"Was hat Elon Musk mit Europa vor?", fragen sich gleich zwei Zeitungen, nämlich De Standaard und De Morgen. "Wie will Elon Musk die Welt drehen lassen?", so die Schlagzeile von L'Echo. "Wir müssen seine Worte betrachten als den Standpunkt der USA", notiert De Tijd auf Seite eins.
"Der amerikanische Tech-Milliardär Elon Musk produziert schon seit einigen Tagen eine Schlagzeile nach der anderen. Zuletzt sorgte er in Deutschland durch seine unverhohlene Unterstützung für die rechtsextreme AfD für einen Sturm der Entrüstung. Und nach der Amtsübernahme von Donald Trump soll Elon Musk ja Mitglied der neuen US-Regierung werden. Bis auf Weiteres wird man ihn wohl als Sprachrohr des künftigen US-Präsidenten betrachten müssen.
Angriff der Tech-Milliardäre
"Werden wir den Angriffen widerstehen, werden wir gar überleben können?", fragt sich L'Echo in seinem Leitartikel. Donald Trump ist noch nicht im Amt, da hat er schon mit diversen Vorstößen für weltweite Erschütterungen gesorgt. Die Europäer hat er zusammen mit seinen Tech-Baronen mit testosterongeschwängerten Attacken einige Male gekonnt in die Magengrube getroffen. Beispiel Elon Musk: Der hat in dieser Woche der Co-Vorsitzenden der rechtsextremen AfD in Deutschland, Alice Weidel, einen wahnwitzigen roten Teppich ausgerollt. Dies auf seiner Plattform X, die sämtliche Regeln und Gesetzgebungen einfach ignoriert. Gleichzeitig wurde bekannt, dass der amerikanische Konzern Meta künftig auf seinen Plattformen Facebook und Instagram auf Faktenchecks verzichten will. Reden wir Klartext: Die amerikanischen Internetkonzerne haben offensichtlich beschlossen, gegen Europa und seine Regulierungen offensiv zu Felde zu ziehen. Ein solcher Angriff muss pariert werden, hier bedarf es einer starken, gezielten und vor allem geschlossenen Reaktion. Doch wo ist die EU-Kommission? "Kein Anschluss unter dieser Nummer", könnte man meinen.
Das GrenzEcho schlägt in dieselbe Kerbe. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich die unheilvollen US-amerikanischen Verhältnisse auch in Europa ausbreiten. Es wird sich zeigen müssen, ob das EU-Digitalgesetz wirksam genug ist, um diese Entwicklung aufzuhalten. Zwar soll es Plattformen dazu zwingen, illegale Inhalte schneller zu entfernen, aber ob das reicht, um Hass und Hetze einzudämmen, ist eine andere Frage. Wir stehen vor der Wahl: Entweder Kontrolle über die digitale Welt oder völlige Kapitulation vor mächtigen Rechtspopulisten, die schon längst damit begonnen haben, die politischen Regeln nach ihren Vorstellungen umzuschreiben.
Ein Kreuzzug gegen die Rentenreform
Einige Zeitungen beschäftigen sich auch wieder mit der föderalen Koalitionsbildung. "Die PS setzt Rousseau unter Druck", berichten etwa L'Echo und De Tijd auf Seite eins. Anscheinend mehren sich die Anzeichen dafür, dass die Arizona-Parteien tatsächlich zum Landeanflug ansetzen wollen. Demnach könnte eine Regierung pünktlich zum Ablauf der Deadline am 31. Januar stehen. Vor diesem Hintergrund scheinen die frankophonen Sozialisten PS jetzt aber den Druck auf ihre flämische Schwesterpartei Vooruit erhöhen zu wollen. "Glaubt ihnen nicht, wenn sie behaupten, dass die Sparmaßnahmen alternativlos sind", sagt PS-Chef Paul Magnette in beiden Wirtschaftszeitungen.
