"Magdeburg trauert nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt", schreibt Het Laatste Nieuws auf Seite eins. "Nach dem Anschlag von Magdeburg dominieren in Deutschland Wut und Fassungslosigkeit", titelt La Libre Belgique. "Welche waren die Motive des Täters von Magdeburg?", fragt sich De Morgen.
Deutschland steht weiter unter Schock nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt von Magdeburg am vergangenen Freitag. Dabei sind nach aktuellem Stand fünf Menschen getötet und 200 weitere zum Teil schwer verletzt worden. In diesem Zusammenhang kursieren allerlei Lügen und Verschwörungserzählungen, insbesondere über das Profil des Täters. "Elon Musk verstärkt Lügen über den Anschlag auf den Weihnachtsmarkt von Magdeburg", notiert De Standaard auf Seite eins. Der Tech-Milliardär hat auf seiner Internetplattform X ausdrücklich der rechtsextremen AfD seine Unterstützung ausgesprochen.
Ein "Theater der Angst"
"Der Terror-Albtraum ist zurück", meint betrübt La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. Der Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg hat Deutschland ins Mark getroffen. Düstere Erinnerungen werden wach an das Attentat vor acht Jahren auf dem Breitscheidplatz in Berlin. Der Eine oder die Andere wird sich zurückversetzt fühlen in die Jahre 2015-2016, als eine Welle von islamistisch motivierten Terrorattacken Europa erschütterte. Hier enden aber womöglich die Parallelen. Der Täter von Magdeburg handelte nämlich offensichtlich nicht aus islamistischen Motiven heraus. Vielmehr scheint er ein Anhänger der islamfeindlichen Thesen der AfD gewesen zu sein. Ungeachtet des Profils und der Motive des Täters dürfte der Anschlag den Wahlkampf im Nachbarland aber weiter vergiften.
Vor allem dürfte der tragische Vorfall der AfD weiter Auftrieb geben, ist De Morgen überzeugt. Rechtsextremisten in Deutschland und auch in anderen Ländern haben den Anschlag sofort aufgegriffen, um ihn als einen Beweis für ihre Thesen ins Feld zu führen. "Der Täter stammt aus Saudi-Arabien? Dann kann es sich doch nur um einen Moslemterroristen handeln. Und wenn die klassischen Medien etwas anderes erzählen, dann sollte man das nicht glauben. Das sind schließlich Lügner", so oder so ähnlich tönt es so ein bisschen überall aus der extrem rechten Ecke. Dass es sich bei dem Täter von Magdeburg mutmaßlich um einen Islamhasser gehandelt haben soll, der zudem rechtsextremen Verschwörungstheorien anhing, das wird also einfach ausgeblendet. Inwieweit dieses "Theater der Angst" die Menschen beeinflussen wird, das werden wir in zwei Monaten bei der Bundestagswahl sehen.
Die Fakten spielen für die Rechtsextremisten keine Rolle, kann auch Het Belang van Limburg nur feststellen. Dass der Täter offensichtlich auf der gleichen Wellenlänge war wie die AfD, das hält die extreme Rechte nicht davon ab, die Tragödie für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Ein paar Trolle haben sogar schon versucht, die Bilder seiner Festnahme zu manipulieren und ihm ein "Allahu Akbar" in den Mund zu legen. Derartige Lügen werden dann auch noch durch Leute wie Elon Musk aufgegriffen und weiterverbreitet, der offensichtlich nicht mehr nur in den USA den Schattenpräsidenten spielt, sondern gleich auf Weltebene.
Die Angst hat noch niemanden gerettet
"Einmal Moslem, immer Moslem", das ist offensichtlich das Narrativ, das hier verbreitet werden soll, meint auch Het Laatste Nieuws. Wenn ein Moslem auf einem Weihnachtsmarkt Menschen tötet, dann kann es sich nur um einen Syrer handeln, der aus islamistischen Motiven heraus handelt. Und wenn sich plötzlich herausstellt, dass es eben kein Syrer war und sogar ein Islamhasser, nun, dann haben die Journalisten das eben erfunden. Was offensichtlich in manche Köpfe nicht reingeht: Ein Verrückter ist manchmal eben nur ein Verrückter, der dann nicht stellvertretend steht für eine ganze Religionsgemeinschaft.
"Aber wie gehen wir jetzt damit um?", fragt sich La Dernière Heure. Muss man jetzt Weihnachtsmärkte meiden, aus Angst, dass auch hier ein Extremist zuschlagen könnte? Nun, ein Nullrisiko gibt es nicht. Die Geschichte des Terrorismus des 21. Jahrhunderts lehrt uns, dass es unmöglich ist, ein Attentat vorherzusagen; erst recht, wenn es sich bei dem Täter um einen sogenannten einsamen Wolf handelt, der also nicht in eine organisierte Struktur eingebettet ist. Deswegen sollte man einfach nur leben! Die Angst vor einem Anschlag hat noch niemanden gerettet.
Einige Zeitungen beschäftigen sich auch noch mit den föderalen Koalitionsverhandlungen. "Die Regierungsbildung wird mit jedem Tag mühsamer", titelt etwa Het Laatste Nieuws. Am Freitag soll es zu einem heftigen Zusammenstoß zwischen dem MR-Vorsitzenden Georges-Louis Bouchez und dem CD&V-Politiker und amtierenden Finanzminister Vincent Van Peteghem gekommen sein. "Daraufhin wurde erstmal der Pausenknopf gedrückt", schreibt Het Nieuwsblad auf Seite eins.
Ein wild gackernder Truthahn
Das wird wohl nichts mit einem "Endjahresabkommen", konstatiert Gazet van Antwerpen in ihrem Leitartikel. Mehr denn je zeigt sich, wie schwer es ist, die Arizona-Partner auf einen gleichen sozialwirtschaftlichen und haushaltspolitischen Nenner zu bringen. Führt man sich die enormen Herausforderungen vor Augen, dann ist es verständlich, dass das etwas länger dauert. Langsam, aber sicher müsste man den Sack aber zumachen.
Het Nieuwsblad ist deutlich weniger verständnisvoll. MR-Chef Georges-Louis Bouchez hat hier definitiv über die Stränge geschlagen, hat er doch den CD&V-Kollegen Van Peteghem sogar persönlich angegriffen. Wegen seiner extrem starren Haltung und seiner brutalen Attacken ist Bouchez längst das Problemkind am Tisch. Den Vooruit-Vorsitzenden Conner Rousseau hatte Bouchez ja auch schon als "petit gamin" bezeichnet. Jeder Vogel singt, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Bei Bouchez kommt aber noch hinzu, dass er jeden Schritt in Richtung einer faireren Lastenverteilung per Ukas vom Tisch fegt. So kann es nicht weitergehen. Mit einem wild gackernden Truthahn am Tisch kommt man nicht zum Ziel.
Roger Pint