"Els van Doesburg darf sich bereit machen, um Bart De Wever im Antwerpener Rathaus zu ersetzen", titelt De Standaard. "Els van Doesburg darf auf Antwerpener Schärpe hoffen", schreibt De Morgen. "Van Doesburg Bürgermeisterin, wenn De Wever Premier wird", ergänzt Gazet van Antwerpen, Het Laatste Nieuws und Het Nieuwsblad formulieren es ähnlich.
Die Verhandlungen in Antwerpen haben ungewöhnlich lange gedauert, kommentiert De Standaard. Die ideologischen Gegensätze waren hier besonders groß, deswegen war der einzige Weg für N-VA und Vooruit, Dossier um Dossier zu verhandeln und jeweils gemeinsamen Grund zu finden. Das hat im Großen und Ganzen auch funktioniert. Und es hat dazu beigetragen, sich gegenseitig besser zu verstehen. Wer weiß, vielleicht bringt diese Antwerpener Methode auch auf föderaler Ebene Ergebnisse. Allerdings sind die Herausforderungen hier noch viel größer und schwieriger, gibt De Standaard zu bedenken.
De Wever schätzt seine Chancen, Premierminister zu werden, noch immer auf 50 Prozent, hält Gazet van Antwerpen fest. Wir werden also abwarten müssen, was die Zeit bis Weihnachten beziehungsweise bis zum neuen Jahr noch bringen wird auf föderaler Ebene. Für Antwerpen bleibt jedenfalls festzuhalten, dass die Stadt nun eine stabile Koalition aus zwei Parteien hat und dass weder bei N-VA noch bei Vooruit irgendwer deswegen einen Kater hat. Nun ist es an den Schöffen zu beweisen, dass sie trotz unterschiedlicher Parteibücher gemeinsam Politik machen können, merkt Gazet van Antwerpen an.
Wann wird die Handbremse gelöst?
Trotz sechs Monaten Feilen an Texten und Tabellen, gibt es für Bart De Wever bei den föderalen Regierungsverhandlungen weiter keinen Durchbruch, schreibt Het Nieuwsblad. Es will sich einfach kein Vertrauen einstellen am Verhandlungstisch und auch der Regierungsbildner scheint daran nichts ändern zu können. Es ist offenbar unmöglich, Links, Rechts und die Mitte zusammenzubringen, De Wever kommt einfach nicht viel weiter, als immer Varianten des Gleichen zu probieren. Es stimmt zwar, dass die Herausforderungen enorm sind, gerade haushaltstechnisch. Andererseits haben nur wenige Regierungsbildner so viel Zeit und Raum bekommen vom Palast bei so wenig Erreichtem wie De Wever. Auch das ist eine Folge der Taktik, alle Hoffnung auf einen Mann zu setzen. Ob diese Machtkonzentration die Dinge wirklich voranbringt, ist eine ganz andere Geschichte, so Het Nieuwsblad.
Es wird immer klarer, dass wir dieses Jahr keine neue Föderalregierung mehr bekommen werden, ist Het Belang van Limburg überzeugt. Aber der N-VA-Chef hat nun jedenfalls nicht mehr die Entschuldigung, auf zwei Hochzeiten gleichzeitig tanzen zu müssen. Kann er seine ganze Aufmerksamkeit nun also bitte den föderalen Verhandlungen widmen? Denn trotz aller hübschen Fotos haben wir noch immer nicht wirklich den Eindruck, dass hier wirklich durchverhandelt wird. Das sieht vielmehr nach Fahren mit angezogener Handbremse aus, aus Angst, gegen die Wand zu fahren. Wird es nicht langsam Zeit, die Handbremse zu lösen?, fragt Het Belang van Limburg.
Taktieren in Brüssel
La Libre Belgique befasst sich mit den Regierungsverhandlungen in der Region Brüssel-Hauptstadt: Die Unterhändler von MR und Les Engagés haben Ecolo und Défi angeboten, gemeinsam eine frankophone Mehrheit ohne die PS zu bilden. Das kann man auf zwei Weisen interpretieren: Einmal als Eingeständnis der Schwäche und Blockade. Nachdem die PS vor einigen Tagen die Verhandlungen verlassen hat, müssen MR und Les Engagés wirklich alle Register ziehen, um doch noch eine Lösung zu finden. Inklusive über den eigenen Schatten springen, was die Intimfeindschaft zwischen MR und Ecolo angeht. Die zweite Sichtweise – und wir glauben, das ist die wahrscheinlichere – ist, dass MR und Les Engagés Druck auf die anderen Parteien aufbauen wollen. Zunächst vor allem auf Ecolo und Défi, die sich ansonsten dem Vorwurf ausgesetzt sähen, nichts tun zu wollen, um die Region aus der Krise zu führen. Dann aber auch auf die PS. Eine Sache ist aber jedenfalls sicher: Wenn keine Lösung gefunden wird, wird sich die Geschichte an die Namen der Parteien erinnern, die verantwortlich dafür waren, dass Brüssel unter föderale Aufsicht gestellt worden ist. Also vor allem an den Namen PS, wettert La Libre Belgique.
La Dernière Heure beschäftigt sich mit den alles andere als rosigen finanziellen Aussichten: 2025 werden die Belgier nur ein Menü angeboten bekommen – budgetäre Austerität. Der Föderalstaat wird über 20 Milliarden Euro finden müssen und hat bereits Maßnahmen angekündigt, die zu "Zähneknirschen" führen werden. Die großen wallonischen Städte werden strikteste Diät führen müssen. Und in Brüssel droht eine Hungersnot. Wer trägt die Schuld daran? Zunächst einmal natürlich die verschiedenen Regierungen, die sich unfähig gezeigt haben, mit ihren Mitteln zu haushalten. Wir alle werden unseren Beitrag leisten müssen, um das wieder in Ordnung zu bringen. Und wir brauchen radikale Reformen unserer Institutionen, die zu verschwenderisch leben, fordert La Dernière Heure.
Belgien darf nicht untätig bleiben
In Belgien steht die Vorbereitung auf einen neuen Krieg nicht auf der Tagesordnung, stellt L'Avenir fest. Das Risiko dafür sei nicht sehr groß, teilt das Nationale Krisenzentrum mit. Und verweist gleichzeitig auf die empfohlenen Maßnahmen auf seiner Homepage. Will man da Panik unter der Bevölkerung vermeiden? Möglicherweise. Jedenfalls sind verschiedene europäische Länder bereits zur Tat geschritten, etwa Schweden, die Niederlande, Deutschland und selbst Spanien, das ja nun wirklich denkbar weit weg liegt von Moskau.
Angesichts dieser Entwicklungen muss man sich schon Fragen stellen bezüglich der Untätigkeit Belgiens und auch Frankreichs. Denn politische und haushaltstechnische Krisen sind kein ausreichender Grund, die Bürger allein und unvorbereitet zu lassen angesichts möglicher Gefahren. All das zeigt mal wieder, wie unfähig Europa ist, gemeinsam auf die gleiche Gefahr zu reagieren, beklagt L'Avenir.
Boris Schmidt