Parallel dazu geben auch die Gewerkschaften einen ersten, deutlich hörbaren Warnschuss ab. "Vielen Schulen bleiben am Montag geschlossen", bemerkt das GrenzEcho auf Seite eins. "Jede dritte flämische Grundschule wird geschlossen bleiben", schreibt auch Het Nieuwsblad. Am Montag wollen nämlich allen voran die Lehrkräfte gegen die Rentenpläne der wohl künftigen Arizona-Koalition protestieren.
"Das ist eine doch haarsträubende Kriegserklärung", giftet De Tijd in ihrem Kommentar. Die Gewerkschaften starten also einen Kreuzzug gegen eine Rentenreform, die noch nicht beschlossen ist und von der auch noch keine Einzelheiten bekannt sind. Doch nicht nur deshalb kann man angesichts des Streiks vom Montag nur noch mit dem Kopf schütteln. Die Gewerkschaften scheinen selbst die Notwendigkeit einer Reform nicht erkennen zu wollen. Dabei weiß jeder, dass unser Rentensystem ohne eine gründliche Neuordnung gegen die Wand fahren wird. Zu allem Überfluss scheinen es die Arbeitnehmervertretungen auch mit der Wahrheit nicht so genau zu nehmen. Sie haben ihren Mitgliedern gegenüber ein Schreckensszenario an die Wand gemalt, das so selbst in den durchgesickerten Arbeitspapieren nicht existiert. Wenn die Gewerkschaften wirklich den Anspruch erheben, bei der Gestaltung und Verwaltung der Sozialen Sicherheit eine aktive Rolle zu spielen, dann müssen sie auch das entsprechende Verantwortungsbewusstsein an den Tag legen. Stattdessen wollen sie gegen das Unvermeidliche protestieren. Die Alternative ist, dass alles zusammenbricht.
Eine undankbare Sisyphusarbeit
Het Belang van Limburg sieht das etwas anders. Natürlich sprechen wir hier noch von ungelegten Eiern. Und doch ist es nachvollziehbar, dass insbesondere die Lehrkräfte angesichts des Inhalts der durchgesickerten "Supernote" von Regierungsbildner Bart De Wever an die Decke gehen. Denn, mal ehrlich: Wer würde denn ernsthaft eine mitunter sogar substanzielle Beschneidung seiner Rentenbezüge widerspruchslos akzeptieren? Und dann gilt: Besser früh genug die Zähne zeigen, statt am Ende von der Wirklichkeit überholt zu werden. Ja, der Streik vom kommenden Montag mag voreilig und überstürzt wirken, er ist nichtsdestotrotz verständlich.
Der Streik vom kommenden Montag, das ist wohl nur der Anfang, orakelt De Standaard. Die nächste Regierung wird – so oder so – schmerzhafte Einschnitte vornehmen müssen. Entsprechend laufen sich die Gewerkschaften schon mal warm. Der neue Chef des flämischen Flügels der sozialistischen Gewerkschaft FGTB hat schon Klartext geredet: Er rechnet mit einem heißen Frühjahr, heißen Sommer, heißen Herbst und heißen Winter. Die Regierung wird allerdings nicht wirklich große Spielräume haben. Vielmehr wird sie die Quadratur des Kreises hinbekommen müssen: Auf der einen Seite muss eine entschlossene Kurskorrektur vorgenommen werden, um das Land neu aufzustellen. Auf der anderen Seite ist eine spürbare Aufstockung des Verteidigungshaushaltes jetzt durch die Wiederwahl von Donald Trump zu einer dringenden, gar kurzfristigen Notwendigkeit geworden. Trump macht keinen Hehl daraus, dass nur die Länder geschützt werden, die auch zahlen. Belgien gehört hier bislang zu den absoluten Schlusslichtern. Der künftige Premierminister Bart De Wever wird da wenig zu lachen haben. Das wird eine Sisyphusarbeit, bei der man eigentlich nur Undank ernten kann: Protest im Inland, Hohn im Ausland.
Roger Pint