"Start für den teuersten Bahnhof des Landes", notiert Het Nieuwsblad auf Seite eins. "Neun Jahre später als geplant hat das kleine Mons seinen majestätischen Bahnhof", spöttelt De Standaard auf seiner Titelseite.
In Mons wird heute der neue Bahnhof in Betrieb genommen. Das Projekt steht seit Jahren in der Kritik, weil es die ursprünglichen Kosten weit gesprengt hat und statt 2015, als Mons europäische Kulturhauptstadt war, erst jetzt fertig ist. Für die Leitartikler ist der Bahnhof Mons heute das Top-Thema.
La Dernière Heure lädt zum Gedankenspiel ein: Stellen Sie sich vor, Sie kaufen das neue iPhone 16 für 12.600 Euro, bezahlen für eine Woche Familienurlaub in Spanien knapp 40.000 Euro und handeln für Ihren kleinen Dacia Sandero Stepway einen Vorzugspreis von 221.000 Euro aus. Man würde Sie für verrückt erklären, oder? Natürlich. Aber genau das Gleiche ist jetzt in Mons mit dem Bahnhof passiert. Eigentlich sollte er ja 37 Millionen Euro kosten. Die Rechnung ist 13-mal so hoch. 480 Millionen stehen da zu Buche. Und knapp zehn Jahre Verspätung. Ein wahres Symbol der wallonischen Misswirtschaft, ätzt La Dernière Heure.
Schallende Ohrfeige
L'Avenir findet: Zugegeben, der Bahnhof ist ein Meisterwerk der Architektur. Aber in Zeiten der wirtschaftlichen und sozialen Krisen werden die gigantischen Kosten zu einem beschämenden Luxus; zu einer schallenden Ohrfeige ins Gesicht der Bürger, die es immer schwerer haben, über die Runden zu kommen, schimpft L'Avenir.
La Libre Belgique wundert sich: Der Rechnungshof hat in einem Bericht offengelegt, dass es bei dem Bahnhofsprojekt viele Hindernisse, Versäumnisse und Ungereimtheiten gab, die den reibungslosen Ablauf des Baus verzögert haben. So mussten zum Beispiel verschiedene Bauunternehmen eins nach dem anderen engagiert werden. Trotzdem hat das alles weder die Justiz noch die Politik dazu veranlasst, nach den Ursachen all dieser Störfaktoren zu fragen. Der Bahnhof von Mons wird in das kollektive Gedächtnis eingehen als eins der schillerndsten Beispiele für Misswirtschaft mit öffentlichen Geldern. Alles Ergebnis einer Aneinanderreihung unglücklicher Umstände, von Fehlplanungen oder gar illegalen Machenschaften? Diese Zweifel werden bestehen bleiben, ärgert sich La Libre Belgique.
Die Zeche zahlt der Fahrgast
Het Nieuwsblad weist darauf hin: Mons ist nicht der einzige Bahnhof der SNCB, bei dem die Kosten aus dem Ruder gelaufen sind. Die Bahnhöfe von Gent, Antwerpen und Lüttich sind weitere Beispiele für die große Misswirtschaft bei der belgischen Bahn. Die Zeche zahlt der Fahrgast: Kleine Bahnhöfe wurden geschlossen, Schalterpersonal eingespart und wenn die Klimaanlage im Sommer nicht funktioniert, dann hängt das auch mit dem Geld zusammen, das für die Bahnhofsprojekte verschwendet wurde. Wenn man dann noch sieht, dass die Zahl der Leitungsfunktionen sich bei der Bahn in zehn Jahren verdoppelt hat, was zu Lohnkosten von 1,2 Milliarden Euro im Jahr führt, dann erkennt sicher auch der Letzte, dass hier etwas nicht stimmt. Solange die Bahn allerdings von Politikern abhängig ist, wird sich daran wahrscheinlich auch nichts ändern, schimpft Het Nieuwsblad.
De Standaard weiß: Nicht nur bei der Bahn, auch bei anderen Bauprojekten werden die ursprünglich berechneten Kosten regelmäßig mit gigantischen Summen übertroffen. Die Oosterweel-Autobahnverbindung bei Antwerpen, der Brüsseler Ring oder auch die neue Energieinsel brauchen Milliarden Euro mehr als geplant. Und niemals ist das ein Problem, immer wird die gleiche Lösung gefunden: nämlich der Steuerzahler. Kein einziger Bürger, kein einziges Unternehmen könnten sich so eine Misswirtschaft leisten ohne Konsequenzen, betont De Standaard.
Keine rosigen Aussichten
Das GrenzEcho kommentiert die Sparmaßnahmen, die die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft beschlossen hat: Bei diesen Sparmaßnahmen geht es längst nicht mehr nur um kleine Stellschrauben, bei denen bloß nur ein bisschen gedreht werden muss, damit es wieder passt. Es geht um wesentliche Dinge, die das Allgemeinwohl in den DG-Gemeinden nachhaltig beeinträchtigen dürften. Ob es der dringend notwendige Bau einer neuen Schule in Kettenis, der längst nicht abgeschlossene Wiederaufbau der Unterstadt in Eupen oder die Einrichtung einer modernen Feuerwehrkaserne ist: All das steht nun auf der Kippe, weil der übergeordnete Finanzier, die DG, den Geldhahn ein gutes Stück zudrehen will. Das ist eine schlechte Nachricht für alle Bürger und es sind keine rosigen Aussichten für die neun deutschsprachigen Gemeinden, bedauert das GrenzEcho.
Het Belang van Limburg macht sich Gedanken zur möglichen neuen Föderalregierung: Dass in den vergangenen Tagen nichts aus den Verhandlungskreisen an die Öffentlichkeit durchgesickert ist, ist eigentlich ein gutes Zeichen. Auf der anderen Seite haben bereits Bart De Wever, Georges-Louis Bouchez und jetzt auch Maxime Prévot Andeutungen gemacht, dass es doch wohl bis Anfang nächsten Jahres dauern könnte. Aber wer weiß, vielleicht klappt es ja doch noch vor den Festtagen mit einer Alles-oder-Nichts-Weihnachtsoffensive, hofft Het Belang van Limburg.
Kay Wagner