"UNO gibt grünes Licht für Luftangriffe gegen Gaddafi" titelt heute La Libre Belgique. Für De Standaard "steht ein militärisches Eingreifen kurz bevor". Le Soir blickt auf seiner Titelseite schon auf Belgien und bringt die Schlagzeile: "Belgien ist bereit für eine Militäroperation in Libyen".
Der UN-Sicherheitsrat hat in der vergangenen Nacht eine Resolution verabschiedet, die ein militärisches Eingreifen in Libyen möglich macht: Das beinhaltet nicht nur die mögliche Einrichtung einer Flugverbotszone, wie unter anderem De Standaard notiert, es können gegebenenfalls auch gezielte Luftangriffe gegen militärische Einheiten des libyschen Revolutionsführers Muammar al-Gaddafi eingesetzt werden.
Jetzt schnell handeln
Viele Zeitungen widmen der neuen Entwicklung ihre Kommentare. Für De Morgen etwa hatte die Weltgemeinschaft im Grunde keine andere Wahl. Blinder Pazifismus kann gefährlich sein, bemerkt das Blatt. Wer nichts tut, der gibt einem blutrünstigen Diktator einen Freibrief. Mit einem Mann wie Gaddafi verhandeln zu wollen, ist naiv. Bleibt tatsächlich nur ein militärisches Eingreifen, wenn man wirklich unschuldige Leben retten will.
Und das sollte jetzt auch noch sehr schnell gehen, fügt Le Soir hinzu. Die Nr. 2 der bisherigen libyschen Vertretung bei den Vereinten Nationen warnte bereits vor einem drohenden Völkermord in seiner Heimat. Und dieser Diplomat muss es wissen. Es bedarf also jetzt eines entschlossenen Eingreifens inklusive Luftangriffen. Es ist eine Frage von Stunden.
Genau das ist übrigens auch die Haltung etwa der französischen Regierung, wie La Dernière Heure berichtet. Demnach plädierte der französische Premierminister François Fillon im Falle eines grünen Lichts aus New York auf eine Aktion innerhalb von Stunden.
Auch Belgien ist offenbar bereit für eine Beteiligung an einer Militäraktion, wie Le Soir auf seiner Titelseite berichtet. Anscheinend hat die Regierung quer durch die Parteien diesbezüglich einen Konsens festgestellt. Denkbar ist unter anderem, dass Belgien zur Überwachung einer Flugverbotszone sechs F16-Kampfflugzeuge und, dazu gehörig, bis zu 200 Soldaten beisteuert.
Zweifel
Nicht alle Leitartikler stehen uneingeschränkt hinter einer militärischen Intervention in Nordafrika. Ist es auf Dauer militärisch sinnvoll und effizient, allein aus der Luft Einfluss nehmen zu wollen, fragt sich de Standard. Man erreicht allenfalls, dass die offensive der Gaddafi-treuen Truppen gestoppt wird. Doch was dann? Gerade Diktatoren vom Schlage eines Gaddafi kann man nicht einfach so aus dem Amt bomben. Gibt es für diesen Fall einen Plan B? Wäre das nicht am Ende wieder ein Einsatz von Bodentruppen? Es wäre eine Aktion mit vielen offenen Fragen.
Derlei Zaudern ist zwar nachvollziehbar, meint dazu Het Nieuwsblad. Tatsächlich will niemand einen neuen Irak-Krieg. Doch was wäre die Alternative? Wenn der Westen Gaddafi gewähren lässt, wäre das ein verheerendes Signal an die Adresse anderer Diktatoren dieser Welt. Einzugreifen ist riskant, untätig zu bleiben birgt wird aber ein noch größeres Risiko.
"Moderne Samurai"
Auch heute richten sich naturgemäß weiter alle Blicke nach Japan, insbesondere auf das havarierte Kernkraftwerk in Fukushima. Dort läuft weiter ein Wettlauf gegen die Zeit, wie unter anderem De Morgen notiert. 50 Techniker und Ingenieure versuchen verzweifelt, die Anlage zu kühlen. Diesen Männern widmen Het Laatste Nieuws und Het Nieuwsblad ihre Titelseite. Die Freiwilligen opfern ihr Leben, um eine Atomkatastrophe ungeahnten Ausmaßes in ihrer Heimat zu verhindern, schreibt Het Nieuwsblad. Wie Het Laatste Nieuws berichtet, nehmen die Helden von Fukushima inzwischen Abschied von ihren Familien. In Japan betrachtet man sie bereits als moderne Samurai.
Die Zukunft der Kernenergie
Der drohende Super-Gau in Japan hat auch in Belgien die Debatte über die Zukunft der Kernenergie wieder angefacht. Gazet van Antwerpen nennt die diesbezügliche Diskussion "demagogisch und unsinnig". Demagogisch, weil die Politik allein von der Katastrophe in Japan profitieren will. Und unsinnig, weil Belgien ohnehin von AKW umgeben ist, nämlich in Frankreich und den Niederlanden. Doel oder Tihange zu schließen macht also keinen Sinn. Es bedarf eines gesamteuropäischen Ansatzes.
In der Zwischenzeit will die EU "Stresstests" für die insgesamt 143 europäischen Kernkraftwerke verordnen. Hier sollte man aber nicht den Fehler machen, den man schon im Zusammenhang mit den Belastungstests für Banken gemacht hat, warnt L'Echo: Die Stresstests müssen realistisch, die Simulation im wahrsten Sinne des Wortes stressig sein, damit die Ergebnisse am Ende auch wirklich glaubwürdig sind.
Wie dem auch sei: Für die Diskussion in Belgien kommt der besagte Stresstest wie gerufen, wie Het Belang van Limburg feststellt. Damit wird die Diskussion über die Kernenergie erst einmal vertagt. Und in vielleicht einem Jahr kann man dann auch mit klarem Kopf an die Sache herangehen.
Roter Teppich für De Wever
Auf den Titelseiten von La Libre Belgique und Het Laatste Nieuws prangt derweil heute ein Foto, auf dem Bart de Wever und der britische Premier Cameron zu sehen sind. Der N-VA-Chef wurde nämlich im Londoner Amtssitz, 10 Downing Street, empfangen. Dem amtierenden Premier Yves Leterme wurde diese Ehre noch nicht zuteil.
Haushalt 2011: ehrenwert und doch surrealistisch
In der Zwischenzeit legt die geschäftsführende Regierung letzte Hand an den Haushalt 2011. Der soll mit einem Defizit von 3,6% deutlich besser abschließen als ursprünglich erhofft. La Libre Belgique lobt den Etat als "mehr als ehrenwert". Damit werden sämtliche Unglückspropheten, allen voran die Rating-Agenturen, eines besseren belehrt.
Für Het Laatste Nieuws hat das Ganze dennoch einen surrealistischen Anstrich. Inzwischen könnte man wirklich meinen, es gäbe keine politische Krise. Unter der Ägide eines wiedergeborenen Premiers ist das Kabinett tatkräftiger und geschlossener denn je. Am Ende, so Het Laatste Nieuws augenzwinkernd, wird womöglich noch ein Politiker hingehen und behaupten, dass wir im Juni nicht gewählt haben und dass die Regierung nicht gestürzt wurde.
Bild: Peter Foley (epa)