"Arizona offiziell in Amt und Würden: Neue Koalition um Premier De Wever kann nach Vereidigung die Geschäfte aufnehmen", titelt das GrenzEcho. "Bouchez erteilt der Arizona eine Absage, ein erster Rückschlag für De Wever", so der große Aufmacher bei La Libre Belgique. "Neue Regierung zählt gerade mal vier Frauen", heben Het Nieuwsblad und Gazet van Antwerpen hervor. "Trara 1 für De Wever I: Ist die Regierung zu männlich?", fragt De Morgen.
Die letzten möglichen Zweifel an der konservativen Ausrichtung der Arizona-Regierung sind beseitigt, schreibt L'Avenir in seinem Leitartikel: 15 Minister, 11 Männer und nur vier Frauen. Und keine der Frauen ist von den allmächtigen Parteipräsidenten mit dem Posten einer Vizepremierministerin bedacht worden. Wie ist so etwas möglich? Das hinterlässt einen üblen Beigeschmack nach zu viel Testosteron und vermittelt das Bild einer archaischen und schlecht zusammengestellten Exekutive. Bei acht Monaten Verhandlungen hätte man doch erwarten können, dass die politisch Verantwortlichen so etwas bedenken würden. Aber offenbar war die Entwicklung hin zu einer gleicheren Gesellschaft keine Priorität, giftet L'Avenir.
Ein Schlag ins Gesicht von Frauen und Minderheiten
"Wo sind die Frauen auf dem Gruppenfoto?", fragt auch Het Belang van Limburg. Man muss sie schon suchen, sie stehen wortwörtlich im Schatten ihrer männlichen Kollegen. Ist das ein Zufall? Vielleicht. Ist das problematisch? Sicher. Die Regierung De Wever ist ein schmerzlicher Rückschritt, was den Kampf für mehr Geschlechtergleichheit angeht. Dieser Mangel an Diversität ist nicht nur von der Symbolik her ein Problem, er wird auch konkrete Folgen für die Qualität der Regierungsarbeit haben. Zahlreiche Studien haben schon bewiesen, dass Firmen, in denen Frauen prominent vertreten sind, besser funktionieren. Dass die Regierung so wenige Frauen beinhaltet, ist auch nicht "unerwartet und schade", wie der Premier behauptet. Es ist eine bewusste Wahl der Parteivorsitzenden gewesen. Vielleicht wird es Zeit für eine Geschlechterquote bei Ministerposten. Denn eine Regierung, die die Komplexität des 21. Jahrhunderts umarmen will, kann sich keine Homogenität erlauben, unterstreicht Het Belang van Limburg.
Es ist zum Schämen, donnert Het Nieuwsblad: Diese Dominanz weißer Männer passt nicht ins Jahr 2025. Damit bekommt auch die Illusion tiefe Kratzer, dass Frauen gleich viel wert sind. Soviel also zu den Versuchen, mehr Frauen zu ermutigen, in die Politik zu gehen. Und das Gleiche gilt im Übrigen auch für Menschen mit Migrationshintergrund. Zum Stimmensammeln im Wahlkampf waren sie gut genug, auf dem Gruppenfoto der Regierung sucht man aber vergeblich irgendeine Hautfarbe jenseits von weiß. Wie soll man das anders interpretieren als einen Schlag ins Gesicht von Frauen und Minderheiten?, empört sich Het Nieuwsblad.
Der Unterschied zur flämischen Regierung, die vor allem aus Frauen besteht, und auch zur letzten Föderalregierung unter Premierminister Alexander De Croo, könnte nicht größer sein, hebt De Standaard hervor. Vor fünf Jahren waren wir noch stolz auf eine Regierung, die zur Hälfte aus Frauen bestand. International machten wir Schlagzeilen, weil zum ersten Mal in Europa eine Trans-Frau Ministerin wurde und wir das in Belgien total normal fanden. Außerdem hatten drei der Minister einen Migrationshintergrund. Heute hat ein Fünftel der Belgier ausländische Wurzeln – in der Regierung De Wever aber sind sie überhaupt nicht vertreten. Es war für die Parteivorsitzenden offenbar nicht vorrangig, die wirkliche Zusammensetzung der Gesellschaft widerzuspiegeln, prangert De Standaard an.
Die Angst vor dem Heckenschützen der Vivaldi
La Libre Belgique befasst sich mit Georges-Louis Bouchez. Bouchez tritt letztlich also doch nicht selbst in die neue Föderalregierung ein, er bleibt lieber Parteivorsitzender der frankophonen Liberalen MR. In Flandern hat diese Meldung wie eine Bombe eingeschlagen – es ist ein erster Rückschlag für Bart De Wever. Denn De Wever fürchtet vor allem, dass es seiner Regierung wie der Vivaldi-Koalition ergehen könnte, die von den nicht enden wollenden Konflikten zwischen den Präsidenten der flämischen Sozialisten Vooruit und der MR heimgesucht wurde. Wenn Conner Rousseau und Bouchez Vizepremierminister geworden wären, hätten sie weniger Unheil stiften können, meint La Libre Belgique.
Bouchez fehlt also auf dem Gruppenbild der Regierung, hält Le Soir fest. Und das wirft unmittelbar Fragen auf. Bouchez hat in letzter Minute beschlossen, von Bord zu gehen. Damit hat er nicht nur seine neuen Teamkollegen gegen sich aufgebracht, sondern auch Ängste geschürt vor der Rückkehr des unerträglichen Heckenschützen der Vivaldi, bringt es Le Soir auf den Punkt.
In Flandern mag die Abwesenheit von Bouchez zwar zu Wut und scharfen Attacken der Opposition geführt haben, so La Dernière Heure. Aber mittel- und langfristig ist das kein schlechter Schachzug. Der größte Erfolg von Bouchez, sein Baby quasi, das sind die umgeformte MR und die Erfolge, zu denen er sie geführt hat. Das ist die Ebene, auf der er am erfolgreichsten ist, als freies Elektron angesichts nationaler, regionaler und lokaler Herausforderungen. Wenn er wie angedacht das Innenministerium übernommen hätte, hätte Bouchez seine Omnipräsenz eingebüßt, analysiert La Dernière Heure.
BDW auf der internationalen Bühne
Gazet van Antwerpen blickt auf den ersten Auftritt des frischgebackenen Premierministers auf der internationalen Bühne: An den Anblick von Bart De Wever zwischen den europäischen Staats- und Regierungschefs muss man sich erst noch etwas gewöhnen. Aber noch interessanter ist die Frage, wie er sich der Europäischen Union gegenüber aufstellen wird. Denn die N-VA ist nie ein großer Fan der EU gewesen, das Herz der flämischen Nationalisten schlägt schließlich für weitreichende Selbstbestimmung. Aber selbst die N-VA kann nicht leugnen, dass nur die Europäische Union in der Lage ist, etwas auszurichten gegen Russen, Amerikaner und Chinesen. Gut für De Wever ist in diesem Zusammenhang, dass die aktuelle europäische Dynamik auch die Tendenzen bei uns widerspiegelt. Der neue Bart De Wever kann hier also nahtlos anknüpfen. Es könnte sogar sein, dass es auf europäischer Ebene für ihn glatter laufen könnte als zu Hause, spekuliert Gazet van Antwerpen.
Boris Schmidt