"Noch ein letztes Treffen, dann geht De Wever zum König", titelt Het Belang van Limburg. "Die 'Methode De Wever' von den Arizona-Unterhändlern erneut infrage gestellt", schreibt La Libre Belgique auf Seite eins. "Zunehmende Spannungen in Arizona", so das GrenzEcho. "Nach einer Woche ergebnisloser Pendel-Diplomatie: Kommt noch eine Regierung vor Weihnachten?", fragt De Morgen. "De Wever ziemlich sicher mit leeren Händen zum König", unterstreicht De Tijd. "Regierungsbildner De Wever heute zum 14. Mal zum König", hält Gazet van Antwerpen fest.
Auch wenn Regierungsbildner Bart De Wever heute zum x-ten Mal im Palast erwartet wird, hält De Standaard ihn noch immer für den geeignetsten Regierungsbildner. Die Wähler haben ihm ein starkes Mandat gegeben, außerdem vertritt er die größte Partei. Der Kontrast zu Alexander De Croo könnte also nicht größer sein. Und wie die bisherigen Verhandlungen gezeigt haben, scheint es auch nicht wirklich eine realistische Alternative zu geben zur geplanten "Arizona"-Koalition. All das macht die jetzt laut werdende Kritik an der Arbeitsweise des Regierungsbildners so leidig. Es wird immer deutlicher, dass sich bei den Regierungsverhandlungen ein Mitte-Links- und ein Mitte-Rechts-Block gegenüberstehen, Vooruit und CD&V gegen MR und N-VA. Und das ist schon eine andere Nummer als der anekdotische Hahnenkampf zwischen Conner Rousseau und Georges-Louis Bouchez, meint De Standaard.
Tunnelblick
Der Gordische Knoten der nun schon sechs Monaten dauernden Verhandlungen ist die Methodologie De Wevers, ist La Libre Belgique überzeugt: De Wever will erst eine Einigung über den Haushalt, bevor über die anderen Bereiche gesprochen werden kann. Aber wie stellt er sich das eigentlich vor? Wie soll ein Haushalt festgeklopft werden, ohne die Auswirkungen der sozioökonomischen Maßnahmen zu kennen, die erst noch verhandelt werden müssen? Das ist eine absurd scheinende Logik, findet La Libre Belgique.
In der Rue de la Loi herrscht mittlerweile eine Art Tunnelblick, kritisiert Het Laatste Nieuws. Viele politisch Verantwortliche scheinen nur noch abstrakte, ferne und sehr dehnbare Deadlines zu sehen. Das ist schlicht unverantwortlich. Dieses Land braucht dringend eine vollwertige Regierung. In der Wirtschaft macht man sich immer größere Sorgen über den Zustand der europäischen und belgischen Industrie. Und da haben wir noch nicht über Herausforderungen wie die internationale Sicherheitslage und den Klimawandel gesprochen. Und dennoch scheint Regierungsbildner De Wever auch dieses Mal wieder mit leeren Händen zu König Philippe zu müssen. Wie war das noch mal mit einer schnellen Regierungsbildung oder Ideen wie einem Mini-Kabinett?, giftet Het Laatste Nieuws.
Am Scheideweg
Gazet van Antwerpen blickt in diesem Zusammenhang auf die Wiedereinführung von Grenzkontrollen durch die Niederlande: Ja, es stimmt, dass die meisten von uns dadurch wohl nicht großartig eingeschränkt werden. Aber es ist ein weiteres Symbol, dass sich unsere Welt verändert und härter wird. Wohlgemerkt, bevor Trump überhaupt die Macht übernommen hat. Belgien wird sich in diesem neuen internationalen Kontext zurechtfinden müssen. Aber dafür braucht das Land eine Regierung statt dauerstreitender Parteivorsitzender, wettert Gazet van Antwerpen.
Zweites großes Thema bleibt Syrien: Mit der Vertreibung Assads mag Syrien zwar befreit sein, erlöst ist es deswegen aber noch nicht, kommentiert La Dernière Heure. Natürlich bedeutet der Sturz des Regimes zumindest etwas Hoffnung. Aber es ist eine Hoffnung, die zu Recht nur verhalten gefeiert wird. Schließlich sind es islamistische Rebellen, die nun die Macht übernommen haben. Angeführt werden sie von einem angeblich geläuterten, ehemaligen Terroristen. Sicher ist jedenfalls, dass Syrien an einem wichtigen Scheideweg steht. Werden wir echte demokratische Bestrebungen sehen? Oder wird es eine neue kalte Dusche werden – so wie in Ägypten, Tunesien, Afghanistan oder dem Irak? Der Sturz einer Diktatur ist immer eine gute Nachricht. Es sei denn, sie wird durch eine neue Diktatur ersetzt, erinnert La Dernière Heure.
Syrien droht zum Spielball zu werden
Het Nieuwsblad warnt ebenfalls vor Euphorie: Erstens schweigen die Waffen in Syrien nicht. Ein Teil der Rebellen hat mindestens so oft gegeneinander gekämpft wie gegen Assads Truppen. Und die Aasgeier versammeln sich schon um die neuen Machthaber: Die Hamas hat den Rebellen zum Sieg gratuliert, obwohl sie vorher mit Assad verbündet war. Der Iran hat schon Gespräche über die künftigen Beziehungen aufgenommen, obwohl er die Mordmaschine des Diktators all die Jahre am Laufen hielt. Und auch die Russen, die gnadenlos zivile Ziele bombardiert haben, um den Aufstand gegen Assad zu beenden, strecken schon ihre Fühler aus. Währenddessen sind die Vereinigten Staaten in einer Übergangsphase, was alles schwieriger macht. In Europa scheint vor allem eine Idee vorzuherrschen: die syrischen Flüchtlinge schnellstmöglich zurückzuschicken. Wie kurzsichtig kann man nur sein. Die Europäische Union wird alle Register ziehen müssen, um in Damaskus einen Fuß in die Tür zu bekommen. Und sie sollte nie vergessen: Wenn die alten Dämonen in Syrien wieder an die Macht kommen, stehen auch die Flüchtlinge wieder vor unserer Tür, mahnt Het Nieuwsblad.
Trotz aller beruhigenden Worte des Rebellenführers ist es alles andere als sicher, dass die Syrer wirklich bald in den Genuss von Freiheit und Demokratie kommen werden, schreibt De Tijd. Um es zynisch und ganz deutlich zu sagen: Das Land ist einfach zu wichtig, um es dem syrischen Volk zu überlassen. Die Länder der Region, von Israel über die Türkei bis hin zu Saudi-Arabien, werden alles tun, um dem neuen Regime in Damaskus ihren Stempel aufzudrücken. Das neue Syrien droht zu einem Spielball zu werden in einem geopolitischen Machtspiel, befürchtet De Tijd.
Boris Schmidt