"Internationaler Haftbefehl gegen Netanjahu und Gallant – ein Schlüsselmoment im Nahostkrieg", titelt La Libre Belgique. "Der internationale Strafgerichtshof in Den Haag will Netanjahu festnehmen lassen", so die Schlagzeile von De Morgen. "Der Haftbefehl gegen Netanjahu ist eine enorme Blamage für Israel", schreibt De Standaard auf Seite eins. Le Soir spricht von einem "weltweiten juristischen Erdbeben".
Neben Netanjahu ist ja auch der frühere israelische Verteidigungsminister Gallant im Fadenkreuz des internationalen Strafgerichtshofes. Gleiches gilt für den Chef des bewaffneten Arms der islamistischen Terrororganisation Hamas. Insbesondere für Netanjahu ist die Entscheidung aus Den Haag weit mehr als nur symbolischer Natur. Denn dadurch wird seine Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt.
Der Haftbefehl aus Den Haag führt der Welt noch einmal die wirkliche Tragweite des Nahostkrieges vor Augen, bemerkt La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. In seiner Begründung zeichnet der Gerichtshof noch einmal ein sehr düsteres Bild der Lage im Gazastreifen: Zehntausende Tote, viele von ihnen Zivilisten, und eine Region, die quasi unbewohnbar geworden ist. Die Justiz wirft insbesondere den israelischen Verantwortlichen vor, den Hunger als Kriegswaffe eingesetzt zu haben. Das ist nicht nichts. Man kann nur hoffen, dass die Entscheidung aus Den Haag auf beiden Seiten für eine Mäßigung sorgt.
Netanjahu und seine Regierung zählen auf Trump
Jetzt nimmt also die internationale Justiz den Gaza-Krieg unter die Lupe. Und das kann man nur begrüßen, meint auch Le Soir. Und gleich zum Auftakt gibt es eine Premiere: Noch nie wurde ein Haftbefehl gegen aktive oder ehemalige Regierungsmitglieder eines Staates verhängt, der dem "Westen" zugeordnet wird. Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Netanjahu etwa sprach von einer "antisemitischen Entscheidung". Er weiß, dass viele seiner Landsleute die Augen verschließen und letztlich gar nicht wissen wollen, was im Einzelnen im Kriegsgebiet passiert. Netanjahu und seine Regierung werden jetzt wohl versuchen, das Ganze auszusitzen. Sie zählen auf Donald Trump. Dessen Partei hat ja schon mögliche Sanktionen gegen den internationalen Strafgerichtshof ins Spiel gebracht. Hier ist bestimmt noch nicht das letzte Wort gesprochen.
Viele Zeitungen blicken aber auch besorgt auf die Ukraine: "Putin schießt eine Langstreckenrakete auf die Ukraine ab, als Vergeltung für die ukrainischen Angriffe mit westlichen Waffen", titelt Gazet van Antwerpen. "Mit seiner neuen Rakete jagt Putin dem Westen mal kurz Angst ein", schreibt De Standaard auf Seite eins.
"Reiche, rechte Klübchen"
Einige Leitartikler beschäftigen sich mit einer bemerkenswerten Entscheidung der Belfius-Bank. Das staatseigene Geldhaus hat ja beschlossen, die Stadt Mons nicht mehr zu finanzieren. Belfius begründet seine Entscheidung mit der Präsenz der marxistischen PTB im Gemeindekollegium.
Natürlich ist das eine politische Entscheidung, analysiert Het Laatste Nieuws in seinem Kommentar. Das ist aber irgendwo auch verständlich. Schon bis jetzt hat die Stadt nicht wirklich durch eine gute, vorausschauende Finanzpolitik geglänzt. Bestes Beispiel ist der Calatrava-Bahnhof, dessen Kosten sich mehr als verzehnfacht haben, inzwischen wird er mit stolzen 480 Millionen Euro veranschlagt. Das entspricht mal eben 50.000 Euro pro Einwohner. Schon jetzt wischt die PS die Kritik internationaler Einrichtungen an der wallonischen Haushaltspolitik als "Bemerkungen reicher, rechter Klübchen" vom Tisch. Die Banken sehen das freilich anders. Und jetzt eben auch Belfius. Das mag eine Staatsbank sein, sie ist dafür aber immer noch kein Selbstbedienungsladen.
Föderalstaat macht Politik auf Rücken der Kommunen
Das alles mag sein, aber man darf dafür nicht das eigentliche Problem aus den Augen verlieren, mahnt L'Echo. Klar: Natürlich wirkt das Ganze wie eine Warnung, nach dem Motto: Eine Allianz mit den Marxisten kann gefährlich werden. Rein ideologisch betrachtet mag eine Bank ihre Gründe für eine solche Haltung haben. Aber PTB hin oder her: Das darf nicht den Blick auf das große Ganze verdecken. Vielen Gemeinden geht es schlecht. Manchen sogar sehr schlecht. Schuld sind meist die Fehler der Vergangenheit, allen voran die Tatsache, dass der Föderalstaat immer wieder, ohne mit der Wimper zu zucken Politik auf dem Rücken der Kommunen macht. Das Problem muss unbedingt angepackt werden.
Für Gesprächsstoff sorgt schließlich noch ein Streit innerhalb der geschäftsführenden Regierung. Die Equipe um den scheidenden Premier Alexander De Croo arbeitet gerade an einem Nothaushalt. Der Vooruit-Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke verweigert aber die Zustimmung. Er wirft De Croo vor, das Gesundheitsbudget sabotieren zu wollen, indem er die geplante Erhöhung des Haushalts blockiert.
Erschöpfte Streithähne müssen ersetzt werden
"Erbärmlicher geht es echt nicht mehr", wettert Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Bei Vivaldi bleibt uns nichts erspart. Selbst, wenn die Equipe nur noch geschäftsführend im Amt ist, gibt es noch Knatsch. Jetzt blockieren die Liberalen also die Zuwachsnorm für das Gesundheitsbudget. Das ist das erste Mal, das eine Partei in einem amtierenden Kabinett sich so verhält. Die OpenVLD und auch Premier De Croo verhalten sich mehr und mehr wie schlechte Verlierer.
Jetzt richten sich alle Blicke auf Bart De Wever, glaubt Gazet van Antwerpen. Jetzt hängt es davon ab, wie schnell der Regierungsbildner mit seinen Arizona-Partnern eine neue Koalition und insbesondere einen Haushaltsplan für 2025 auf den Weg bringen kann. Im Moment herrscht Funkstille, dringt von den Koalitionsverhandlungen nichts nach außen. Das ist auf jeden Fall ein gutes Zeichen. Hoffentlich bleibt das so. Denn wir brauchen schnell eine echte Regierung, die diese erschöpften Streithähne endlich ersetzen kann.
Roger Pint