"Erst fiel das Ortungssystem aus; dann wurde das Flugzeug getroffen, angeblich von 'Vögeln'", schreibt De Standaard auf Seite eins. Le Soir ist deutlicher: "Flugzeugcrash – immer mehr Finger zeigen auf Russland", so die Schlagzeile.
Das rätselhafte Flugzeugunglück in Kasachstan sorgt weiter für Diskussionsstoff. Die Maschine einer aserbaidschanischen Fluggesellschaft war am Mittwoch nahe der kasachischen Stadt Aktau beim Landeanflug abgestürzt. Dabei waren 38 der 67 Menschen an Bord getötet worden. Das Flugzeug war ursprünglich unterwegs in die tschetschenische Hauptstadt Grosny. Experten gehen mehr und mehr davon aus, dass die Maschine von der russischen Flugabwehr getroffen wurde. Womöglich wurde sie mit einer ukrainischen Drohne verwechselt.
"Wieder so ein 'Ups'"- Moment", giftet De Morgen in seinem Leitartikel. Natürlich muss man erst einmal das Abschlussergebnis der Untersuchungen abwarten. Es gibt aber starke Hinweise darauf, dass das Flugzeugunglück in Kasachstan durch die russische Flugabwehr verursacht wurde. Und das wäre ja auch nicht das erste Mal. Vor genau zehn Jahren holten russische Separatisten mit einem russischen Flugabwehrgeschütz ein Flugzeug der Malaysia Airlines über der Ukraine vom Himmel. 298 Menschen kamen dabei ums Leben. Und seit zehn Jahren weist Moskau jede Verwicklung in den MH-17-Absturz entschieden zurück; das Ganze begleitet von einer gigantischen Desinformationskampagne. Jetzt also wieder ein angeblich "tragisches Versehen". Das erinnert so ein bisschen an die Sabotageakte in der Ostsee, bei denen Pipelines oder Unterwasserkabel beschädigt werden. In Sicherheitskreisen wurde der Begriff "anchor-dragging" zum Wort des Jahres gekürt. Sinngemäß übersetzt: "Den Anker schleifen lassen". Da wird dann einfach mal behauptet, man habe vergessen, den Anker einzuholen. "Ups, sorry!". Russland schießt alle Friedenstauben eigenhändig aus der Luft.
Wird es ein Karnevalsabkommen?
Innenpolitisch sorgen die föderalen Koalitionsverhandlungen wieder für Schlagzeilen: "Vooruit legt 500 Änderungsvorschläge für die 'Supernote' von Bart De Wever vor", titelt La Libre Belgique. Die Supernote soll ja die sozialwirtschaftlichen und haushaltspolitischen Schwerpunkte der kommenden Regierung umfassen. Das sind ja genau die Themen, die immer wieder für Streit am Verhandlungstisch gesorgt haben. Wenn die flämischen Sozialisten jetzt gleich 500 Änderungsvorschläge vorlegen, dann zeigt das wohl, dass man von einer Einigung immer noch sehr weit entfernt ist.
Ausgerechnet jetzt wurde eine symbolische Schwelle überschritten, bemerkt La Dernière Heure in ihrem Leitartikel. Gestern war es genau 200 Tage her, dass die Arizona-Parteien die Wahl gewonnen haben. Inzwischen sind sämtliche Deadlines verstrichen. Erst hieß es, eine neue Regierung würde Mitte September stehen. Am Ende kündigte der "heilige Bart" ein Abkommen für Weihnachten an. Eine Landung für Silvester oder den Dreikönigstag kann man sich jetzt wohl auch schon abschminken. Vielleicht wird es am Ende ein Karnevalsabkommen. Damit es da keine Missverständnisse gibt: Gute Neuigkeiten sind das nicht. Der Druck der EU-Kommission und der Finanzmärkte wächst mit jedem Tag angesichts der katastrophalen Haushaltssituation. Andererseits: Für die Bürger geht das Leben eigentlich weiter wie bisher. Ums mal mit Galilei zu sagen: Das Königreich ist im geschäftsführenden Modus, "aber es bewegt sich doch".
