"Arizona – Ab jetzt wird bis zum Schluss verhandelt", schreiben La Libre Belgique und L'Echo auf Seite eins. Und "De Wever wird dabei vor allem Vooruit überzeugen müssen", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad. Heute Mittag wollen sich die Spitzenvertreter der fünf Arizona-Parteien einschließen. Und dann soll verhandelt werden, bis eine Einigung über den Haushalt und die angestrebten Strukturreformen steht. Die Deadline läuft am Freitag ab. Sollte Regierungsbildner De Wever dann wieder mit leeren Händen in den Palast gehen müssen, dann wäre das wohl das Ende für Arizona.
Die nächsten 48 Stunden sind ebenso entscheidend wie gefährlich, meint L'Avenir in seinem Leitartikel. In den letzten Tagen gab es nur wenig Anzeichen dafür, dass sich die Positionen angenähert hätten. Nein, die Gespräche über die ominöse Supernote von Regierungsbildner Bart De Wever wurden schlicht und einfach ausgesetzt. 230 Tage nach der Wahl müssen die Parteien jetzt zu der Ansicht gelangen, dass man eben nicht alles haben kann. Nur ein ehrenwerter und ausgewogener Kompromiss kann die Grundlage für die nächste Regierung sein.
Eine neue Strategie ist nötig
Jetzt müssen Knoten durchgehackt werden, mahnt auch Het Nieuwsblad. Alle Augen richten sich dabei vor allem auf Vooruit. Die flämischen Sozialisten brauchen eine echte Trophäe, andernfalls kann die Partei unmöglich ins Arizona-Boot steigen. Denn, jeder muss zugeben: Wenn ein Sparhaushalt mit einem Volumen von 20 Milliarden Euro auch für keine Partei wirklich angenehm ist, so gilt das nun mal vor allem für diejenigen, die auf der linken Seite des Bettes liegen. Und Vooruit kann nicht – koste es, was es wolle – einer Regierung beitreten, das wäre politischer Selbstmord.
Umso befremdlicher ist es, dass Regierungsbildner Bart De Wever den Sozialisten noch nicht einmal ein Zückerchen gibt. Man muss nicht mal bösen Willens sein, um den Eindruck zu haben, dass Vooruit rausgeekelt werden soll. Wenn Arizona wirklich lebensfähig sein soll, dann muss De Wever seine Strategie ändern.
Die Parteien sollten jetzt zur Abwechslung mal nicht nur ihre eigenen Interessen vor Augen haben, sondern vor allem das Allgemeinwohl, empfiehlt seinerseits L'Echo. Die Bürger erwarten jetzt – zu Recht – eine stabile Regierung, die das Land durch die – gerade im Moment – besonders aufgewühlte See steuern kann. In einer Welt, in der zunehmend wankelmütige Populisten den Ton angeben, brauchen auch die Unternehmen dringend wenigstens ein Mindestmaß an Planungssicherheit. Ein Scheitern der Arizona-Verhandlungen ist definitiv keine Option. Verlierer wären dabei vor allem die Bürger.
Kein Spiel mit unserer Sicherheit!
"Kein Zweifel: Die Arizona-Parteien müssen jetzt landen!", fordert auch Het Laatste Nieuws. Diejenigen, die die Dringlichkeit noch nicht eingesehen haben sollten, die müssen sich einfach mal umschauen. Der Chef der Häfen Antwerpen-Zeebrügge hat gerade noch beklagt, dass man sich de facto im Krieg befindet. Täglich werde man das Opfer von Cyberangriffen, die in den meisten Fällen die Handschrift russischer Hacker tragen. In der Ostsee mehren sich die Sabotage-Akte, bei denen Daten- oder Stromkabel und Pipelines beschädigt werden. Da gibt's kein Vertun: Das sind zielgerichtete Schritte in Richtung eines größeren Konflikts. Putins Schattenkrieg läuft auf Hochtouren. Und in einem solchen Klima können es sich unsere politisch Verantwortlichen nicht erlauben, die Regierungsbildung um noch mal 200 Tage zu verlängern. Wer jetzt auf die Bremse tritt, der spielt mit unserer Sicherheit.
Ab jetzt warten wir also auf weißen Rauch, so das Fazit von La Dernière Heure. Die Arizona-Partner schließen sich ein, wie die Kardinäle in der Sixtinischen Kapelle. Werden Vooruit, CD&V und Les Engagés mit ausreichendem Nachdruck für eine ausgewogenere Supernote predigen? Bislang haben wir hier eigentlich nur die belgische Dreifaltigkeit gesehen: institutionelle Komplexität, maßlose Egos und Parteiinteressen. Und jetzt also das letzte Hochamt. Wunder oder Kreuzigung? Halten wir es mit dem Heiligen Thomas: Wir glauben nur, was wir sehen.
"'Trump-Connection' gerät ins Wanken"
Einige Blätter beschäftigen sich aber auch weiterhin mit dem Erdbeben in der Tech-Branche. Ein bislang unbekanntes chinesisches Startup-Unternehmen hat mit der Ankündigung eines Low-Cost-Modells einer KI-Software die Märkte regelrecht erschüttert. Kurz und knapp: DeepSeek ist durchaus vergleichbar mit den amerikanischen Marktführern, ist aber deutlich günstiger.
"DeepSeek, diese chinesische Bombe bringt die 'Trump-Connection' ins Wanken", ist Le Soir überzeugt. Der neue US-Präsident hatte doch eigentlich die Absicht, die USA im Bereich der Künstlichen Intelligenz zu den Herren der Welt zu machen. 500 Milliarden Dollar sollten in das Projekt investiert werden. Und jetzt beweisen die Chinesen, dass es gar nicht nötig ist, solche Unsummen zu investieren. Für Trump muss sich das wie eine Ohrfeige anfühlen: Er musste erkennen, dass Musk & Co. diese Partie nicht von vornherein gewonnen haben.
Hier zeigt sich einmal mehr, dass in der Tech-Branche nichts in Stein gemeißelt ist, konstatiert auch das GrenzEcho. Der Aufstieg des kleinen chinesischen Newcomers beweist, dass Innovation nicht zwangsläufig aus dem Silicon-Valley oder von etablierten Unternehmen kommen muss. Auch für Europa muss das eine Lehre sein. Fortschritt entsteht nicht nur durch gigantische Budgets, sondern durch Kreativität, Effizienz und mutige Strategien.
De Standaard sieht das ähnlich: Das Spielfeld hat sich buchstäblich über Nacht vergrößert. Dies erst recht, weil das chinesische Unternehmen, das hinter DeepSeek steckt, sogar seinen Quellcode öffentlich zugänglich macht. Auch für europäische KI-Entwickler ist das eine ausgezeichnete Neuigkeit. Erstens bedeutet das nämlich, dass nicht Geld über die Zukunft der KI entscheidet, sondern immer noch Erfindergeist und Kreativität. Und, zweites Fazit: Auch Handelsbarrieren können den Fortschritt nicht bremsen, denn die Chinesen mussten ohne die amerikanischen High-Tech-Chips auskommen. DeepSeek kann tatsächlich ein Gamechanger sein.
Roger Pint