmachergeschichte von De Standaard. "Die eingefrorenen russischen Vermögenswerte sind wieder auf der Tagesordnung", titelt De Morgen.
Die Lage in der Ukraine und insgesamt die neue amerikanische Außenpolitik unter dem Präsidenten Donald Trump beschäftigen auch heute viele Zeitungen. Europa ist nach wie vor in heller Aufregung, weil inzwischen wirklich jedem klargeworden ist, dass man sich im Zweifel nicht mehr auf die USA verlassen kann. Schlimmer noch: US-Präsident Trump scheint inzwischen gänzlich den russischen Standpunkt einzunehmen.
Ein Vogel für die Katze
"'America alone' hat in Europa die Gaulisten aufgeweckt", meint Le Soir etwas kryptisch in seinem Leitartikel. In der Tat lohnt sich ein Blick zurück: Es hat Zeiten gegeben, da war noch nicht klar, wie sich Europa nach dem Zweiten Weltkrieg auf dem geopolitischen Schachbrett positionieren sollte. Klar: Die USA hatten einen maßgeblichen Beitrag zur Befreiung des Alten Kontinents geleistet. In der Folge halfen die Amerikaner auch über den Marshallplan beim Wiederaufbau Europas. Das alles allerdings nicht aus reiner Nächstenliebe und auch nicht aus brüderlicher Verbundenheit, sondern vielmehr geleitet von Eigeninteressen: Die USA wollten sich vor dem Kommunismus schützen.
Nur der damalige französische Staatspräsident Charles de Gaulle vertrat seinerzeit nachdrücklich den Standpunkt, sich nicht unter den amerikanischen Schutzschirm zu begeben. Deswegen sorgte Frankreich für eigene Kapazitäten zur nuklearen Abschreckung. Der neue amerikanische Kurs sorgt jetzt dafür, dass auch andere Länder es de Gaulle gleichtun müssen. Verbunden ist das allerdings mit enormen haushaltspolitischen Herausforderungen.
"Was ist uns unsere Sicherheit wert?", das wird in den nächsten Jahren die Gretchenfrage sein, meint denn auch De Standaard in seinem Leitartikel. Die Europäer können nur ebenso verdattert wie geschockt feststellen, dass die Amerikaner die russische Barbarei nicht mehr als solche betrachten. Aber, wie heißt es so schön? In jeder Krise steckt auch eine Chance. Konkret: Europa kann sein Schicksal jetzt selbst in die Hand nehmen. Das allerdings wird gigantisch viel Geld kosten. Das gilt erst recht für Länder wie Belgien, die das zwei-Prozent-Ziel der Nato bislang geflissentlich ignoriert und jetzt einen entsprechenden Rückstand aufzuholen haben.
Die Föderalregierung hofft jetzt auf budgetäre Hintertüren, die es erlauben würden, die Verteidigungsausgaben aus dem Haushalt herauszurechnen. Dennoch dürfte es wohl nötig werden, Prioritäten zu verschieben und am Ende womöglich schmerzhafte Entscheidungen zu treffen. Und das mit einer abstrakten Perspektive, nämlich für Waffen, von denen man hofft, dass man sie nie einsetzen muss. Ohne Kriegsmaterial wären wir aber ein Vogel für die Katze. "Frieden durch Stärke", so lautet nicht umsonst die Maxime in diesen Tagen.
Ein schlechter Deal
Diese Neuausrichtung ist dringend nötig, denn die USA haben ihre Verbündeten regelrecht verraten, ist La Libre Belgique überzeugt. Die Stunde Null schlug am vergangenen Montag bei den Vereinten Nationen. Dort stimmten die USA gegen eine Resolution, die Russland im Ukraine-Krieg ausdrücklich als den Aggressor benennt. Viel klarer kann man nicht den russischen Standpunkt einnehmen. Es ist zwar nicht das erste Mal, dass die USA und Europa auf Ebene der Vereinten Nationen entgegengesetzte Standpunkte einnehmen, man denke nur an den Irak-Krieg. Das, was da am Montag in New York passiert ist, das ist von einer ganz anderen, viel schlimmeren Qualität. De facto ist es ein transatlantischer Bruch. Die amerikanische UN-Botschafterin rechtfertigte ihr Abstimmungsverhalten mit der Sehnsucht nach Frieden. Frieden wünschen sich wohl alle. Aber nicht zu jedem Preis. Konkret: Es darf nicht mal der Eindruck entstehen, dass sich Gewalt in irgendeiner Weise auszahlt.
"The art of the bad deal", notiert sarkastisch L'Echo. Das ist eine Anspielung auf den Titel eines Buches, mit dem Donald Trump in den 1980er Jahren bekannt wurde. "Die Kunst des Erfolges", darin geriert sich Trump als "Deal"-Macher. Im vorliegenden Fall ist es aber definitiv ein schlechter Deal, der sich da anbahnt. Trump will sich profilieren als der Mann, der den Ukraine-Krieg beendet hat. Ohne solide Sicherheitsgarantien erreicht er aber allenfalls einen Porzellanfrieden, den Putin bei der nächsten Gelegenheit brechen wird. Die bloße Umwandlung der aktuellen Frontlinie in eine neue faktische Grenze würde zudem das Völkerrecht unterminieren; vor allem wäre es für Russland mit Sicherheit eher einen Sieg als eine Niederlage. Eben ein schlechter Deal, und das auf allen Ebenen. Europa bezahlt für seine geostrategische Naivität einen hohen Preis.
Streikende schaffen sich selbst ab
Die Entwicklungen vor allem in den USA scheinen aber auch hierzulande den einen oder die andere zu inspirieren, konstatiert Het Laatste Nieuws. Die neue OpenVLD-Vorsitzende Eva De Bleeker etwa konnte der radikalen Säuberungsaktion von Elon Musk in den US-Bundesverwaltungen zunächst etwas abgewinnen, bis sie ihren Post dann doch löschte.
Mit dem eisernen Besen den Beamten zu Leibe rücken: Das klingt wohl in vielen, vor allem liberalen Ohren, nach einer guten Idee. Und, ehrlich gesagt, die Bahngewerkschaften spielen diesen Leuten mit ihrem neuntägigen Streik bei der SNCB nur noch in die Karten. Die Organisationen wissen gar nicht, was sie da für einen Schaden anrichten. Denn im Grunde schaffen sie sich selber ab. Außerdem gibt es auch sehr viele Bahnbedienstete, die ihren Job mit Hingabe machen und sich eben nicht an dem Streik beteiligen. Die kleine Minderheit von Arbeitsunwilligen bestraft nicht nur die Fahrgäste, sondern auch ihre Kollegen.
Roger Pint