Niederländisch lernen längst überfällig
"Niederländisch soll in den Schulen der Wallonie ab 2027 zum Pflichtfach werden", so derweil die Schlagzeile von La Dernière Heure. "…wenn es denn genug Niederländischlehrer gibt", fügt aber L'Avenir auf seiner Titelseite gleich hinzu. Die neue Mehrheit aus MR und Les Engagés will Niederländisch nun auch an wallonischen Schulen zum Pflichtfach machen. In Brüssel ist das ja schon der Fall.
Das ist längst überfällig, ist La Libre Belgique überzeugt. In diesem Land herrscht mehr denn je die Sprachverwirrung. In den letzten 15 Jahren hat sich die Zahl der Schüler, die Niederländisch als Zweitsprache gewählt haben, halbiert und ist von 49 Prozent auf 24 Prozent gesunken. So kann es nicht weiter gehen. In einem Land wie Belgien ist das Beherrschen der niederländischen Sprache nicht nur eine Frage des Respekts, hier geht es auch um Integration und Chancengleichheit. Niederländisch darf keine simple Option sein, sondern eine Selbstverständlichkeit.
"Diese Pläne sind nicht neu", konstatiert aber L'Avenir. Die Vorgängerregierung hatte sich diese Absicht auch schon ins Koalitionsabkommen geschrieben. Damals wie heute stehen wir aber vor demselben Problem: Es gibt nicht genug Niederländischlehrer. Und daran wird sich von heute auf morgen auch nichts ändern. Erstens: Die Studienzeit für potenzielle Kandidaten wurde gerade erst verlängert. Hinzu kommt, dass es durch die Reform des Schulkalenders nur noch komplizierter geworden ist, Lehrer in Flandern zu rekrutieren. Weil die Ferien nicht mehr zwangsläufig zusammenfallen, wird der Austausch zwischen den Schulsystemen nur noch weiter erschwert. Aber immerhin ist die Debatte nun endgültig lanciert.
Keine Rechtsgrundlage für "Präpression"
Einige Leitartikler beschäftigen sich schließlich noch mit einer Maßnahme des Antwerpener Bürgermeisters Bart De Wever. Der hat mit Blick auf die Silvesternacht gegen einige bekannte Krawallmacher einen vorsorglichen Hausarrest verhängt. Dagegen hat jetzt ein betroffener 17-Jähriger vor dem Staatsrat geklagt.
Gazet van Antwerpen ist mit der Maßnahme einverstanden. Es kann doch nicht sein, dass "alle Jahre wieder" dieselben Unruhestifter die Feiern zum Jahreswechsel verhageln. Der Kläger ist das beste Beispiel: Der junge Mann wurde im vergangenen Jahr in der Silvesternacht gleich fünfmal von der Polizei ermahnt. Statt vor den Kadi zu ziehen, sollten sich die Eltern vielleicht mal Sorgen um ihren Sprössling machen. All die Experten, die hier rechtliche Bedenken sehen, sitzen in aller Ruhe an ihren Schreibtischen. Bürgermeister tragen demgegenüber direkte Verantwortung.
Het Nieuwsblad sieht das ganz anders. Juristen kritisieren völlig zu Recht solche Präventivmaßnahmen, für die es ja sogar schon einen Begriff gibt: "Präpression", was für proaktive Repression steht. Dafür gibt es keine Rechtsgrundlage. Wir brauchen keine Bürgermeister, die sich wie Sheriffs aufführen und mit einem Fingerschnipsen Hausarreste und Ausgehverbote verhängen. Klar: Jedes Jahr dieselben Bilder sehen zu müssen von Silvesterkrawallen und brennenden Autos, das muss nicht sein. Und dagegen muss man auch mit aller Härte vorgehen. Freiheitsentzug, das liegt aber ausschließlich in der Zuständigkeit der Justiz. Präventive Maßnahmen, die also allein "auf Verdacht" verhängt werden, das ist ein Schritt zu weit. Das öffnet nämlich der Willkür Tür und Tor.
Roger Pint