"Macron steht vor einer unlösbaren Gleichung", titelt Le Soir. "Zu welcher Seite wird Macron tendieren?", fragt sich De Standaard. "Er denkt jedenfalls nicht an Rücktritt", schreibt Het Nieuwsblad auf Seite eins.
Nach dem Sturz der Regierung Barnier versinkt Frankreich im politischen Chaos. Staatspräsident Emmanuel Macron hat sich am Abend in einer Fernsehansprache an die Bevölkerung gewandt. Dabei machte er klar, dass er seine Amtszeit – wie geplant – zu Ende führen wird, also bis 2027. Macron will jetzt mit Sondierungsgesprächen beginnen und im Anschluss einen neuen Premierminister benennen. Das Grundproblem ist allerdings, dass es in Frankreich drei große Blöcke gibt, die allesamt nichts mit den beiden jeweils anderen zu tun haben wollen.
Krise zur Unzeit
"In Frankreich ist nicht nur die Regierung gestürzt, sondern auch ein Tabu", stellt La Dernière Heure in ihrem Leitartikel fest. Das politische Ereignis im südlichen Nachbarland war jedenfalls nicht der Rücktritt von Premierminister Michel Barnier. Deutlich bemerkenswerter, geradezu historisch sind vielmehr die Ursachen für das Debakel. Um die Minderheitsregierung aus dem Amt zu jagen, haben sich nämlich die vereinigte Linke und die Rechtsextremisten verbündet. Eine Allianz aus Feuer und Wasser. Und eben hier hat Frankreich Neuland betreten. Jeder hat dabei freilich seine eigenen Interessen verfolgt: Die Rechtsextremistin Marine Le Pen hat Ärger mit der Justiz. Ihr droht die Unwählbarkeit. Und Jean-Luc Mélenchon, der Vorsitzende der linksextremen France Insoumise, hat nur eins im Sinn: Er will Chaos stiften. Was für ein unwürdiges Schauspiel! Hier geht es um alles, nur nicht um die Interessen des Staates.
Erstaunlich bei alledem ist allerdings, dass die Finanzmärkte ruhig bleiben, konstatiert De Standaard. Der sogenannte Spread, also der Unterschied zwischen dem französischem und dem deutschen Zinssatz für Staatsanleihen ist seit dem Sturz der Regierung Barnier nicht größer geworden. Jene Hunde, die seinerzeit gegen Griechenland spekuliert und damit die Eurokrise ausgelöst hatten, sie haben offensichtlich noch kein Blut geleckt. Das macht das Ganze aber nicht wesentlich besser. Die politische Krise in Frankreich kommt zu einer Unzeit. Zumal ja auch in Deutschland die Regierung in den Seilen hängt.
Europa ist mehr denn je flügellahm, während insbesondere in den USA bald neue Zeiten anbrechen. Schon jetzt wächst die amerikanische Wirtschaft wesentlich schneller als die europäische, könnten wir sogar abgehängt werden. Das können wir uns nicht leisten, erst recht nicht, wenn wir die Demokratie und den Wohlfahrtsstaat retten wollen.
Kein "Nikolausabkommen"
Het Nieuwsblad vermisst seinerseits den Weißen Rauch über der Rue de la Loi. Eigentlich wollte doch Regierungsbildner Bart De Wever heute, zum Nikolaustag, ein Koalitionsabkommen vorlegen. Zumindest hatte der N-VA Chef dieses Ziel ausgegeben. Das war wohl nichts! "Mal wieder", wäre man geneigt zu sagen. Die Stunde der Wahrheit wurde also erneut verschoben. Am Dienstag wird De Wever wieder im Palast erwartet. Wird es also wieder eins dieser "Wochenenden der Wahrheit"?
Nach den Wahlen machte nur ein Wort die Runde: "Dringlichkeit". Von "Eile" war aber in den inzwischen 180 Tagen nicht sehr viel zu merken. Noch immer wird anscheinend nicht wirklich über Geld gesprochen, was doch eigentlich die Krux sein sollte. Ein "Nikolausabkommen" gibt es also nicht. Jetzt hofft man auf ein "Weihnachtsabkommen". Wenn es nicht am Ende sogar noch ein Osterhase wird.
Kurs auf den Mond
Die beiden Wirtschaftszeitungen L'Echo und De Tijd beschäftigen sich ihrerseits mit dem Höhenflug des Bitcoins. Der Wert der Kryptowährung hat inzwischen die Schwelle von 100.000 Dollar durchbrochen. Der Bitcoin scheint nicht zu stoppen zu sein, er nimmt gar Kurs auf den Mond, analysiert L'Echo in seinem Leitartikel.
Der Boom ist umso spektakulärer, als die Digitalwährung doch eigentlich immer noch schwer zu fassen ist. Einen nicht unwesentlichen Beitrag hat zuletzt der designierte US-Präsident Donald Trump geleistet, der ja einen Krypto-Lobbyisten zum Chef der Börsenaufsicht ernennen will. Allein das hat dem Bitcoin noch einmal neuen Auftrieb gegeben. Die Kryptowährung scheint sich jedenfalls endgültig zu etablieren. Wir sehen eine Institutionalisierung, wobei sich der Nutzen des Bitcoins immer noch nicht wirklich erschließen lässt.
De Tijd mahnt ihrerseits zur Vorsicht. Allein die Tatsache, dass Leute wie Trump oder zuletzt auch Putin den Bitcoin hochjazzen, sollte uns eigentlich schon zum Nachdenken bringen. Ein Plus von 50 Prozent innerhalb eines Monats, das scheint zudem darauf hinzuweisen, dass der Markt überhitzt. Die Euphoriewelle hat inzwischen sogar schon die Schulhöfe erreicht. Die Vergangenheit lehrt, dass auf all das ein besonders tiefer Fall folgen kann.
Syrien wieder in Flammen
Einige Zeitungen blicken schließlich besorgt nach Syrien, wo sich wieder das Tor zur Hölle aufgetan hat. Diktator Baschar al-Assad wird wieder von Rebellen bedroht, bemerkt L'Avenir in seinem Kommentar. Das Timing ist wohl kein Zufall. Dass Assad überhaupt noch an der Macht ist, das hat er einzig den Russen und den Iranern zu verdanken, die ihn im Zuge des Arabischen Frühlings nach 2011 massiv unterstützt hatten. Nur sind beide Schutzmächte jetzt auch auf anderen Schlachtfeldern aktiv: Die Russen kämpfen in der Ukraine, während der Iran immer mehr auf eine direkte Konfrontation mit Israel hinsteuert. Syrien wird damit zum Musterbeispiel für ein Schlachtfeld, das einzig externen Einflüssen unterworfen ist.
"Syrien steht wieder in Flammen", beklagt auch De Morgen. Die Gegner von Baschar al-Assad sollten dabei nicht zu früh jubeln. Vielmehr sollten sie sich erstmal genauer anschauen, wer den Schlächter von Damaskus bedroht. Es handelt sich nämlich um eine Fundamentalisten-Truppe, die letztlich nur ein Ziel verfolgt, nämlich einen islamischen Staat in Syrien zu errichten. Wie in Gaza und in der Ukraine zeigt sich auch in Syrien das Scheitern des Westens. 2013 schritt der damalige US-Präsident Obama nicht ein, obwohl das Regime die rote Linie überschritten und Chemiewaffen eingesetzt hatte. Bei allem Wirrwarr bleibt immer nur eine Feststellung: Das größte Übel in Syrien heißt Baschar al-Assad.
Roger Pint