"US-Präsidentschaft: Trump verspricht goldenes Zeitalter: Der 78-Jährige ist zurück an der Macht – zum Amtsantritt gibt er sich als Retter des Landes", titelt das GrenzEcho. "Trump beginnt seine 'Revolution': Territorium ausbreiten, Panamakanal zurückfordern, Millionen Menschen ausweisen, Notstand an der Grenze ausrufen, Armee gegen Migranten einsetzen, mehr Öl fördern, nur noch zwei Geschlechter zulassen, 'Green Deal' zurückdrehen, Armee ausbauen, Kriege im Ausland stoppen", zählt Het Nieuwsblad im Telegramm-Stil diverse Vorhaben Trumps auf.
"Mexiko, China, Panama… aber kein Wort über Europa", stellt Het Laatste Nieuws fest. "Dunkler denn je", schreibt Het Belang van Limburg. "Der neue amerikanische 'Traum'", titelt La Dernière Heure, wobei die Zeitung das Wort "Traum" in Anführungszeichen setzt.
Die neue Weltordnung
Da ist sie also, die neue Weltordnung, kommentiert Le Soir. Eine neue Weltordnung, entworfen im und gesteuert aus dem Weißen Haus, die nur ein einziges Ziel hat - "America First" - und die nur dem Diktat eines einzigen Mannes unterliegt: Donald Trump. Die Welt weiß auch, dass sie es ab jetzt nicht mehr mit Wahlkampfparolen zu tun hat. Das gestern war die Ankündigung einer ultra-aggressiven Politik durch einen Präsidenten, der nicht nur den Ehrgeiz dazu hat, sondern auch die Mittel. Diejenigen, die Trump bisher noch nicht namentlich ins Visier genommen hat, sollten derweil nicht erleichtert aufatmen – auch sie werden an die Reihe kommen. Das gilt insbesondere für die Europäer. Denn ihre Einheit ist bereits das Ziel eines massiven amerikanischen Angriffs. Mit tatkräftiger Hilfe von Feinden im Innern, von denen verschiedene zur Eidablegung Trumps gestern nach Washington gereist waren, hebt Le Soir hervor.
Im Gegensatz zu seiner ersten Amtseinführung hat Trump nun keinen Widerstand oder Widerspruch mehr zu fürchten, hält De Standaard fest: Die Tech-Mogule und Milliardäre rennen ihm die Tür ein, Firmen haben schon proaktiv ihre Pläne bezüglich Diversität und Klima auf Eis gelegt, Gegendemonstranten waren kaum zu sehen. Und niemand sollte sich etwas vormachen: Trump wird ein Stresstest werden für den Rechtsstaat. Und die militaristische Sprache seiner bisherigen präsidentiellen Dekrete verheißt nichts Gutes, warnt De Standaard.
Nach Trump I haben viele europäische Führer gedacht, dass sich die Welt schon wieder beruhigen wird, so De Morgen. Das Gegenteil ist passiert. Und es ist vor allem Europa, das angeschlagen ist nach den Krisen der letzten Jahre, nicht die Vereinigten Staaten. Der Ernst der Lage ist viel zu spät erkannt worden. Und jetzt, angesichts von Trump II und seiner angekündigten harten Geopolitik und seinem wirtschaftlichen Nationalismus, fehlt uns all die verlorene Zeit bitter, konstatiert De Morgen.
Europa steht vor der Wahl: Einheit oder Unterwerfung
Die Vereinigten Staaten können ab jetzt als Bedrohung für den Wohlstand, die Stabilität und die Sicherheit Europas betrachtet werden, schreibt La Libre Belgique. Und man muss bezweifeln, ob die Union bereit ist für diesen Schock. Aber Europa darf sich nicht einschüchtern lassen, es darf keine Angst davor haben, amerikanische Unternehmen, die hier aktiv sind, zur Einhaltung unserer Gesetze und Regeln zu zwingen – auch wenn sie von Trump-Vertrauten wie Musk und Zuckerberg geleitet werden. Und Europa darf auch nicht zögern, in einem Handelskrieg zurückzuschlagen. Ebenso wichtig sind die Fähigkeit und der Wille, die eigene Sicherheit auch militärisch selbst garantieren zu können und die Wiederherstellung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit. Trump wird versuchen, die EU-Mitgliedsstaaten gegeneinander auszuspielen. Die Optionen, die auf dem Tisch liegen, sind deutlich: Europäische Einheit oder Unterwerfung, bringt es La Libre Belgique auf den Punkt.
Die Wochenzeitung The Economist hat den gestrigen Tag als Anfang vom Ende der Ära Trump bezeichnet, merkt Het Belang van Limburg an. Das ist allerdings eine sehr optimistische Sichtweise. Denn in den kommenden vier Jahren kann der mächtigste Mann der Welt vielen Menschen das Leben ziemlich schwer machen. Seine Antrittsrede war im Übrigen auch keine Überraschung, eigentlich war es nur eine Zusammenfassung seines Wahlkampfs. Aber was wird von all der Prahlerei auch wirklich umgesetzt werden? Denn ab jetzt wird Trump nicht mehr die Wähler überzeugen müssen, sondern die Volksvertreter und Senatoren, erinnert Het Belang van Limburg.
"Blue Monday"
L'Avenir beschäftigt sich nicht nur anlässlich der Eidablegung Trumps mit den Milliardären, ihrem immer größer werdenden Vermögen und ihrer Macht: Wenn sich Geld und Macht so stark vermischen, wie wir es jetzt gerade sehen, dann kann man nicht mehr von Politik sprechen. Das ist Klüngel und üble Geschäftemacherei, bei der die Interessen einiger weniger Personen über das Allgemeinwohl gestellt werden und das ohnehin schon prekäre globale Gleichgewicht noch weiter destabilisieren. Der 20. Januar war auch der sogenannte "Blue Monday", der angeblich traurigste oder deprimierendste Tag des Jahres. Dieses Mal stimmt das wirklich, beklagt L'Avenir.
Das GrenzEcho macht sich Gedanken darüber, warum so viele Menschen Trump und Co. bewundern und sich extremen Parteien zuwenden beziehungsweise autoritäre Positionen tolerieren: Den Trumpismus kann man nicht einfach aussitzen und wie einen Sturm vorüberziehen lassen. Er ist kein Betriebsunfall der Geschichte, sondern in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die freiheitlichen Demokratien müssen jetzt raus aus der Defensive und zeigen, dass sie in der Lage sind, für eine gerechte Politik zu sorgen, indem sie die sozialen Probleme der Menschen ernst nehmen – und lösen, fordert das GrenzEcho.
Boris Schmidt